NOTIERT IN FRANKFURT

Vermögenswert, Werkstoff, Vertrauensanker und Mythos

"Nur gucken, nicht anfassen?" In der Bundesbank gilt das Zitat aus der Veltins-Werbung nicht überall, jedenfalls nicht für einen 12,5-Kilo-Goldbarren im Geldmuseum. Da heißt es stattdessen, "nur anfassen, nicht mitnehmen". Aber den Edelmetallklotz...

Vermögenswert, Werkstoff, Vertrauensanker und Mythos

“Nur gucken, nicht anfassen?” In der Bundesbank gilt das Zitat aus der Veltins-Werbung nicht überall, jedenfalls nicht für einen 12,5-Kilo-Goldbarren im Geldmuseum. Da heißt es stattdessen, “nur anfassen, nicht mitnehmen”. Aber den Edelmetallklotz im aktuellen Wert von rund 450 000 Euro in einer Vitrine anschauen, fühlen und, wenn der Arm stark genug ist, auch anheben, das ist erlaubt.Dieses gut geschützte und bewachte Stück der deutschen Währungsreserven, zu denen insgesamt 3 374 Tonnen Gold im Wert von 117 Mrd. Euro (Ende 2017) gehören, wird im neu konzipierten Museum auf dem Gelände der Frankfurter Bundesbankzentrale dauerhaft präsentiert. Andere Barren unterschiedlicher Form und Herkunft gibt es dort bis Ende September in einer Sonderausstellung “Gold. Schätze in der Deutschen Bundesbank” zu sehen. An mindestens zwei Barren fehlt übrigens eine Ecke, warum auch immer. Hier gilt aber tatsächlich “nur gucken”. Vom Solidus aus dem 4. und 5. Jahrhundert, der Standardgoldmünze im Römischen Reich, über jede Menge unterschiedlicher Dukaten und Portugalöser – Letztere wurden im 16. Jahrhundert in Norddeutschland und Nordeuropa geprägt – sowie Kunstwerken gleichende Schaumünzen, Goldwährungen aus der Lateinischen Münzunion oder dem Deutschen Reich bis zu alten wie aktuellen Sammler- und Anlagemünzen zeigt die Bundesbank vieles, was das Herz von Edelmetallfreunden und Numismatikern begehrt oder auch einfach das breite Publikum interessiert. Gold ist schließlich neben seinen ganz praktischen Verwendungszwecken etwa als liquider Vermögenswert oder als Werkstoff auch Wohlstandssymbol, Vertrauensanker, nicht zuletzt Mythos. Kein Wunder, dass im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise das Vorhandensein der zum Großteil im Ausland deponierten Goldreserven beziehungsweise deren Echtheit öffentlich angezweifelt wurden (in der Sonderausstellung wird auch die Echtheitsprüfung mittels Röntgenfluoreszenzanalyse und Ultraschalluntersuchung dargestellt). Auch vor diesem Hintergrund hat die Bundesbank im April rechtzeitig zur Ausstellungseröffnung das Buch “Das Gold der Deutschen” veröffentlicht. Es soll zur Versachlichung der Diskussion beitragen und beschreibt auf 160 vielfach hochglanzbebilderten Seiten die Geschichte von Gold als Zahlungsmittel, seine Funktion als Reserve und die Verwendung als Metall. Vor allem erläutert das vor wenigen Tagen in den Ruhestand verabschiedete Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele die 2012 gestartete Transparenzoffensive der Bundesbank in Sachen Goldreserven sowie das neue Lagerstellenkonzept und dessen Umsetzung seit 2013.Ausgespart werden in dem von drei Autoren aus der Bundesbank verfassten Buch (Hirmer-Verlag, 24,90 Euro) leider die Versuche diverser Regierungen, sich der Reserven zu bemächtigen respektive durch Neubewertung deren Marktwert zu heben und auf die eine oder andere Weise zu verpulvern. Lesenswert ist es dennoch, wie sich auch ein Besuch der Ausstellung (freier Eintritt) lohnt.