IM GESPRÄCH: AXEL SCHWARZER

Vontobel zeigt Appetit auf Zukäufe

Assetmanager liebäugelt mit Private Equity und Debt und wähnt sich als Boutique in der richtigen Nische

Vontobel zeigt Appetit auf Zukäufe

Vontobel zeigt sich offen für Akquisitionen im Assetmanagement. Infrage komme ein Zukauf etwa im Bereich Private Equity oder Private Debt, ebenso aber eine Übernahme in den USA oder in Asien, erklärt Axel Schwarzer, Head of Asset Management der Vermögensverwaltungs- und Investmentbank. Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie schweizerische Vermögensverwaltungs- und Investmentbank Vontobel zeigt Appetit auf Zukäufe im Assetmanagement. “Wenn es passt”, antwortet Axel Schwarzer, Head of Asset Management des Zürcher Instituts, der Börsen-Zeitung auf die Frage nach Art und Zeitpunkt möglicher Akquisitionen zunächst eher vage, um den Kreis etwaiger Kandidaten dann doch enger zu ziehen. Demnach denkt er an einen Zukauf “in einem komplementären Bereich, in dem wir noch nicht sind”, etwa im Segment Private Equity bzw. Private Debt. “Das wäre auch eine natürliche Entwicklung von uns”, sagt er.In Betracht komme aber ebenso eine Übernahme in den USA, wo viele Anbieter seiner Meinung nach mit Blick auf US-Aktien nur “pseudoaktiv” sind, oder eine Transaktion in Asien, um “an asiatische Alpha-Quellen zu kommen”. Schwarzer: “Das würde uns zusätzliche Tiefe und Substanz geben.” In Nordamerika lockt der weltgrößte Assetmanagement-Markt mit einem Umfang von über 50 Bill. Dollar an verwalteten Mitteln, in Asien sind es überdurchschnittliche Wachstumsraten. Mittel sind vorhandenAngesichts eines harten Eigenkapitals von knapp 1 Mrd. sfr und einer entsprechenden Kernkapitalquote von 13,8 % bietet sich der Bank durchaus finanzieller Spielraum für anorganisches Wachstum, und bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,87, von welchem zumindest die allermeisten Banken nur träumen können, hielte sich auch die Verwässerung der Aktionäre in Grenzen.Erfahrung mit der Integration von Übernahmen hat Vontobel nur episodisch, bislang ist der 120 Mrd. schwere Assetmanager vornehmlich organisch gewachsen. Vor fünf Jahren hatte die weltweit an 16 Standorten aktive Bank den britischen Anleihefondsanbieter Twenty Four Asset Management übernommen, um die Präsenz auf der Insel zu verstärken. Eher um Kostensynergien als um Wachstum ging es dagegen ein Jahr später bei der Übernahme von Vescore, der Fondstochter der schweizerischen Raiffeisenbank.Einstweilen treibt das Haus das organische Wachstum voran und stellt Schwarzer zufolge Portfoliomanager sowie Vertriebsleute ein. Ziel ist es, den Vertrieb über die größten Banken in deren Wealth Management hinein zu vertreiben. Fürs laufende Jahr plant der rund 500 Mitarbeiter zählende Bereich Assetmanagement demnach 20 Neueinstellungen. Den Anteil der in Asien Beschäftigten will Schwarzer auf Sicht von 15 % auf 20 % ausbauen.Als Multi-Boutique mit einem aktiven Ansatz und einem Fokus auf Schwellenmärkte sowie zunehmend auch nachhaltige Anlagen wähnt sich der Manager Vontobel in der richtigen Nische, in welcher das Haus vom allgemeinen Margendruck in der Branche weitgehend verschont bleibt: “Boutiquen sind Investmentspezialisten, für die Performance an oberster Stelle steht”, erklärt er. “Solange diese gut, nachvollziehbar und erklärbar ist, kann im Gegensatz zu Mainstream-Anbietern noch eine gute Marge erzielt werden.”Für das erste Halbjahr hat die Bank im Assetmanagement eine annualisierte Bruttomarge von 42 Basispunkten auf die wiederkehrenden Provisionseinnahmen gemeldet nach 44 Basispunkten vor Jahresfrist. Die Aufwandsquote der Sparte lag 2019 bei rund 60 %. Zum Vergleich: Die DWS kam auf 68 %. Der fulminante Gewinnsprung, der beim Blick aufs jüngste Spartenergebnis ins Auge fällt (siehe Grafik), geht dabei auf eine organisatorische Neuordnung zurück, in deren Folge ein guter Teil der Kosten im Asset Management einer anderen Sparte zugeordnet wurden. Bereinigt erhöhte sich der Vorsteuergewinn um 6 %, während die Erträge um 4 % anzogen und die Kosten um 2 % sanken. Marge dürfte stabil bleiben Druck auf die Spanne von Vontobel erwartet Schwarzer nicht, ihren Anstieg gleichwohl ebenso wenig. Geriete die Marge mittelgroßer Anbieter unter Druck, würde dies die Marge der Boutiquen eher stützen, meint er. Denn der Manager prognostiziert eine Zweiteilung des Marktes. Ein saures Leben haben künftig demnach nur Index-Schmuser und Assetmanager ohne klare Positionierung, da sie gegenüber Anbietern günstigerer Passivstrategien kaum Mehrwert bieten. Nischenanbieter wie Vontobel, wie auch die ganz großen Gesellschaften als Kostenführer im passiven Sektor, hingegen freuen sich über Zulauf.In den USA mündet dieser Trend bereits in diversen Übernahmen mittelgroßer Spieler, etwa von Legg Mason durch Franklin Templeton; derzeit schickt sich Morgan Stanley an, Eaton Vance zu schlucken. In Europa ist der Fusionsdruck laut einer Studie von Morgan Stanley indes schwächer ausgeprägt, da die Häuser auf diesem Kontinent stärker an Banken und dem zugehörigen Vertriebsnetz hängen. Schon vor zwei Jahrzehnten habe er von der These einer Aufteilung des Fondsmarktes gehört, sagte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, jüngst auf dem 9. Investmentfondstag der Börsen-Zeitung: “Die Konsolidierung kam bislang noch immer nicht.”Per Ende Juni berichtete Vontobel von einem Nettoneugeldwachstum im Assetmanagement, das im ersten Halbjahr 2020 mit 11,5 % annualisiert deutlich über dem angestrebten Korridor von 4 % bis 6 % lag: “Wir sind gut gewachsen und haben Ende September nochmals unterstrichen, dass wir an den Wachstumszielen festhalten”, erklärt Schwarzer.Die großen Trends laufen derzeit für Vontobel, wie er erklärt, und angesichts ultratiefer Zinsen prognostiziert er: “Die nächste Dekade ist keine für Sparer, sondern für Investoren. Investieren ist das neue Sparen.” Renditen böten da nun einmal Bonds und Aktien in Emerging Markets. “Wir glauben, dass Investitionen in Emerging Markets und ESG künftig Mainstream sein werden.” So halte der durchschnittliche Pensionsfonds in der Schweiz derzeit 8 bis 10 % seiner Anlagen in aufstrebenden Märkten, zeige sich in Umfragen aber zugleich bereit, diesen Anteil auf 20 % zu erhöhen. Gerade in Verbindung mit Nachhaltigkeitskriterien könne aktives Management in Emerging Markets Mehrwert liefern, zumal Unternehmen dort teilweise besser finanziert seien als Unternehmen in reifen Märkten.