"Wir sind die Transparenzmaschine"
Die Handelsplattform Tradeweb zieht um: Wegen der EU-Ausstiegspläne verlagert das Unternehmen das Europageschäft von London nach Amsterdam. Dort bildet sich nach Einschätzung des Leiters des Europa- und Asiengeschäfts ein Zentrum für elektronische Handelsplattformen und Handelsfirmen heraus. Von Dietegen Müller, FrankfurtDie elektronische Handelsplattform Tradeweb bereitet sich auf ein herausforderndes Umfeld im Zusammenhang mit dem Brexit vor, sagt Enrico Bruni, Head of Europe and Asia, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das Europageschäft wird bislang aus London heraus gesteuert, wegen des Brexit zieht Tradeweb mit seinem EU-Geschäft jedoch nach Amsterdam. Im Januar hat die Gesellschaft für das dortige Geschäft die Erlaubnis der niederländischen Finanzaufsicht erhalten. “Wir wollen unabhängig vom Ausgang des Brexit weltweit erreichbar sein”, sagt Bruni.Für Amsterdam habe den Ausschlag gegeben, dass sich dort ein Zentrum von elektronischen Handelsplattformen und Handelsfirmen herausbildet – unter anderem hat sich dort auch die CME die Plattform Brokertec für Wertpapierpensionsgeschäfte (Repos) angesiedelt (vgl. BZ vom 1.12.2018). Im Fall eines harten Brexit befürchtet der Handelsplattformbetreiber eine Aufspaltung der Märkte, was die Versorgung mit liquiden Mitteln erschwert. Generell würden zudem durch die notwendigen Verlagerungen von Geschäftsbereichen in die verbleibende EU die Kosten für die Handelsteilnehmer steigen. Längerfristig könne dies aber durch eine Steigerung der Effizienz womöglich wieder ausgeglichen werden.Bruni setzt dabei auf eine weitere Elektronifizierung des europäischen Fixed-Income-Handels. “Es gibt hier viel Raum”, sagt der Manager. Die europäische Finanzmarktrichtlinie Mifid II, die seit Anfang 2018 in Kraft ist, trage dazu bei. Nach Einschätzung von Marcus Schüler, der als Head of Regulatory Affairs & Market Structure bei Tradeweb arbeitet, hat Mifid II das gesteckte Ziel erreicht, dass mehr Handel elektronisch abgewickelt wird.Tradeweb zufolge werden Swaps in der EU inzwischen zu gut 30 % elektronisch gehandelt, womit die EU allerdings noch deutlich hinter den USA zurückliegt, die auf einen gut doppelt so hohen Anteil kommen. “Das Vordringen des elektronischen Handels ist aber nicht nur auf die Handelspflicht zurückzuführen, sondern auch auf weitere Mifid-II-Regeln wie Berichtspflichten und die Vorgaben zur Best Execution”, sagt Schüler. Bruni spricht davon, dass Handelsplattformen wie Tradeweb einem wichtigen Anliegen der Regulatoren entgegenkommen: “Wir sind die Transparenzmaschine”.Tradeweb hat schon im Jahr 2000 ein Büro in Europa eröffnet und zunächst elektronische Märkte im Fixed-Income-Geschäft angeboten. Inzwischen deckt die Plattform Staats- und Unternehmensanleihen, Covered Bonds, Kreditausfallversicherungen und Zinsswaps sowie auch Aktienderivate an. Die Plattform verbindet institutionelle Kunden mit ihren Marktmachern über eine sogenannte Request-for-Quote-Plattform, sagt Bruni.Die Wachstumsstrategie liege dabei auf organischem Wachstum sowie globalen Partnerschaften. Zudem investiere die Gesellschaft gezielt in bestimmten Bereichen, etwa in der automatisierten Ausführung von Aufträgen (Automated Intelligent Execution). Ein Handelstisch setze dabei die Parameter fest, unter denen er Transaktionenausführen möchte, und diese Aufträge werden dann auf der Plattform automatisch ausgeführt. “In Staatsanleihen und Credit ist dies eher ein Effizienzinstrument und wird für kleinere Volumina genutzt, im Derivatemarkt werden darüber auch große Volumen ausgeführt”, sagt Bruni. Deutsche Investoren seien hier bereits “ziemlich aktiv”, sie stellten rund 12 % des Handelsumsatzes. Deutschland mag ETFsZudem komme aus Deutschland Wachstum aus dem Bereich von börsengehandelten Fonds (ETFs). “Das ETF-Geschäft ist der größte Wachstumstreiber”, sagt Bruni. Potenzial sieht er auch im Repo-Geschäft. Dieser Produktbereich sei im Jahr 2015 neu aufgesetzt worden und wachse sehr gut. Meist handle es sich hier um bilaterales Geschäft zwischen Broker-Dealern und Buyside-Adressen.Tradeweb hat nach eigenen Angaben gut 2500 Kunden und bietet den Handel in über 40 Produkten in über 60 Ländern weltweit an. Im vergangenen Jahr habe der täglich gehandelte Nominalwert im Schnitt bei 540 Mrd. Dollar gelegen, heißt es. Im Januar betrug das im Durchschnitt täglich gehandelte Nominalvolumen in Staatsanleihen in Europa knapp 22 Mrd. Dollar und in Euro-Credits 1,3 Mrd. Dollar.