IM GESPRÄCH: JOACHIM OLEARIUS

Warburg strebt im Assetmanagement unter die Top 10

Privatbankhaus will nach Ausrichtung auf deutschen Markt betreutes Volumen bis 2023 auf 150 Mrd. Euro steigern - Bankchef betont Anpassungsfähigkeit

Warburg strebt im Assetmanagement unter die Top 10

Die Hamburger Warburg Bank hat sich in Reaktion auf als überbordend beklagte regulatorische Anforderungen verschlankt und ihre Kapitalquoten erhöht. In gefestigter Verfassung will das unabhängige, familiengeführte Institut nun Wachstumschancen im deutschen Assetmanagement-Markt nutzen. Von Carsten Steevens, HamburgNach Jahren der Konsolidierung und Fokussierung blickt die Hamburger Privatbank M.M. Warburg & CO ihrem 225-jährigen Bestehen entgegen. Das Institut, dessen Geschichte auf die Gründung im Jahr 1798 durch die Brüder Moses Marcus und Gerson Warburg zurückgeht, hat sich verschlankt – durch Zusammenführung der Tochtergesellschaften Bankhaus Hallbaum, Bankhaus Löbbecke, Bankhaus Plump und Schwäbische Bank mit der Warburg Bank im Herbst 2016 und den Transfer des klassischen Privatkundengeschäfts der M.M.Warburg (Schweiz) an die St. Galler Kantonalbank Ende 2017 ebenso wie mit einer Neuausrichtung der Vermögensverwaltung im vergangenen Jahr. Ziel war es, Kosten zu reduzieren und die Stabilität und mithin die Kapitalquoten der unabhängigen, familiengeführten Bank in Anbetracht fortdauernder Null- und Negativzinsen sowie zunehmender Regulierungslasten zu festigen. Kapitalquoten erhöhtHierbei ist die Bank, die sich in den vergangenen Jahren parallel mit Vorwürfen einer Beteiligung an missbräuchlichen Wertpapiergeschäften um den Dividendenstichtag, den Cum-ex-Geschäften (vgl. weiteren Bericht auf dieser Seite), auseinandersetzen musste, sichtbar vorangekommen. Die Gesamtkapitalquote des Konzerns lag Ende vergangenen Jahres bei 16,6 (i. V. 13,1) %, die Kernkapitalquote bei 13,7 (10,3) %. Dabei schrumpfte die Bilanzsumme der Warburg-Gruppe im Zuge der Entkonsolidierung der M.M. Warburg & CO Hypothekenbank zugleich auf 5,8 (7,4) Mrd. Euro. Die Immobiliensparten seien gebündelt worden, was auch damit zu tun habe, dass für Immobilien aufsichtsrechtlich ein anderes Regime gelte, erklärt Joachim Olearius, Sprecher der Partner der Warburg Bank, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Gesellschafter der Warburg-Gruppe übernahmen die Anteile an der Hypothekenbank zum Jahresende.Was die Warburg Bank, deren Anteile zu rund 80 % bei den Familien Olearius und Warburg liegen, immer ausgemacht habe, sei ihre Anpassungsfähigkeit, hebt der Bankchef hervor. “Diese Anpassungsfähigkeit müssen wir uns erhalten.” Dabei lässt er auch keinen Zweifel daran, unabhängig zu bleiben. “Wir wollen nicht an die Börse.” Der Umbau der vergangenen Jahre hat freilich Bilanz und Ertragsstruktur der Warburg Bank verändert. Frühere Beteiligungserträge, die bei Privatbanken anders als bei anderen Instituten wie Sparkassen angefallen seien, fielen heute weg, sagt Olearius. Für die Bank sei aber “wichtig gewesen, dass unsere Kapitalquoten unanfechtbar sind”. Dies habe weiterhin Priorität, wie auch das klare Bekenntnis der Gesellschafterfamilien zur Bank zeige. “Uns geht es vor allem um den inneren Wert der Bank.” Aber mittelfristig strebe man auch eine Verbesserung bei der Cost-Income-Ratio an.Das Aufwand-Ertrags-Verhältnis lag 2018 über der 100-Prozent-Marke. Die Warburg-Gruppe rutschte im vergangenen Jahr wegen sinkender Erträge und einer erhöhten Risikovorsorge, die vor allem durch das Schiffskreditgeschäft verursacht wurde, in die Verlustzone. Neuregelungen im Rahmen der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II trugen dazu bei, dass sich der Provisionsüberschuss um 54 Mill. auf 121 Mill. Euro reduzierte. Den Hinweis darauf, dass die Bank “konzentriert” an Stabilität und Wachstum arbeitete, verbindet der 48 Jahre alte Bankchef mit Kritik an überbordenden regulatorischen Anforderungen für nicht systemrelevante Banken. “Wir würden gerne wissen, was Banken in Zukunft leisten können sollen und was man volkswirtschaftlich für notwendig hält”, sagt Olearius. “Sollen es Banken mit irrwitzig hohen Kapitalquoten ohne Erträge sein? Wollen wir eine Infrastruktur, die nur da ist und niemandem dient?” Bank verschlanktMit den Veränderungen auf Geschäftsebene ist der Bankchef zufrieden, verdeutlicht aber auch die erheblichen Anstrengungen für ein mittelständisches Familienunternehmen. “Wir haben diese Bank von einer dezentralen Bank mit 1 450 Beschäftigten innerhalb von drei Jahren zu einer Bank mit 1 000 Beschäftigten, einem größeren Volumen und höheren Kapitalquoten geformt”, unterstreicht Olearius. In dieser Phase habe man aufgrund der Eigenkapitalvorgaben von Basel III das vorzuhaltende Kapital fast verdoppeln müssen. Altlasten seien abgebaut worden. Als eine von wenigen Banken in Deutschland habe die Warburg Bank aber aus eigener Kraft und nicht zulasten der Steuerzahler ihr Schiffsportfolio infolge der Schifffahrtskrise im Bestand bereinigt.Für die Verfassung der Warburg Bank und ihre Ertragslage kommt dem Assetmanagement große Bedeutung zu. In diesem Geschäftsbereich kam es mit der inzwischen vollständigen Übernahme der Vermögensverwaltungsgesellschaft der Nord/LB in diesem Jahr nach dem Verkauf der Tochterunternehmen Warburg Invest Luxembourg und M.M.Warburg & CO Luxembourg an die Apex Group Ende 2017 zu den auffälligsten Veränderungen. Nach den Veräußerungen in Luxemburg, mit denen die Warburg Bank auf die zunehmende Komplexität der aufsichtsrechtlichen Anforderungen bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten reagierte, und dem Erwerb der Nord/LB Asset Management, die mit ihren gut 100 Mitarbeitern nun als Warburg Invest AG auftritt, soll nun das Assetmanagement im Heimatmarkt ausgebaut werden. Alternative im Markt”Wir konzentrieren uns im Assetmanagement bewusst auf Deutschland, weil wir hier noch viel Potenzial sehen”, erklärt Olearius. Im Shipping und im Immobilienbereich etwa habe die Bank einen guten Weg gefunden, diese wichtigen Assetklassen als Hamburger Adresse weiter zu bedienen. In den liquiden Assetgruppen, wo man – auch als Pionier bei der Umsetzung nachhaltiger Investments – viele kirchliche Einrichtungen und Pensionskassen versorge und wo die Warburg-Gruppe eine Alternative zu anderen Wettbewerbern biete, gelte es, Alleinstellungsmerkmale weiter auszubauen. “Dazu trägt bei, dass wir als private Unternehmerfamilien, die sich zu ihrem Engagement für die Warburg Bank bekennen, hier auch aktiv sind.”Auf Dauer sieht Olearius sein Haus unter den zehn größten Assetmanagern in Deutschland. Seinen Kunden will das Institut, das als Portfoliomanager großen Wert auf fundiertes Research legt, ein möglichst umfassendes Portfolio an Investmentideen und relevanten Dienstleistungen bieten. Es gebe viele mittelständische Anleger gerade auch im institutionellen Bereich, die Beratungs- und Anlagebedarf hätten und die qualifizierte Ansprechpartner wollten. Für diese habe man, so Olearius, “ein Angebot in der Marktbreite, wie man es heute braucht: regelbasierte quantitative Anlagemodelle, aber auch klassisch fundamental geführte Fonds, Liquiditätsersatzprodukte mit einer langen Historie, zudem einen Schwerpunkt auf Risikomanagement.”Investoren stünden unter Anlagedruck und benötigten Liquiditätsersatzprodukte oder Anlagemöglichkeiten für langfristige Renditen. In diesem Umfeld gewinne man im institutionellen Bereich große Mandate, erklärt der Warburg-Bankchef. Dies zeige das große Vertrauen in die Gruppe. “Kunden goutieren, dass wir lieferfähig sind.” Zukäufe möglichBei den Assets under Management, die sich im vergangenen Geschäftsjahr infolge der erstmals einbezogenen Warburg Invest sowie der im Vorjahr nicht mehr berücksichtigten Luxemburger Einheiten und der M.M. Warburg (Schweiz) AG auf gut 62 (39,3) Mrd. Euro erhöhten, und beim Depotbankvolumen, das 2018 um rund 4 Mrd. auf 25,1 Mrd. Euro anstieg, strebt die Bank bis zum Jubiläumsjahr 2023 ein Volumen von zusammen etwa 150 Mrd. Euro an. Dies sei möglich, ohne strukturell an Grenzen zu stoßen, sagt Olearius. Vorgesehen ist organisches Wachstum – starke Impulse erwartet die Bank etwa im Geschäft mit nachhaltigen Anlageformen, in dem das Produktangebot 2019 erweitert wird. Gleichwohl schließt der Sprecher der Warburg-Bank-Partner weitere Übernahmen im Assetmanagement nicht aus. “Wir halten uns auch offen, durch sinnvolle Zukäufe weiter zu wachsen.”Größe allein, so fügt Olearius ebenso hinzu, sei aber “für uns nicht das entscheidende Kriterium, auch nicht im Assetmanagement”. Entscheidend komme es im aktuellen Niedrigzinsumfeld, von dem alle betroffen seien, auf bedarfsgerechte Lösungen an. “Bei der Wettbewerbsfähigkeit gibt es für uns noch an der ein oder anderen Stelle Möglichkeiten zur Optimierung, zur Effizienzsteigerung.”An dieser Stelle verweist der Warburg-Bankchef noch einmal auf die veränderten regulatorischen Anforderungen. Mifid II habe das Ende der Anlageberatung durch einen einzelnen Wertpapierspezialisten zementiert. Trotzdem müssten Kundenbedürfnisse weiterhin vernünftig erfasst, Risiken gesteuert und richtige Antworten gefunden werden. “Das kann unser Assetmanagement gut darstellen”, betont Olearius. “Wir wollen niemanden hinauskomplimentieren müssen, weil er vermeintlich nicht passt oder zu klein ist.” Anspruch sei es, die richtigen Antworten zu finden. “Mit unserer digitalen Vermögensverwaltung schaffen wir das.” Kooperation mit Fintech Mit dem Warburg Navigator etablierte die Bank im Herbst 2017 eine der ersten deutschen digitalen Vermögensverwaltungen (Robo-Advisor). Sie wurde zusammen mit dem Berliner Fintech Elinvar entwickelt und kombiniert prognosefreie mathematische Grundmodelle mit der fundamentalen Expertise der Warburg-Assetmanager. Geboten werden individuelle Anlagestrategien für Kundenvermögen ab 20 000 Euro. An der Verbesserung dieses Modells bis hin zu hoch personalisierten Portfolien werde weiter gearbeitet, heißt es in dem Institut. Neben der Family-Office-App Ownly ist der Navigator Teil der digitalen Strategie der Warburg Bank.