US-Justiz folgt UBS und Credit Suisse

Laufende Zivilklagen im Hypothekenstreit könnten Schweizer Großbanken Milliarden kosten

US-Justiz folgt UBS und Credit Suisse

Zehn Jahre nach der Finanzkrise in den USA schlagen sich die Schweizer Großbanken noch immer mit juristischen Folgen herum. Der UBS und Credit Suisse drohen Milliardenzahlungen.Von Daniel Zulauf, ZürichNeun Monate nach der Einigung im Hypothekenstreit zwischen der Credit Suisse und dem US-Justizministerium wird nur noch selten an die Auswüchse der Finanzkrise erinnert. Denn die Großbank ist mit der im Dezember 2016 verkündeten Vereinbarung über die Zahlung einer Buße an die amerikanische Staatskasse und über Entschädigungsleistungen für geprellte Hauskäufer im Gesamtwert von 5,3 Mrd. Dollar eine Ungewissheit losgeworden (siehe Tabelle). Die Aktionäre schluckten die bittere Pille, denn die Rechnung hätte auch höher ausfallen können.Seither sind die Folgen der Hypothekenkrise aus den Schlagzeilen verschwunden. Doch in den Büchern der Credit Suisse und der Rivalin UBS schlummern noch immer enorme finanzielle Risiken aus jenen Jahren. Ein Hinweis darauf gibt die vor Wochenfrist vermeldete außergerichtliche Einigung zwischen Credit Suisse und dem US-Versicherer Mutual Life. Der Versicherer hatte ursprünglich einen Schaden von 110 Mill. Dollar eingeklagt und grundsätzlich geltend gemacht, dass die von einer Credit-Suisse-Tochter ausgegebenen Hypothekenpapiere auf falschen oder unvollständigen Prospektinformationen beruht hätten. Das zuständige Bezirksgericht im Bundesstaat Massachusetts akzeptierte 97 % der eingeklagten Streitsumme, also rund 107 Mill. Dollar, wie dem jüngsten Jahresbericht der Credit Suisse zu entnehmen ist.Aus der offiziellen Mitteilung über die vor einigen Tagen erfolgte außergerichtliche Einigung geht hervor, dass die Credit Suisse für die Bezahlung des nicht bezifferten Schadenersatzes eine zusätzliche Rückstellung von 79,5 Mill. Dollar zulasten des laufenden Geschäftsjahres vornehmen muss. Dies bedeutet, dass die Credit Suisse höchsten 25 % des vom Gericht zugelassenen Streitwertes vorsorglich zur Seite gelegt hatte. Warum die Bank so optimistisch war, obwohl das Gericht fast die ganze eingeklagte Streitsumme zugelassen hatte, ist nicht bekannt. Wenn es um die Rückstellungspolitik geht, zeigen sich die Banken dünnlippig.Doch die im Anhang zum Geschäftsbericht auf dreieinhalb Seiten dargestellten Verfahren aus den Zeiten des High Noon im amerikanischen Immobilienmarkt sprechen auch so Bände. Bei der Credit Suisse sind mehr als 20 solcher Zivilverfahren anhängig. Die von den Gerichten zugelassenen Streitsummen dieser Forderungen belaufen sich auf insgesamt mehr als 5 Mrd. Dollar. Dabei ist in dieser Buchhaltung noch nicht einmal das Verfahren der New Yorker Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2012 enthalten.Staatsanwalt Eric Schneiderman macht die Bank für Verluste aus nicht weniger als 64 großen Hypothekartransaktionen haftbar. Eine konkrete Schadenersatzforderung ist zwar nicht bekannt, aber Schneiderman zufolge kann mit einer Milliardenklage gerechnet werden. Einen Rückweisungsantrag der Credit Suisse hatte ein New Yorker Rekursgericht im Dezember abgewiesen. Zur Deckung von allfälligen Forderungen aus all diesen Streitfällen stehen der Credit Suisse lediglich geschätzte 1,2 Mrd. Dollar an Rückstellungen zur Verfügung. Branchenprimus belastetAuch der anderen bekannten Adresse am Paradeplatz in Zürich, der UBS, drohen Milliardenzahlungen. Im Mai konnte sie einen Vergleich mit der National Credit Union Administration treffen, die in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde der amerikanischen Genossenschaftsbanken die größte Schweizer Bank wegen falscher und unvollständiger Prospektinformationen im Zusammenhang mit dem Verkauf von verbrieften Wohnbauhypotheken verklagt hatte. Die UBS zahlte in dem Vergleich 445 Mill. Dollar, was zwar deutlich weniger war als die ursprüngliche Forderung von 1,15 Mrd. Dollar. Trotzdem musste die UBS dafür eine Erhöhung der Rückstellungen zulasten der laufenden Rechnung vornehmen.Vom gesamten Rückstellungsbestand von 3,2 Mrd. sfr, den die UBS per Ende Juni ausgewiesen hat, entfallen 2,4 Mrd. sfr auf Rechtsstreite. Davon sind rund 1,1 Mrd. sfr für allfällige Schadenersatzleistungen aus dem früheren Geschäft mit verbrieften US-Hypotheken reserviert. Ähnlich wie die Credit Suisse muss auch die UBS für mögliche Bußen und Wiedergutmachungen vorsorgen.Die Bank steht noch in weiteren Gerichtsverfahren, in denen es um vertragliche Zusicherungen und Gewährleistungen im Zusammenhang mit verbrieften Wohnbauhypotheken geht. Als sogenannte Sponsorin solcher Papiere habe die Bank “grundsätzlich gewisse Zusicherungen bezüglich der Eigenschaften der zu Grunde liegenden Darlehen” abgegeben, heißt es im Geschäftsbericht. Im Fall einer wesentlichen Verletzung dieser Zusicherungen war die UBS unter Umständen verpflichtet, Darlehen zurückzukaufen oder gewisse Parteien zu entschädigen. Aus diesen Kontrakten besteht gemäß Geschäftsbericht eine ursprünglich strittige Restschuld von 4,1 Mrd. Dollar. Davon hält die Bank allerdings 2 Mr. Dollar für erfüllt oder verjährt. Praktisch alle restlichen Forderungen würden zurzeit vor Gericht verhandelt, heißt es im Jahresbericht. Die Schlussrechnung im Hypothekenstreit steht noch aus.