Wie gut sind Banken auf einen volatilen Markt vorbereitet?

Die Herausforderungen werden eher größer als kleiner

Wie gut sind Banken auf einen volatilen Markt vorbereitet?

Der Immobilienbranche geht es gut. Das Gewerbe-Investmentvolumen hat in den vergangenen drei Jahren Spitzenwerte erreicht, und auch das Jahr 2018 verspricht ein erfolgreiches Immobilienjahr zu werden. Die gesamte Branche hat sich im Laufe der letzten zehn Jahre auf die komplexen Rahmenbedingungen eingestellt. Auf den ersten Blick also alles bestens. Doch wird das auch so bleiben? Und wie gut sind insbesondere die Immobilienfinanzierer auf Marktschwankungen vorbereitet?Fakt ist, die Wettbewerbsdynamik hat sich unter den Immobilienfinanzierern weiter erhöht, und die Finanzierungsmargen sinken nun schon seit einigen Jahren in Folge. Parallel hierzu sind steigende regulatorische Anforderungen zu bewältigen. Zwar ist davon auszugehen, dass die Margen nicht noch weiter fallen, da ein unteres Limit durch Erreichen der Stückkosten gesetzt ist. Nichtsdestotrotz steigen die Ansprüche für Immobilienfinanzierer. No risk – no fun?Seit einigen Jahren machen sich steigender Anlagedruck und eine zunehmende Angebotsverknappung bei Core-Immobilien in sinkenden Margen bemerkbar. Dies und der starke Wettbewerbsdruck hat bereits in der Vergangenheit bei einigen Immobilienfinanzierern zu einem Strategiewechsel geführt: hin zu mehr Risiko. Dieser zeigt sich durch Zugeständnisse bei der Haftung, Verzicht auf Tilgung, höhere Beleihungsausläufe und vieles mehr. Dieses Entgegenkommen müssten sich die Banken natürlich bezahlen lassen. Doch tun sie das auch? Und sind die Margen noch risikoadäquat? Sie können dies nur sein, wenn der Bedarf an Risikovorsorge nachhaltig niedrig bleibt. Sprunghafte Änderungen der Rahmenbedingungen, sei es politisch, konjunkturell oder objektbezogen, können den Bedarf an Risikovorsorge ungeplant steigen lassen.Dauerhaft niedrige oder negative Zinsen bergen die Gefahr von Kreditblasen, Ertragserosionen und Kapitalfehlallokationen. Steigen die Zinsen sprunghaft, können sich manche Finanzierungen als nicht nachhaltig beziehungsweise kapitaldienstfähig erweisen. Das anhaltend niedrige Zinsniveau weckt zudem natürlich den Wunsch nach möglichst langfristiger Zinsbindung. Vor allem Banken, die langfristige Immobilienkredite eher kurzfristig refinanzieren, können daher Probleme bei der Fristentransformation bekommen.Ein schneller Zinsanstieg scheint derzeit eher unwahrscheinlich. Denn die Staatshaushalte der großen Volkswirtschaften wie Italien, Spanien und Frankreich können einen schnellen Zinsanstieg nur schwer verkraften. Angesichts der bereits existierenden hohen Schuldenlast, niedriger Inflation und geringen Wirtschaftswachstums schlagen höhere Zinsen hier voll durch, gehören diese doch zu den größten Haushaltsposten. Ein langsamer und gradueller Anstieg des Leitzinses der Europäischen Zentralbank (EZB) ist insofern realistisch und würde den Blick der Investoren langsam, aber sicher auch wieder auf andere Anlagemöglichkeiten richten. Eine solche gesunde Verteilung und damit eine verstärkte Ertrags- und Risikodiversifikation wäre wünschenswert und würde den Druck von der Assetklasse Immobilien nehmen.Das Immobilienfinanzierungsgeschäft wird zunehmend komplexer. A-Standorte und Core-Immobilien sind nahezu ausgereizt, die Bodenpreise schießen in die Höhe. So ist es nur folgerichtig, den Fokus auch auf Objekte abseits der Top-Standorte und abseits von Core zu richten. Hier muss aber genau hingeschaut werden, denn längst nicht jedes Objekt eines B-Standortes ist zukunftsfähig und damit resilient gegen plötzliche Veränderungen.Der Trend in die Nicht-A-Städte stagniert jedoch, anscheinend ist auch hier das Angebot an größeren Objekten schnell erschöpft. Bei den Core-Objekten werden die hohen Preissteigerungen stärker durch Eigenkapital getragen, eine analoge Ausweitung des Fremdkapitals ist dementsprechend nicht zu verzeichnen. Aufgrund des hohen Anlagedrucks und vorhandenen Eigenkapitals der Investoren kann man daher davon ausgehen, dass die Ausläufe weiter sinken.Die Finanzierung von Value-Add und Opportunistic Investments nimmt zu, so die aktuelle Irebs-Studie German Debt Project 2018. Hier ist der Margendruck noch nicht so hoch und das Mietsteigerungs- beziehungsweise Renditesteigerungspotenzial größer. Voraussetzung hierfür ist natürlich eine weiterhin steigende Mieternachfrage. Um hier etwaigen Ausfällen vorzubeugen, ist eine ausführliche Betrachtung aller Parameter auf Basis des Ist-Zustands erforderlich. Diejenigen Banken, die einen Wert auf die Zukunft – quasi nach Objektentwicklung – zugrundelegen, begeben sich ins Risiko. Zwar ist die Mieternachfrage noch stabil, doch niemand kann sicher voraussagen, wie lange dies noch so sein wird. Daher ist man gut beraten, konsequent einen konservativen Ansatz zu verfolgen und sich nicht zu sehr auf “Hoffnungswerte” zu verlassen. Exogene SchocksAktuell scheinen die größten Unwägbarkeiten für die Banken außerhalb des Finanzierungskosmos zu liegen. Die Vergangenheit hat schon häufiger gezeigt, wie weitreichend die Auswirkungen von exogenen Schocks sein können. Zinssenkungen, Konjunkturprogramme, aber auch Naturkatastrophen, Kriege und Börsencrashs haben das Potenzial, über abrupte Nachfrage- und Preisveränderungen ein Ungleichgewicht herbeizuführen. Tückisch hierbei ist, dass niemand die Auswirkungen exogener Schocks voraussagen kann.Welche Belastungen noch aus den zukünftigen regulatorischen Anforderungen erwachsen werden, weiß niemand. Die Halbwertszeit der politischen Richtlinien und der Regulatorik ist kurz, und die Entwicklungen in diesem Bereich sind nicht voraussehbar, ungeheuer komplex und erfordern einen hohen Verwaltungsaufwand. Gerade kleinere Institute sind hier überproportional betroffen, müssen sie doch die gleichen Vorgaben erfüllen wie große überregionale Banken. Die größte Herausforderung der Regulierung ist jedoch zugleich auch ihre größte Chance: die Überprüfung des Geschäftsmodells als Kernaufgabe. Wer sein Geschäftsmodell optimiert und sich von unrentablen Geschäftsfeldern trennt, ist widerstandsfähiger gegen Krisen und kann im günstigsten Fall einen Wettbewerbsvorteil erlangen.Auch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung zwingt die Immobilienfinanzierer dazu, sich immer wieder zu hinterfragen. Die Kunden werden zusehends kritischer. Mit dem Beginn der Finanzkrise hat sich dieser Trend deutlich verstärkt. Abnehmende Loyalität und eine erhöhte Wechselbereitschaft waren die Folge. Um hier bestehen zu können, müssen Leistungsumfang und Leistungsqualität mit der Erwartungshaltung der Kunden mithalten können. Alle Erfahrungen, die privat online gemacht werden, werden auch auf das Geschäftsleben übertragen. Schnell, direkt und papierlos stehen auf der Wunschliste ganz oben. Dies bedeutet, dass auch die Immobilienfinanzierer vom Kunden her denken und ihr Geschäftsmodell anpassen müssen.Populismus und die zunehmende Tendenz zum Protektionismus werden uns auch in Zukunft beschäftigen. Hatten wir nach den letzten großen Wahlen innerhalb der EU ein wenig entspannen können, blicken wir jetzt gespannt auf die USA. Aber auch die Instabilität der Türkei sowie weiterer EU-Staaten, die sich bislang noch nicht von der letzten großen Krise erholen konnten, kann den Immobilienmarkt in Deutschland beeinflussen. Entscheidend für den weiteren Verlauf wird nun sein, wie sich die globalen Handelskonflikte entwickeln. Nach wie vor drohen weitere Importzölle und Handelsbarrieren, die beispielsweise auch die Baukosten sprunghaft steigen lassen könnten.Noch kann Deutschland ein Wirtschaftswachstum verzeichnen – und das trotz sich weiterhin verschärfender Konflikte. Allerdings wurde dieses Wachstum vor allem durch die anhaltende Konsumfreude der Verbraucher getragen. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und steigende Löhne lassen die Bürger freigiebig Anschaffungen tätigen. Doch niemand weiß, wie lange dies noch so bleiben wird. Die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft und mit ihr auch für die Immobilienbranche werden eher größer als kleiner werden. Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass mit geopolitischen Risiken immer zu rechnen ist.—-Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp AG