Bargeldnutzung

Verband: Fast jeder zweite Euro Bargeld wird gehortet

Die Pandemie verändert den Markt für Geld- und Wertdienstleister. Die Relevanz von Barem als Zahlungsmittel nimmt beschleunigt ab. Derweil nimmt bei Banken der Bedarf zu, Cash zu horten, um Negativzinsen zu entgehen.

Verband: Fast jeder zweite Euro Bargeld wird gehortet

bn Frankfurt

Die Corona-Pandemie verändert den Markt für Geld- und Wertdienste: Die Relevanz von Bargeld als Zahlungsmittel hat weiter in zunehmendem Tempo abgenommen. Unterdessen werden Münzen und Scheine zunehmend außerhalb des Buchgeldkreislaufes gehortet – der Branche der Geld- und Wertdienstleister eröffnet dies ein neues Geschäftsfeld. 2020 etwa ist der Bargeldumlauf im Euro-System um 11% auf gut 1,4 Bill. Euro in die Höhe geklettert. „Das war einer der höchsten Zuwächse in der 20-jährigen Geschichte des Euro“, erklärt Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW), der Börsen-Zeitung. Im Jahr 2021 dürfte der Bargeldumlauf nochmals um bis zu 10% zugenommen haben, die Marke von 1,5 Bill. Euro ist bereits ge­knackt.

„Der große Treiber der Bargeldnachfrage“ sei seit März 2020 die Wertaufbewahrungsfunktion, das Horten von Bargeld.  „Fast 50% des Bargeldes dürften dafür genutzt werden“, schätzt er. „Dazu gehören auch zig Milliarden Euro, die Kredit- und andere Finanzinstitute einlagern, um keine Negativzinsen bezahlen zu müssen. Diese Einlagerung in Hochsicherheitstrakten ist seit geraumer Zeit ein neues Geschäftsfeld für einen Teil unserer Mitgliedsunternehmen.“ Den Anteil des Bargeldes, der zu Transaktionszwecken genutzt wird, veranschlagt Olschok auf nur rund 15%. Der Rest der Euro-Banknoten befinde sich außerhalb des Euro-Gebietes.

Während das Geschäft mit der Lagerung von Cash läuft, macht der durch die Pandemie befeuerte Rückgang der Nutzung von Bargeld als Zahlungsmittel den im BDGW zusammengeschlossenen Geld- und Wertdienstleistern zu schaffen. Nach Angaben des Verbands beschäftigen seine Mitglieder bundesweit insgesamt rund 11000 Leute, die dafür sorgen, dass täglich rund 3 Mrd. Euro transportiert werden. Die Branche leide immer noch unter dem „massiven Umsatzrückgang im Jahr 2020“, berichtet Olschok. Die Bedeutung von Bargeld als Zahlungsmittel habe seit März 2020 deutlich abgenommen, auch weil viele Händler an der Kasse unter Verweis auf das „angeblich infektiöse Bargeld“ für Kartenzahlungen geworben hätten. „Weitere Konsolidierungsprozesse sind nicht auszuschließen“, meint er. Hatte der Anteil von Bargeld als Zahlungsmittel im Einzelhandel, gemessen am Umsatz, 2017 noch 50% betragen und 2019 rund 47%, so waren es im ersten Jahr der Pandemie nur mehr 40%. Zuversichtlich stimmt den Verband jedoch eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Umfrage der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), der zufolge die Bürger auch künftig mit Bargeld bezahlen wollen. „Das Gebot der Stunde ist es, die Bargeldprozesse noch effizienter zu machen, um gegenüber bargeldlosen Zahlungsverfahren konkurrenzfähig zu bleiben“, postuliert der BDGW-Hauptgeschäftsführer.

Im neuen Jahr hänge die wirtschaftliche Entwicklung der Wertdienstleister zum einen von Wirtschaftszweigen wie Einzelhandel, Gastronomie und Veranstaltungen ab, in denen vor allem bar bezahlt werde, zum anderen aber auch vom Verlauf der Pandemie und den poli­tischen Reaktionen darauf. Olschok: „Darüber will ich nicht spekulieren.“

Bitcoin spielt keine Rolle

Neue digitale Zahlungsinstrumente wie Kryptowährungen stellten „nach allem, was wir bisher wissen“, keine Bedrohung fürs Bargeld dar, hält er fest. Die Mehrheit der Konsumenten könne sich nach Auffassung der Bundesbank weder Kauf noch Nutzung von Bitcoin vorstellen, und die Arbeiten der EZB an einem digitalen Euro sollten das Bargeld ergänzen, aber nicht ersetzen.

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