US-Großbanken zeigen Milliardengewinne
Während J.P. Morgan vom stark anziehenden Gewinn im Investment Banking profitiert, erhält der Retail-Riese Wells Fargo Rückenwind vom US-Häusermarkt. Beide Institute können Rückstellungen auflösen.hen/bg New York/Frankfurt – J.P. Morgan Chase und Wells Fargo haben am Freitag mit gemischten Ergebnissen die Bilanzsaison der amerikanischen Finanzinstitute eröffnet. Auf den ersten Blick sieht das Zahlenwerk von J.P. Morgan Chase für das zweite Quartal blendend aus. Immerhin konnte Amerikas an Assets gemessen größte Bank mit einem 13-prozentigen Anstieg des Ertrags und einer Steigerung des Gewinns um fast ein Drittel aufwarten. Der Gewinn je Aktie übertraf die Markterwartungen um stolze 15 Cent.Doch Euphorie mochte unter den Investoren am Freitag in New York nicht aufkommen: Die Aktie von J.P. Morgan Chase geriet im vorbörslichen Handel leicht ins Minus und dümpelte dann in positivem Terrain. In den letzten Monaten hatte der Titel um mehr als die Hälfte zugelegt. Investment Banking läuftDie verhaltene Kursreaktion am Freitag dürfte damit zusammenhängen, dass zum einen das positive Ergebnis unter dem Strich durch die Auflösung von Rückstellungen für allfällige Kreditausfälle (im Bereich des Consumer Banking) im Umfang von 1,5 Mrd. Dollar beziehungsweise 15 Cent je Aktie begünstigt war. Bereits in den Vorquartalen hatte sich ein Teil der Gewinne von J.P. Morgan Chase und anderen amerikanischen Großbanken aus Sondereffekten gespeist. Und auch wenn das Kreditgeschäft Zeichen der Belebung zeigt, so wurde die Nettozinsmarge abermals zusammengedrückt auf nun 2,6 % von 2,8 % im Vorquartal. Konzernchef Jamie Dimon betonte, dass die Nachfrage nach Krediten weiterhin “weich” sei.Ein Lichtblick im zweiten Quartal war das Investment Banking (Corporate & Investment Bank). Abzüglich des Einflusses von Wertveränderungen der bankeigenen Schulden (DVA, Debit Valuation Adjustments) konnte der New Yorker Finanzriese den Ertrag der Sparte um 16 % (auf 9,5 Mrd. Dollar) und den Gewinn gar um 37 % (auf 2,6 Mrd. Dollar) ausbauen; inklusive der DVA liegt das Plus bei 10 % beziehungsweise 19 %. Besonders gut entwickelte sich das Geschäft mit der Platzierung von Aktien und Bonds, dessen Erträge um 83 % (457 Mill. Dollar) beziehungsweise um die Hälfte (auf 956 Mill. Dollar) stiegen. Das Advisory-Geschäft hingegen bildete sich um 18 % (auf 304 Mill. Dollar) zurück. Auch das Handelsgeschäft – eine der wichtigsten Gewinnquellen von J.P. Morgan Chase – entwickelte sich prächtig. Der Ertrag aus dem Handel mit festverzinslichen Papieren stieg um 17 % (auf 4 078 Mill. Dollar), jener aus dem Aktienhandel kletterte um 24 % (auf 1 296 Mill. Dollar). Auch über das Investment Banking hinaus gab es Lichtblicke. So zog etwa das Geschäft mit Firmenkundenkrediten deutlich an. Außerdem konnte J.P. Morgan Chase deutlich mehr neue Hypotheken vergeben, während die Umschuldung bestehender Baufinanzierungen rückläufig war. Zudem gerieten abermals weniger Konsumenten in den Zahlungsrückstand bei Krediten.Was die von den Behörden geforderte branchenweite Stärkung der Kapitaldecke angeht, ist J.P. Morgan Chase gut aufgestellt. Die unter den jüngst erlassenen amerikanischen Basel-III-Richtlinien erforderliche Kernkapitalquote lag bei 9,3 % und damit nahe an den geforderten 9,5 %. Die Leverage Ratio kam zum Halbjahr bei 4,7 % raus. Das von den US-Behörden vorgesehene Minimum liegt bei 5 bis 6 %. Bei der Ausschüttung wird trotzdem nicht geknausert: Der Finanzkonzern erhöht die Quartalsdividende auf 38 Cent je Aktie von 30 Cent im Vorquartal. Wells Fargo bricht RekordMit einem Rekordergebnis auftrumpfen konnte die auf Privatkunden spezialisierte Großbank Wells Fargo. Der größte Kreditgeber für Wohnimmobilien in den USA konnte den Gewinn im zweiten Abschnitt zum 14. Mal in Folge steigern und fuhr einen Gewinn je Aktie von 98 Cent ein, was deutlich über den durchschnittlichen Erwartungen von 93 Cent je Aktie liegt. Dem Institut kam zugute, dass Haus- und Konsumentenkredite immer zuverlässiger zurückgezahlt werden, was die Auflösung von Risikovorsorge im Umfang von 500 Mill. Dollar erlaubte.Wells Fargo hatte 2008 in der Finanzkrise den Rivalen Wachovia übernommen und war damit zum größten Retail-Banking-Institut des Landes aufgestiegen. Die Bank verfügt über das größte Filialnetz des Landes – noch vor J.P. Morgan Chase. Allerdings macht der Bank die flache Zinskurve zu schaffen. Die Nettozinsmarge fiel auf 3,46 % nach 3,48 % im ersten Quartal. In der Folge wuchsen die operativen Erträge nur leicht auf 21,4 Mrd. Dollar.Argwöhnisch beäugt wird bei den US-Großbanken die Position unrealisierte Gewinne aus zur Veräußerung verfügbaren Wertpapieren (Available for Sale, AfS). Bei Wells Fargo kippten die AfS-Gewinne aus Anleihepositionen im zweiten Quartal auf 5,1 Mrd. nach 11,2 Mrd. Dollar per Ende März. Die AfS-Reserve wird in der Regel mit dem Eigenkapital verrechnet – schwindende AfS-Überschüsse lassen Lücken bei der Kapitalausstattung entstehen.