HSH NORDBANK VOR DER PRIVATISIERUNG - IM INTERVIEW: PETER TSCHENTSCHER

"Wir machen da einen klaren Schnitt"

Hamburgs Finanzsenator: Käufer der HSH tragen mit Vollzug des Verkaufs alle Risiken aus Geschäftsbetrieb

"Wir machen da einen klaren Schnitt"

Seit 2011 ist der gelernte Arzt Peter Tschentscher Finanzsenator von Hamburg. Der 52 Jahre alte SPD-Politiker hat das HSH-Verkaufsverfahren eng begleitet.- Herr Dr. Tschentscher, die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein verkaufen ihre Mehrheitsanteile an der HSH Nordbank an ein Konsortium von Finanzinvestoren. Wie beurteilen Sie das Ergebnis des Verkaufsverfahrens?Es ist ein gutes Ergebnis. Viele haben es nicht für möglich gehalten, dass ein Verkauf der Bank als Ganzes zu einem positiven Kaufpreis gelingen kann. Jetzt arbeiten wir daran, dass alle Voraussetzungen für den Vollzug des Vertrages erfüllt werden.- Warum ist ein Verkauf der Bank besser als eine Abwicklung, gerade auch für die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein?Eine Abwicklung wäre mit zusätzlichen Kosten und neuen Risiken – nicht nur für die Länder – verbunden. Es besteht noch immer ein Rest an Gewährträgerhaftung von rund 3 Mrd. Euro, für die wir bei einer Abwicklung einstehen müssten. Bei einer erfolgreichen Fortführung der Bank durch neue Eigentümer können diese zusätzlichen Kosten vermieden und viele Arbeitsplätze erhalten werden. Darüber hinaus erhalten wir einen Kaufpreis von 1 Mrd. Euro.- Die Länder mussten die HSH Nordbank 2009 mit frischem Kapital über 3 Mrd. Euro und einer Zweitverlustgarantie von 10 Mrd. Euro retten. Wie fällt nun die Gesamtrechnung aus?Positiv zu Buche schlagen der Kaufpreis und die bereits gezahlten Garantieprämien der Bank. Die Kosten der Länder aus den früheren Geschäften der HSH sind aber insgesamt sehr hoch. Sie belaufen sich – je nachdem welche Beträge Sie einbeziehen – auf rund 10 bis 14 Mrd., die sich die Länder teilen müssen. Die Schlussrechnung hängt auch davon, ob wir noch Verluste aus den 2016 von der HSH Portfoliomanagement AöR übernommenen Schiffskrediten erleiden. Durch die Privatisierung können wir aber den Schaden so gering wie möglich halten.- Der Kaufpreis sagt wenig darüber aus, ob es sich um ein gutes Geschäft für die bisherigen Ländereigner handelt. Wie sehen die Nebenabreden aus und wie bewerten Sie sie?Der Kaufpreis von 1 Mrd. Euro gilt für die rund 95 % Anteile, die die Länder zu verkaufen haben. Er kann sich nur noch um den Betrag verringern, den wir bei einer Beendigung der 10-Mrd.-Euro-Garantie nicht auszahlen. Das ist dann für die Länder aber wirtschaftlich neutral. Weitere Kaufpreisanpassungen sind nicht vereinbart, auch nicht, wenn die Geschäfte der HSH in den Monaten bis zum Vollzug des Kaufvertrags schlechter laufen als geplant. – Welche Risiken werden von den Käufern übernommen, welche verbleiben bei den Ländern?Wir machen da einen klaren Schnitt. Mit dem Closing übernimmt der Käufer sämtliche Risiken aus dem Geschäftsbetrieb der Bank. – Was geschieht mit den Pensionslasten?Grundsätzlich haftet die HSH Nordbank für alle von ihr zugesagten Pensionsverpflichtungen. Diese Haftung wird auch für einen Rechtsnachfolger – den Käufer – gelten, der nach Closing in alle Rechten und Pflichten der HSH Nordbank eintritt.- Was kommt über die Gewährträgerhaftung für Verbindlichkeiten auf die Gewährträger zu?Grundsätzlich kann es noch zu einer Inanspruchnahme aus der verbliebenen Gewährträgerhaftung kommen. Das ist bei einer erfolgreichen Privatisierung aber nicht wahrscheinlich. Deshalb ist es auch sehr in unserem Interesse, dass die Tragfähigkeit und Lebensfähigkeit des Geschäftsmodells der neuen Eigentümer von der EU-Kommission und der Bankenaufsicht geprüft und bestätigt werden. Solange die HSH Nordbank besteht, müssen die Länder auch nicht einspringen.- Mit welchen Kosten ist das Verkaufsverfahren verbunden?Das gesamte Beihilfeverfahren und die Privatisierung werden von erfahrenen Wirtschaftsprüfern und Rechts- und Unternehmensberatern begleitet. Das kostet durchaus einen zweistelligen Millionenbetrag, der aber nicht allein durch die Privatisierung entsteht. Es stehen für die Länder Milliarden im Risiko, deshalb brauchen wir hochprofessionelle Unterstützung. Zum ersten Mal überhaupt wird eine deutsche Landesbank privatisiert und damit eine Abwicklung mit unvorhersehbaren Risiken abgewendet. – Wie verarbeitet Hamburg die Lasten? Welche Folgen ergeben sich für den Landeshaushalt? Wann wird die HSH Nordbank für die Länder in der finanziellen Aufarbeitung Geschichte sein?Hamburg wird seinen Teil der Rechnung bezahlen. Wir haben das seit langem in der Finanzplanung berücksichtigt. Durch die gute Entwicklung der Haushaltslage mit fast 1 Mrd. Überschuss allein im vergangenen Jahr 2017 sind wir in der Lage, die zusätzlichen Schulden aus der HSH-Nordbank-Krise schrittweise zu tilgen und zugleich weiterhin eine sehr gute Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben und der erforderlichen Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. – Hamburg und Schleswig-Holstein haben künftig keine eigene Landesbank mehr. Was bedeutet das für die Wirtschaft und die Unternehmensfinanzierung in den beiden Ländern? Wenn die Privatisierung gelingt, steht den Unternehmen weiterhin ein starker Finanzierungspartner zur Verfügung. Das ist für Hamburg als eine der stärksten Wirtschaftsmetropolen Europas eine gute Perspektive.—-Das Interview führte Carsten Steevens.