IM GESPRÄCH: MARJAN DELATINNE, GLOBAL HEAD OF BANKING, RIPPLE

"Wir sind nicht mehr im Sandkasten-Stadium"

Der Zahlungsabwicklungsanbieter will mit dem Einsatz der virtuellen Währung Ripple den Liquiditätsbedarf im Bankensystem senken

"Wir sind nicht mehr im Sandkasten-Stadium"

Von Dietegen Müller, FrankfurtDas US-Technologieunternehmen Ripple ist überzeugt, in der Abwicklung globaler Zahlungsverkehrsströme eine wichtige Rolle zu spielen. Anders als die IT-Genossenschaft Swift sei Ripple nicht nur in der Nachrichten-Ebene aktiv, sagt Marjan Delatinne, Global Head of Banking von Ripple, im Gespräch. “Wir machen auch die Abwicklung, und dies in Echtzeit.” Das Liquiditätsmanagement des einen Ripple-Produkts sieht dabei ganz herkömmlich eine Refinanzierung von Nostrokonten der Korrespondenzbank in Zentralbankgeld vor. In einer Variante davon läuft der Zahlungstransfer in der Ripple-Währung XRP ab, sagt Delatinne, die im belgischen Löwen Psychologie studiert hat: “Unsere Vision mit XRP ist eine Nutzung im Unternehmensbereich.” Die Frage sei, wie dadurch der Bedarf an Liquidität, die im bisherigen Korrespondenzbankensystem vorgehalten werden muss und nach “offiziellen” Schätzungen global rund 3 Bill. Dollar ausmacht, verringert werde. XRP könne dazu beitragen, indem es als “Brückenwährung” eingesetzt werde, so Delatinne, die bis 2017 für das Global-Payments-Innovation-Projekt von Swift gearbeitet hat. “XRP liegt komplett außerhalb der Bankbilanz.” Damit entsteht ein Exposure “von nur wenigen Sekunden gegenüber einer anderen Währung”. Die Umrechnung erfolge auf Basis von Kryptohandelsplattformen. Ripple ist Mitglied bei 50 Plattformen, plant aber nicht, eine eigene Plattform im eigenen System aufzubauen. “Wir wollen XRP nicht kontrollieren, sondern die Liquidität soll im offenen Markt bleiben, damit dies für die Nutzer attraktiv ist.”Derzeit würde zwar noch keine Bank XRP als Brückenwährung nutzen. Es gebe aber Pilotprojekte. “Wir sehen aber steigendes Interesse von großen Zahlungsabwicklungsunternehmen wie Moneygram, Western Union oder Fedex”, sagt Delatinne. Diese haben viele Konten in verschiedensten Ländern und möchten die damit verbundenen Liquiditätskosten senken. Die Ripple-Managerin fügt an: “Unser Netzwerk ist seit Juni 2017 aufgeschaltet. Wir sehen mehr und mehr reale Geschäftsanwendungen. Wir sind nicht mehr im Sandkasten-Stadium.” So habe die skandinavische SEB Bank im konzerneigenen Verbund Blockchain-Transaktionen zwischen New York und Stockholm durchgeführt. “Wir haben hier inzwischen eine Ticketgröße von bis zu 1 Mrd. Dollar pro Zahlung erreicht.” Gespräche mit ReisebankZudem gibt es eine Kooperation zwischen Ripple und SBI Remit, die zur Softbank-Gruppe gehört. Darüber senden thailändische Angestellte in Japan Geld nach Thailand. Mit der DZ-Bank-Tochter Reisebank hat Ripple ebenfalls ein Projekt am Laufen. “Wir sind nun daran, das Geschäftsmodell dafür zu präzisieren”, sagt die Ripple-Managerin. Die Dynamik für Ripple scheint derzeit aber vor allem in Schwellenländern zu spielen. “Wir erwarten in diesen Regionen einige neue Projekte”, so Delatinne. “Wir unterzeichnen derzeit jede Woche eine Vereinbarung mit einer Bank.” Dabei gebe es jedoch strikte Vertraulichkeit. Es gehe auch um “große Adressen” in Europa und in Schwellenländern. Jüngste Beispiele neuer Kooperation sind jene mit ItauBank in Brasilien, IndusInd in Indien und InstaReM in Singapur. In China strebt Ripple über den Zahlungsabwickler LianLian in das E-Commerce-Geschäft. “Das ist ein Einstiegspunkt in einen Bereich mit enormem Wachstumspotenzial.” LianLian wolle die Ripple-Lösung für Echtzeitabwicklung von E-Commerce-Zahlungen nutzen. Dabei werde Xcurrent genutzt, eine Lösung, die zwischen den Banken, ohne Digitalwährung funktioniert. “Wir sind aber mit vielen Banken in China in Gesprächen”, so Delatinne. Daneben gibt es auch eine Lösung, die verschiedene Zahlungsnetzwerke verbinden kann. “Grundsätzlich wären wir auch offen gegenüber einem Netzwerk wie Swift oder etwa dem Echtzeitzahlungssystem Tips der Europäischen Zentralbank, sollte die Finanzgemeinschaft das wünschen”, sagt Delatinne. Ripples Vorteile würden sich in Heimatmärkten ebenso wie in Cross-Border-Transaktionen ausspielen lassen, da Echtzeit-Clearing auch für einen geschlossenen Markt attraktiv sein könne: “Wichtig ist die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen.”