Im InterviewGiulio Terzariol, Allianz

„Wir sind sehr gut unterwegs zu unseren Jahreszielen“

Der Allianz-Finanzvorstand erwartet in den kommenden Monaten weitere positive Effekte aus den Erhöhungen der Tarife. Giulio Terzariol erklärte zudem, man habe die Solvency II-Sensitivitäten gesenkt. Mit dem Ergebnis im ersten Quartal sieht sich die Allianz auf Weg zum Jahresziel.

„Wir sind sehr gut unterwegs zu unseren Jahreszielen“

Im Interview: Giulio Terzariol

„Wir sind sehr gut unterwegs zu unseren Jahreszielen“

Der Allianz-Finanzvorstand über höhere Preise in der Sachversicherung, die Krisenfestigkeit des Versicherers und die Umstellung auf IFRS 9/17

Michael Flämig, München

Der Allianz-Finanzvorstand erwartet in den kommenden Monaten weitere positive Effekte aus den Erhöhungen der Tarife. Giulio Terzariol erklärte zudem, man habe die Solvency-II-Sensitivitäten gesenkt. Mit dem Ergebnis im ersten Quartal sieht sich die Allianz auf Weg zum Jahresziel.

Herr Terzariol, die Sachversicherung läuft auf Hochtouren. Wird dies in den kommenden Quartalen anhalten?

Ich bin sehr zuversichtlich. Wir haben viele Veränderungen angestoßen, damit wir der Inflation standhalten können.

Wie wirkt sich dies im Zeitablauf aus?

Alle bereits umgesetzten Maßnahmen realisieren sich schrittweise, so dass in den kommenden Monaten weitere positive Effekte zu erwarten sind. Schließlich werden die Beiträge über die Zeit verdient. Dies können Sie auch im ersten Quartal erkennen: Die Erhöhungen der Tarife sind ausgeprägter als im Jahr 2022. Im Zeitablauf wird es also immer einfacher, wenn man so will. Wir sind sehr gut unterwegs zu unseren Jahreszielen.

Inflation ist also für die Allianz kein großes Thema?

Natürlich gibt es viele Effekte. Aber für die Schaden- und Unfallversicherung ist es wichtig, dass die Höhe der Preissteigerungen relativ stabil ist. Ein Problem würde dann entstehen, wenn die Inflation steigen würde. Da dies nicht der Fall ist, können wir die Entwicklung gut einschätzen. In der Konsequenz beträgt das gesamte, um Währungs- und Konsolidierungseffekte bereinigte Wachstum der Sparte im ersten Quartal 11,1%.

Das darin enthaltene Volumenwachstum ist ja mit 5% ebenfalls hoch.

Das stimmt. Allerdings wird dies stark von einzelnen Einheiten getrieben, wie vor allem von der Assistance-Gesellschaft Allianz Partners, aber auch von der Industrieversicherung AGCS und von dem Kreditversicherer Allianz Trade. In allen anderen Einheiten speisen primär die höheren Preise das Wachstum.

Die Preise in der Rückversicherung sind ebenfalls stark gestiegen. Verringert die Allianz ihre Absicherung?

Im Gegenteil. Wir haben unser Programm eigentlich mehr oder weniger stabil gehalten, vielleicht haben wir sogar zugelegt. Im Bereich Naturkatastrophen ist unsere Absicherung zwar mehr oder weniger unverändert, dafür aber haben wir beispielsweise bei anderen Risiken in der Sachversicherung und auch in der Cyberversicherung etwas mehr Deckung eingekauft als im Vorjahr.

Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte hat angekündigt, die Allianz solle krisenfester werden. Was ist geplant?

Wir arbeiten an den Eigenmittel-Sensitivitäten auf externe Schocks, beispielsweise auf einen Einbruch der Aktienmärkte. Diese Solvency-II-Sensitivitäten der Allianz sind allerdings relativ zur innewohnenden Volatilität von Solvency II mittlerweile recht niedrig. Wir haben allerdings die Ambition, diese Sensitivität noch etwas zu senken. Aber wir befinden uns schon auf dem Niveau der Wettbewerber.

Sieht dies auch der Kapitalmarkt so?

Die Investoren müssen sich vielleicht noch an die neue Lage bei der Allianz gewöhnen. Das Problem ist manchmal mehr die Wahrnehmung als die Realität.

Was meint Herr Bäte dann mit Krisenfestigkeit?

Wir müssen auch auf nicht finanzielle Risiken besser vorbereitet sein. Im Vorstand widmen wir diesem Thema viel Zeit. Denn während man finanzielle Risiken gut messen kann, ist das bei nicht finanziellen Risiken schwieriger.

Zur Umstellung von IFRS 4 auf IFRS 9/17: Der operative Gewinn 2022 wäre in der neuen Rechnungslegung um 350 Mill. Euro niedriger ausgefallen als tatsächlich berichtet. Wie erklärt sich dies?

Diese Zahl verdient eine genauere Analyse. Der Dreh- und Angelpunkt der Veränderungen ist die Lebensversicherung. Wenn unsere US-Tochter Allianz Life auch im Vorjahr mit dem neuen Standard bilanziert hätte, hätte sie eine andere Hedging-Strategie gewählt – die für IFRS 9/17 statt für IFRS 4 optimiert gewesen wäre. Dies hätte das normalisierte operative Ergebnis um 600 Mill. Euro erhöht. Also wäre das Ergebnis im Jahr 2022, wenn man die Differenz von 350 Mill. Euro berücksichtigt, unter IFRS 9/17 sogar 250 Mill. Euro höher ausgefallen als unter IFRS 4.

Muss die Allianz sich also in der neuen Rechnungslegungswelt weniger anstrengen, um ihre Prognose 2023 für das operative Ergebnis zu erreichen?

Rein theoretisch etwas weniger, aber seien Sie versichert: Wir strengen uns immer sehr an.

Die Allianz hat tatsächlich im ersten Quartal schon 26% des Prognose-Mittelwertes von 14,2 Mrd. Euro erreicht – also mehr als eigentlich notwendig.

Der operative Gewinn im ersten Quartal ist, wenn die Zinsen unverändert bleiben, wirklich schon eine gute Indikation für den erwarteten Jahresgewinn.

Das Interview führte Michael Flämig.

Giulio Terzariol ist seit Anfang 2018 CFO. Der 51-jährige Italiener arbeitet seit dem Jahr 1998 bei der Allianz.