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Turbulenzen prägen Fondsgeschäft

Die politischen Turbulenzen in London mischen im Oktober das europäische Fondsgeschäft auf: Britische Pensionsfonds kommen in Bedrängnis, als die Zinsen der Staatsanleihen unerwartet in die Höhe schießen.

Turbulenzen prägen Fondsgeschäft

sto Frankfurt

Das Geschäft der Fondsanbieter in Europa ist im Oktober von den Turbulenzen rund um die britischen Pensionsfonds geprägt gewesen. Wie der europäische Fondsverband Efama am Donnerstag mitteilte, gab es infolgedessen Rekordzuflüsse bei Geldmarktfonds, die sich im Laufe nur eines Monats auf beachtliche 123,8 Mrd. Euro beliefen. Hintergrund waren die Chaostage in London, als die Wachstumspläne der Londoner Regierung die britischen Staatsanleihen massiv unter Druck setzten und damit Nachschusspflichten bei britischen Pensionsfonds auslösten.

Mittel geparkt

Pensionsfonds mit Liability-Driven-Investment-Strategien (LDI), die während der Turbulenzen bei den Staatsanleihen nach der Vorlage des Mini-Budgets im Vereinigten Königreich am 23. September Nachschusspflichten hatten, hätten langlaufende Staatsanleihen verkauft und einen Großteil der Gelder in Pfund-Geldmarktfonds mit Sitz in Irland geparkt, erklärt Bernard Delbecque, leitender Direktor für Wirtschaft und Forschung vom Fondsverband, die außergewöhnliche Bewegung im Absatz. Die Renditen britischer Staatsanleihen (Gilts) waren zu diesem Zeitpunkt binnen weniger Tage um 130 Basispunkte nach oben geschossen, woraufhin sich die Bank of England zu Stützungskäufen gezwungen gesehen hatte. Angesichts der Tatsache, dass es im Vormonat bei den Geldmarktfonds noch Abflüsse von −29,9 Mrd. Euro und in der Zeit davor nur geringfügige Mittelbewegungen gegeben hatte (siehe Grafik), zeigt der enorme Zufluss im Oktober die Wucht, die die Ereignisse in Großbritannien ausgelöst haben.

Unterm Strich positiv

Die massiven Zuflüsse in die Geldmarktfonds sorgten auch dafür, dass die Publikumsfonds nach europäischer Richtlinie (Ucits) insgesamt wieder einen Monat mit positiven Zahlen verzeichnen konnten. Alles in allem gab es Nettomittelzuflüsse von 71,3 Mrd. Euro, da alle anderen Fondskategorien Abflüsse verzeichneten, wenn auch im Vergleich zu den Abverkäufen der Vormonate in gemäßigterem Tempo. Dies spiegelt auch die Erholungsbewegung seit Herbst an den Aktienmärkten wider. So halbierten sich binnen Monatsfrist die Abflüsse bei Aktienfonds auf −14,3 Mrd. Euro. Bei den Anleihen reduzierte es sich immerhin um ein Drittel auf −21,2 Mrd. Euro. Bei Mischfonds hingegen sah es unterm Strich mit −14,4 Mrd. Euro etwas schlechter aus. Nach dem jahrelangen Boom im Fondsgeschäft fällt die Bilanz des laufenden Jahres per Ende Oktober bei den Ucits-Fonds mager aus. Auf ordentliche −238 Mrd. Euro summieren sich die Einbußen, am stärksten geprägt durch hohe Abflüsse bei Rentenfonds infolge der Zinswende der Notenbanken.

Bei den alternativen Fonds (AIFs), zu denen etwa die deutschen Spezialfonds, Immobilienfonds und Private-Markets-Produkte zählen, gab es im Oktober massive Abverkäufe, die sich auf −68,6 Mrd. Euro beliefen. Im September hatte es noch ein Plus von 5,3 Mrd. Euro gegeben. Die schlechten Zahlen im Oktober basierten vor allem auf Verkäufen bei Aktienprodukten, die sich entgegen der Erholung an den Aktienmärkten in diesem Monat auf −91,2 Mrd. Euro binnen Monatsfrist verzehnfachten. In fast allen anderen AIF-Kategorien gab es hingegen moderate Zuflüsse.

Der mies verlaufene Oktober ist auch der Grund dafür, warum sich die Bilanz des bisherigen Jahresverlaufs bei AIF massiv verschlechtert hat. Nunmehr summieren sich die Abflüsse auf −117,3 Mrd. Euro. Hier sind die Aktienfonds der Hauptgrund für die miesen Zahlen, bei denen es insgesamt Abflüsse von −205,7 Mrd. Euro gab.

Assets rückläufig

Für die Fondsgesellschaften in Europa machen sich die Rückschläge an den Börsen und die negativen Nettomittelbewegungen des bisherigen Jahresverlaufs, wie zu erwarten ist, auch durch einen Rückgang beim verwalteten Vermögen bemerkbar. Bei den Ucits gingen die Assets under Management seit Ende 2021 um 13 % auf 12 Bill. Euro zurück, bei den AIFs um 10,3 % auf 7,2 Bill. Euro.

Irland weit vorn an der Spitze

Im Ländervergleich des europäischen Fondsgeschäfts spielt das politische Debakel in Großbritannien ebenfalls eine sichtbare Rolle. So verzeichnet Irland als Folge des Rekordzuflusses in Geldmarktfonds im Oktober bei den Ucits Zuflüsse von 77,6 Mrd. Euro. Frankreich als Nummer 2 fällt mit 15 Mrd. Euro da schon weit ab. Deutschland steht mit −1,1 Mrd. Euro auf den hinteren Plätzen. Die Efama-Statistik weicht von den nationalen Berechnungen des Fondsgeschäfts ab. So zieht der deutsche Fondsverband BVI die in Luxemburg aufgelegten Vehikel mit ein.

Wertberichtigt Seite 2

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