Union Investment lässt die Konkurrenz hinter sich
Für das abgelaufene Jahr führt Union Investment im deutschen Publikumsfondsgeschäft das Ranking nach Mittelaufkommen mit großem Abstand an. Das Erfolgsrezept der Genossen, die Pläne eines Robo-Advice-Tools auch mit hauseigenen Fonds für die Volks- und Raiffeisenbanken, warum ETF für das Gros der Privatanleger eher ungeeignet sind und worin das Zukunftspotenzial der Branche liegt, erläutert Klaus Riester, Leiter Vertrieb der Union Investment.Von Christiane Lang, FrankfurtDas deutsche Publikumsfondsgeschäft hat im vergangenen Jahr schwer gelahmt. Zumindest bis Ende November, denn Zahlen für das gesamte Jahr werden erst in der kommenden Woche publiziert. Der Fondsabsatz der meisten Gesellschaften fiel deutlich zurück: Viele verbuchten sogar Nettoabflüsse, allen voran die Deutsche Asset Management, die auch aufgrund von Sondereffekten enorme 11 Mrd. Euro verlor. Mit Abstand die meisten Neugelder sammelte dagegen Union Investment ein. Die genossenschaftliche Fondsgesellschaft verbuchte bis Ende November netto rund 9 Mrd. Euro und damit ungefähr so viel wie im Vorjahr. Der Branche insgesamt flossen in den elf Monaten 2016 dagegen nur knapp 6 Mrd. Euro zu – nach 67 Mrd. Euro im gleichen Vorjahreszeitraum beziehungsweise 32 Mrd. Euro per Ende November 2014.Nennenswerte Zuflüsse verzeichneten außer Union Investment lediglich nur die stark wachsende Flossbach von Storch mit 4,3 Mrd. Euro, Allianz Global Investors mit 4,0 Mrd. Euro und die Deka Gruppe mit 2,2 Mrd. Euro, wobei die beiden Letztgenannten deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen. Kontinuierlicher ErfolgDie Gründe für die Kontinuität ihres Erfolges sehen die Genossen in dem in den Primärbanken umgesetzten Beratungskonzept wie auch in dem großen Anteil des Spargeschäfts, das einen stetigen Grundumsatz beschert.Die Anpassung der Union Investment an das Konzept der ganzheitlichen Beratung der genossenschaftlichen Banken ist für Klaus Riester, der den Vertrieb der Union Investment Gruppe leitet, ein wesentliches Element. Dabei bedient die Union vier der von den Volksbanken und Raiffeisenbanken definierten sogenannten Bedarfsfelder: Vermögen ansparen, für das Alter vorsorgen, Vermögen optimieren und Vermögen anlegen. FokusstrategieDamit steht der mittel- und langfristige Erfolg für den Kunden im Mittelpunkt. Das bringt Ruhe in die Beratung: “Wir haben eine Fokusstrategie festgelegt, die seit Jahren stabile und konstante Schwerpunkte beinhaltet. Weil wir unseren Kunden bedarfsorientierte Lösungen bieten, müssen wir nicht jeden Monat Neues erfinden, zig Fonds auflegen und im Prinzip jedes Mal einen neuen Anlauf machen”, erläutert Riester im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.So hat Union Investment mit ihrer PrivatFonds-Familie Riester zufolge 2010 einen Neustart beim Thema Vermögensmanagement gemacht, um – auch als Lehre aus der Finanzmarktkrise – das Thema Multi Asset in eine neue Generation zu überführen. Hier werden mittlerweile rund 16 Mrd. Euro verwaltet, und im Absatz ist dies das dominierende Feld. “Die sechs Fonds werden hervorragend angenommen”, betont der Manager. “Kunde will begreifen”Dabei sieht Riester einen der wesentlichen Erfolgsfaktoren der Branche darin, verständlich und klar zu sein. “Der Kunde will begreifen, auf was er sich einlässt, wo hinein er sein Geld investiert und was passiert, wenn die Märkte einmal turbulenter werden, also welchen Stressfaktor er aushalten muss. Wenn wir alles so übersetzen, dass es für den Kunden griffig ist, dann entsteht Vertrauen und Zufriedenheit, und die Bindung zum Berater wird nicht durch unerfüllte Erwartungen belastet. Das ist uns in den vergangenen Jahren sehr gut gelungen. Davon profitieren wir.”Der mittel- und langfristige Fokus in der Beratung gilt für Riester auch für die Beurteilung der Performance. So steht das aktive Fondsmanagement stark in der öffentlichen Kritik, weil viele Fondsmanager es nicht schaffen, nach Kosten ihre jeweiligen Benchmarks zu schlagen. “Natürlich finden sich immer Zeiträume, in denen es aktive Manager schwer haben, 2016 war zum Beispiel so ein Jahr. Die Bedarfsfelder, die wir bedienen, sind jedoch mittel- und langfristig ausgelegt. Auf diesen Zeithorizont gesehen müssen wir einen Zusatznutzen generieren, und das tun wir auch”, betont er.Zudem kauften die genossenschaftlichen Kunden mehrheitlich – etwa zu 80 bis 90 % – Vermögensverwaltungskonzepte, so Riester weiter. Und dabei zählt nicht allein die absolute Performance. “Hier benötigt man einen zweidimensionalen Blick: Welche Schwankungen hält der Kunde aus, und welche Chancen kann man nutzen”, betont der Manager. Wichtig sei es, die Performance immer im Verhältnis zur eingegangenen Risikoposition zu bewerten: “Unser Ziel ist es, die Erwartungen der Kunden im Hinblick auf das gewählte Rendite-Risiko-Profil zu erfüllen.” Spargeschäft dominiertUnd in diesem Ziel sieht sich Riester auch durch die Kundennachfrage bestätigt. So haben die Vermögensverwaltungskonzepte der Union Investment seinen Worten zufolge – anders als die vom BVI ausgewiesene Mischfondskategorie – in den ersten Monaten des abgelaufenen Jahres keine drastischen Rückgänge des Mittelaufkommens oder gar Abflüsse verzeichnet.”Aber wir spüren natürlich auch, wenn es Überraschungen oder Rücksetzer an den Kapitalmärkten gibt. Jedoch haben wir ein enorm hohes Sparanlagengeschäft, das ist bei uns sehr dominant. Auch die Riester-Rente funktioniert bei uns hervorragend, egal, was das Stimmungsbild sagt.” Mit rund 1,8 Millionen Kunden sei Union Investment hier nach wie vor marktführend. “Hier fließen uns Jahr für Jahr 1 Mrd. Euro zu. Im Durchschnitt wurden über die vergangenen 15 Jahre, seit es das Produkt gibt, jährlich 7 % Rendite erzielt.”Die Riester-Verträge und die klassischen Sparverträge bedeuten für die Gesellschaft insgesamt mehr als 3 Mrd. Euro Lastschrifteinzüge im Jahr. “Das ist ein Grundumsatz, den in dieser Dimension vermutlich keine andere Gesellschaft der Branche hat.”Was Exchange Traded Funds (ETF) angeht, sind diese in den Augen Riesters für die meisten Privatkunden der Genossenschaftsbanken keine geeignete Anlage, wenn auch Union Investment durchaus passive Produkte und derivative Strukturen als Instrumente in den Fonds zum Vermögensmanagement einsetzt. “Die Kunden der Genossenschaftsbanken sind mehrheitlich keine Selbstentscheider, die sich selbst informieren und eigentlich nur eine gut funktionierende Plattform benötigen, um ihre eigene Asset Allocation zu managen. Es sind vielmehr Beratungskunden, die mit dem Berater ihre Zielsetzungen, die Laufzeit und das geeignete Schwankungsprofil diskutieren und die Vermögensanlage an die Bank delegieren. Ein ETF allein ist für diese Kunden keine Lösung. Das passt einfach nicht.” Gebühren nicht entscheidendUnd auch das Argument der geringeren Gebühren bei ETF ist für Riester nicht ausschlaggebend: “Aus unseren Beratungen wissen wir, der reine Blick auf die Gebühren ist – auch wenn das der Regulator anders sieht – für den Kunden nicht entscheidend. Am Ende zählt das Nettoergebnis, der Vermögenszuwachs. Der aktive Assetmanager ist also gefordert, einen Mehrnutzen zu stiften. Würden wir den auf Dauer nicht generieren, davon bin ich überzeugt, würden wir nicht in diesem Maße wachsen.”Nach Ansicht von Riester wird Deutschland auch in Zukunft kein Land der Selbstentscheider. Das zeigten Umfragen und Erfahrungen. “Ohne Zweifel wird die Beratung aber digitaler, ein eher hybrider Prozess.” Neben dem persönlichen Gespräch nutze mancher Kunde zusätzlich das Angebot im Internet, um sich zu informieren. “Dazu können auch sogenannte Robo Advisor zählen, effiziente Beratungsstrecken, die er selbst bedienen kann und hinter denen ein automatisierter Prozess steht. Ich sehe das nicht als ,entweder oder`, sondern als ,sowohl als auch`.”Mit dem eigenen Start-up VisualVest testet Union Investment inzwischen seit fast einem Jahr die digitale Anlageberatung, jedoch nur mit Fremdfonds. “Es ist aber kein Geschäftsfeld. Würden wir großes Wachstum anstreben, würden wir VisualVest ganz anders vermarkten”, betont Riester. Neues BeratungstoolIm Laufe dieses Jahres soll die digitale Beratung nun auch gemeinsam mit einigen Genossenschaftsbanken getestet und Portfoliolösungen mit Union- und Drittfonds angeboten werden. “Das startet im zweiten Halbjahr und firmiert nicht unter der Marke VisualVest, sondern als Selbstberatungstool der jeweiligen Genossenschaftsbank.”Auch wenn das Marktumfeld schwierig bleibt und die Fondsbranche unter ständig weiter steigenden Kosten z. B. durch die Umsetzung regulatorischer Vorhaben belastet ist, sieht Riester gute Zukunftsaussichten für die Fondsbranche: “Noch nie verfügten die Deutschen über so viel Vermögen, wobei rund 80 % kurzfristig angelegt sind und praktisch keine Erträge abwerfen. Hier besteht enormes Optimierungspotenzial. Und in den wenigsten Fällen werden diese Mittel in die direkte Wertpapieranlage umgeschichtet. Die Mehrheit delegiert das Vermögensmanagement lieber. Es besteht für uns damit großes Wachstumspotenzial.”