Großbank wird angeblichen Risikoträger nicht einfach los
Großbank wird angeblichen Risikoträger nicht einfach los
„Jobtitel nur für die Aufsichtsbehörde“ – Manager klagt erfolgreich gegen ordentliche Kündigung
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Die zur Stärkung des Finanzplatzes eingeführte Lockerung des Kündigungsschutzes für Risikoträger bei Banken kann nicht ohne Weiteres angewendet werden, um Arbeitnehmer loszuwerden. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Az.: 14 Ca 4537/23).
Es ging um die im Dezember verhandelte Kündigungsschutzklage eines 59-jährigen Bankers, der im April 2021 als Head of Loan Trading für die Deutschlandtochter einer namhaften US-Bank eingestellt worden war. Neben einem Jahresgehalt von 260.000 Euro erhielt er auch eine Funktionszulage. Wie Mitte Dezember in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde, war allerdings strittig, was genau er bei der Auslandsbank eigentlich gemacht hat.
Kein Head of Loan Trader
Wie der Kläger ausführte, hatte ihn sein Chef gleich zu Beginn der Tätigkeit erklärt, dass er den Titel nicht führen dürfe, da dieser „nur für die Aufsichtsbehörde“ im Vertrag bestanden habe. Tatsächlich habe der Vorgesetzte selbst diese Funktion übernommen, zusätzlich zu seiner Verantwortung als Vorstand.
Trotz des klingenden Jobtitels war der Aufgabenbereich des Abteilungsleiters offenbar überschaubar. Im Kern habe es sich um die Beaufsichtigung eines Junior Trader gehandelt, sagte der Kläger. Die beklagte Bank ging darauf zumindest in ihrer mündlichen Auslassung nicht ein.
Keine Personalverantwortung
Der Kläger selbst war nach eigenen Angaben überhaupt nicht im Loan Trading tätig und habe auch keinerlei Personalverantwortung gehabt. Stattdessen habe er wie bereits bei seinem vorherigen Arbeitgeber im Bereich Sales und Origination gearbeitet.
Neben dem Verkauf von notleidenden Krediten an Kunden in Deutschland habe dies den Aufbau einer Vertriebsplattform umfasst. Außerdem habe er Anwälte und Berater mit Blick auf mögliche Restrukturierungen und Finanzierungen beraten.
Obwohl der Kläger nach eigener Darstellung gezielt abgeworben worden war, stimmte offenbar die Chemie zwischen ihm und seinem Chef nicht. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht, erklärte er, dass er gemobbt worden sei, was die Gegenseite jedoch zurückwies.
Am 10. Juli 2023 erhielt der Banker schließlich eine ordentliche Kündigung, die beklagte Bank mit der Anfang Mai getroffenen Entscheidung begründet wurde, den Bereich umzustrukturieren. Den Ausführungen ihres Anwalts zufolge seien die Aufgaben der Abteilung so weit reduziert worden, dass sie von einem Vorstandsmitglied und einem Trader wahrgenommen werden konnten. Nach Darstellung der Bank war der Kläger zuvor mit der Betreuung der Kunden der Abteilung Loan Trading betraut gewesen, was dieser jedoch bestreitet.
Gegen die Kündigung zog der Banker vor Gericht. Statt auf die Mobbingvorwürfe hob seine Anwältin jedoch darauf ab, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt gewesen sei. Sie beantragte außerdem festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.1.2024 hinaus weiterbesteht, und die Bank zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu beschäftigen.
Keine betriebsbedingten Gründe
Wie aus der schriftlich ergangenen Entscheidung hervorgeht, war der Banker zumindest teilweise erfolgreich. Der Kündigungsschutzantrag sei nicht nur zulässig, sondern auch begründet. Da es der Bank nicht gelungen war, die unternehmerische Entscheidung nachvollziehbar darzustellen, stellte die Kammer keine betriebsbedingten Gründe für die Kündigung fest.
Mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 31. Januar hinaus fortbesteht, scheiterte der Kläger jedoch. Da dieser nicht dargelegt habe, dass weitere Kündigungen drohten, fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Auch den Weiterbeschäftigungsantrag lehnte die Kammer ab. Die Begründung: Er sei nicht hinreichend bestimmt, weil der Kläger nicht habe verdeutlichen können, was der konkrete Inhalt seiner Tätigkeit für die Bank gewesen sei.
Als für den Kläger nachteilig erwies sich im Zusammenhang mit der geforderten Weiterbeschäftigung auch, dass seine tatsächliche Funktion unklar geblieben sei. Es fehle an einer konkreten Einordnung in der Organisation.
Die Bank scheiterte hingegen mit ihrem Antrag, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. „Es ist nicht ersichtlich, welche Gründe einer den Betriebszwecken dienlichen Zusammenarbeit entgegenstehen sollen“, heißt es in dem Urteil.
Kein Risikoträger
Der geminderte Kündigungsschutz komme nicht zum Tragen, weil es sich beim Kläger nicht um einen Risikoträger gehandelt habe. Es sei nicht ersichtlich, ob es sich beim Loan Trading tatsächlich um einen wesentlichen Geschäftsbereich der Bank handele. Zudem reiche die Ansiedlung der Stelle im Organigramms nicht aus, um zu begründen, dass die Tätigkeit unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet sei. Ein Risikoträger sei nur, wer tatsächlich Einfluss auf das Risikoprofil nehmen könne.