"Wir haben unsere Banklizenz abgegeben"
Weil die Folgen der Finanzmarktrichtlinie Mifid II kleineren Brokerhäusern das Wasser abgraben, hat sich die Frankfurter Equinet Bank unter das Dach der norwegischen Investmentbank Pareto geflüchtet. Die Zusammenarbeit eröffne gerade den üblicherweise mittelständischen Kunden von Equinet große Chancen.Von Anna Sleegers, FrankfurtDas Frankfurter Brokerhaus Equinet hat sich vor den Folgen der Finanzmarktrichtlinie Mifid II unter das Dach der norwegischen Investmentbank Pareto geflüchtet. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zieht Equinet-Gründer Lutz Weiler mit Blick auf die hiesige Kapitalmarktkultur eine ernüchternde Bilanz, blickt aber nach vorn. Die neue Muttergesellschaft eröffne den mittelständischen Kunden Zugang zu Investoren, deren Anlageentscheidungen oftmals auf einer ganz anderen Haltung basierten als hierzulande.Im Gegensatz zu Equinet, dessen Stärken zumindest vor dem Beginn der Eiszeit am hiesigen IPO-Markt lagen, ist Pareto in ihrem Heimatmarkt eine wichtige Adresse für Mittelstandsanleihen. 2018 begleitete die Bank insgesamt 200, wenn auch zum Teil recht kleine Emissionen, 2017 sogar 230. “Das sind Größenordnungen, die für uns völlig utopisch wären”, sagt Weiler.Neben den bekannten Gründen wie die Dominanz der Bankkredite in der hiesigen Unternehmensfinanzierung habe die Ursachenforschung vor allem ergeben, dass sich die Norweger bei der Platzierung viel stärker nach den Bedürfnissen der Investoren richten. In Deutschland werde üblicherweise erst ein Prospekt erstellt, mit dem man bei den Investoren auf Roadshow geht. “Das machen unsere norwegischen Kollegen genau andersherum”, sagt Weiler. Sie erstellten ein relativ ausgefeiltes Memorandum, auf dessen Basis sie dann mit vielen Investoren sprächen.”Der Prospekt wird erst erstellt, wenn klar ist, was die Investoren wollen”, so der Investmentbanker. Auf diese Weise könne die Emission bei Bedarf auch noch anders verpackt werden. “Um den Investoren die Entscheidung zu erleichtern, kann sie als Bond, Schuldscheindarlehen oder auch Kredit platziert werden”, sagt Weiler.Für die höhere Aufnahmefähigkeit des norwegischen Bondmarkts gebe es auch strukturelle Gründe:”Von Beginn an ist der Nordic Trustee mit an Bord.” Diese privatwirtschaftlich organisierte Institution stellt die Kommunikation zwischen Emittenten und Gläubigern sicher und verteidigt bei Bedarf die Interessen der Gläubiger. “Wer in Norwegen eine Mittelstandsanleihe kauft, kann sich darauf verlassen, dass der Nordic Trustee darauf pocht, dass der Emittent zum Beispiel seine Veröffentlichungspflichten einhält.”Sollte zum Beispiel wegen einer Akquisition eine Änderung der Anleihebedingungen erforderlich sein, veranlasse der Nordic Trustee eine Online-Abstimmung, um die Zustimmung der Gläubiger einzuholen. Weiler: “Das ist viel besser geregelt als in Deutschland, wo das Kind erst in den Brunnen gefallen sein muss, bevor überhaupt eine Gläubigervertretung gewählt wird.”Diese Konstruktion konnte das ehemalige Equinet-Team auch deutschen Kunden bereits schmackhaft machen. So haben sich Weiler zufolge die Emittenten etwa bei den Bondplatzierungen von Hertha BSC und Hörmann Industries vertraglich verpflichtet, mit dem Nordic Trustee zusammenzuarbeiten. “Natürlich kann man einwenden, dass diese Platzierung nicht deutschem, sondern norwegischem Recht unterliegt”, sagt er. Die Unterschiede seien jedoch nicht groß, versichert er. Mit dem Verschwinden der deutschen Marke Equinet war es ein logischer Schritt unter die norwegische Aufsicht: “Wir haben unsere Banklizenz abgegeben.”Schon vor dem Verkauf an Pareto hatte Equinet durch gelegentliche Roadshows Kontakte nach Skandinavien. “Wir dachten auch den Markt ganz gut zu kennen, aber wir haben nur an der Oberfläche gekratzt.” Die Investoren im Norden seien sehr offen, sich in neue und auch ungewöhnliche Investmentideen einzudenken. So sei etwa die Anleihe von Hertha BSC zur Hälfte bei norwegischen institutionellen Investoren platziert worden. Früher sei Fußball nur ein Thema für private Anleger gewesen, in der Regel Fans. Das habe sich offenbar geändert, auch wenn die Risiken eines Fußballvereins ja völlig anders geartet sind. Kein Mangel an InvestorenIrgendwann hofft Weiler auch wieder hiesige Mittelständler an die Börsen zu begleiten – zur Not auch in Skandinavien, wo es an Investoren nicht mangelt. Die schwedischen Pareto-Kollegen seien extrem gut bei Börsengängen und Kapitalerhöhungen: “Sie verstehen gar nicht, wieso IPOs in Deutschland trotz der vielen tollen Unternehmen so mühsam zu platzieren sind.”