Immobilien

Transformation von Bestandsimmobilien im Fokus

ESG, Impact und Nachhaltigkeit sind die Top-Themen in der Real-Estate-Branche. Auf dem Immobilientag der Börsen-Zeitung zeigten sich Einigkeit und Unterschiede in der Sicht der Experten und Aufseher.

Transformation von Bestandsimmobilien im Fokus

Transformation von Bestandsimmobilien im Fokus

ESG beim Immobilientag der Börsen-Zeitung gesetzt – Nachhaltigkeit und Regulierung – Einigkeit herrscht beim Thema Chancen und Risiken

ESG, Impact und Nachhaltigkeit sind die Top-Themen in der Real-Estate-Branche. Auf dem Immobilientag der Börsen-Zeitung zeigten sich Einigkeit und Unterschiede in der Sicht der Experten und Aufseher auf die Transformation der Branche. Klar ist, dass die Bedeutung von Immobilien beim Klimaschutz hoch ist.

wbr Frankfurt

Die Bedeutung der Immobilienbranche beim Klimawandel ist enorm. Rund 40% der CO2-Emissionen entfallen auf den Bau und den Betrieb von Gebäuden. „Das ist ein hoher Verursachungsbeitrag“, sagte Christiane Conrads auf dem 18. Immobilientag der Börsen-Zeitung am Montag. Die Leiterin des Global Real Estate ESG Teams bei PwC sieht beim Thema ESG im Immobilienbereich Chancen und Risiken zugleich. Angesichts der enormen Auswirkungen der Immobilien auf die Umwelt plädiert sie grundsätzlich für eine langfristige Betrachtung und sieht sehr viele Möglichkeiten, in dem Segment tätig zu werden. Eine der größten Aufgaben für die Branche sei die Transformation der Bestandsimmobilien.

In der Podiumsdiskussion zum Thema „ESG – Impact oder Risiko?“ sind sich die Teilnehmer einig, dass Nachhaltigkeit für den Sektor Chancen und Risiken bringt. Wichtig sei, dass Unternehmen beziehungsweise Immobilien einen Weg des Übergangs von braun zu grün aufzeigen können. Kritisch sehen einige Panel-Teilnehmer die Emissionsziele für Gebäude bis 2030. Diese seien nur zu schaffen, wenn sich der Strommix ändere. Unter Effizienzgesichtspunkten der Maßnahmen sollte man zudem prüfen, ob man jedes Haus sanieren müsse. Erschwinglicher Wohnraum mit geringeren Energiestandards könnte innerhalb eines Quartiers eine ausgeglichene Bilanz aufweisen.

Hohe transitorische Risiken in Deutschland

Aus Sicht der Aufseher stehen Risiken und die Verantwortung für das Risikomanagement der Banken im Mittelpunkt. Karlheinz Walch, Leiter des Zentralbereichs Banken und Finanzaufsicht bei der Deutschen Bundesbank, unterscheidet dabei zwischen transitorischen Risiken, etwa durch politische Maßnahmen, und physischen Klimarisiken. Banken müssten beide Risikoarten in ihre Bewertung einfließen lassen. 

Der Übergang von grauen zu grünen Immobilien kann zu erhöhten Risiken für die Banken führen.

Sascha Klaus, Berlin Hyp

Nach Einschätzung von Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp, sind in Deutschland die transitorischen Risiken um ein Vielfaches höher als die physischen Risiken aus dem Klimawandel. Generell bewertet er die ESG-Transformation als eine der größten Veränderungen für die Branche seit Basel I. „Der Übergang von grauen zu grünen Immobilien kann zu einer hohen Belastung der Unternehmen führen und zu erhöhten Risiken für die Banken.“ Damit stelle sich immer die Frage, wie solche Projekte finanziert werden könnten. „Andererseits gibt es viele Investoren, die darauf warten, braune Immobilien zu grünen Immobilien umzubauen.“ Darin zeigen sich die großen Chancen. Von der Regulierung und der Politik wünscht sich Klaus eine positive Unterstützung.

ESG bei DWS enorm gewachsen

Welche Ressourcen das Thema mittlerweile in der Finanzbranche in Anspruch nimmt, beschreibt Benita Schneider, die das europäische Immobilien-Assetmanagement der DWS leitet. Im vergangenen Jahr seien rund 50% der Arbeit in Nachhaltigkeit und ESG-Strategie gesteckt worden. Der Bereich sei enorm gewachsen. In der Praxis berichtet Schneider von Diskussionen mit Mietern, die mittlerweile einen ESG-Pfad oder CO2-Ziele für Gebäude einfordern. „Nachhaltige Entwicklung von Immobilien geht nur zusammen mit den Mietern.“

Nachhaltige Entwicklung von Immobilien geht nur zusammen mit den Mietern.

Benita Schneider, DWS

Schneider betont, dass es außerdem immer mehr auf „Lage, Lage, Lage“ ankomme. Unternehmen müssten heute ihren Mitarbeitern attraktive Alternativen zum Homeoffice bieten, und damit spiele die Lage eines Bürogebäudes eine noch größere Rolle. Dem hält Bankenaufseher Walch „Daten, Daten, Daten“ entgegen, da Risikomanagement in Zeiten der Nachhaltigkeit ohne umfassende Daten nicht mehr auskomme.

Umstrittene Regulierung

Für Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP), ist das Thema grüne Immobilien alternativlos und eine gesellschaftliche Aufgabe. Seine Sorge gilt dem politischen Prozess, der aus Sicht von Tolckmitt ein Risiko darstellt. Er kritisiert beispielsweise die Detailverliebtheit von vielen Regulierungsmaßnahmen, insbesondere in der EU. Regulierung dürfe nicht zu einem Wettbewerbsproblem führen, sagt der Verbandschef.

Die Vielstimmigkeit im Bereich der ESG-Regulierung ist ein Problem.

Jens Tolckmitt, VDP

Bundesbanker Walch lehnt es ab, ESG-Anreize über die Bankregulierung zu setzen, die Wirtschaftspolitik sollte ihre Ziele nicht über die Aufsicht verfolgen. Das sieht Tolckmitt ähnlich, er hält einen Green Supporting Factor für unnötig. Seine Sorge ist es dagegen, dass sich ESG zu einem Hype entwickelt habe und dass Missbrauch möglich sei. Kritisch sieht er auch, dass ESG-Regulierung so viel Zeit brauche und dass sie Daten fordere, die die Branche noch nicht habe.  „Die Vielstimmigkeit im Bereich der ESG-Regulierung ist ein Problem.“

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