IM GESPRÄCH: THIES CLEMENZ, CACEIS

"Wir wollen unseren Kunden den Schmerz gerne nehmen"

Der Managing Director für Deutschland des Asset-Servicing-Anbieters über die Blockchain, T2S und aufwendige neue Regulierung

"Wir wollen unseren Kunden den Schmerz gerne nehmen"

Von Dietegen Müller, FrankfurtDie Verwahrung von Wertpapieren ist stärker in den regulatorischen Fokus geraten. Dies zwingt den Markt zu womöglich kostspieligen Anpassungen. Hinzu kommt, dass das Niedrigzinsumfeld Herausforderungen bringt. Bei den Verwahrgesellschaften lägen diese vor allem im Treasury-Bereich, sagt Thies Clemenz vom Asset-Servicing-Unternehmen Caceis, das zur französischen Großbank Crédit Agricole gehört, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Effizienzdruck in dem Geschäft steigt dadurch. Das Verständnis im Markt für große Margenaufschläge bei Negativzinsen sei begrenzt, sagt der Managing Director: “Wir müssen versuchen, durch Effizienzgewinne den Margendruck aufzufangen, das wird morgen nicht vorbei sein”. Kritische Größe sei zwingend.Caceis soll mit dem Verwahrgeschäft der spanischen Großbank Santander zusammengelegt werden. “Diese geplante Transaktion wird unsere europäische Abdeckung sehr gut ergänzen und uns eine Expertise auf potenzialträchtigen Märkten in Europa sowie außereuropäisch bringen”, sagt Clemenz. “Zudem können wir unsere Position als einer der führenden europäischen Asset Servicing Provider weiter stärken.” Für die Kunden in Deutschland bedeute dies – zusätzlich zur Übernahme der Kas Bank – dass die Reichweite und das Kundenangebot erweitert würden. Crédit Agricole und Santander seien “zwei sehr solide Finanzgruppen”. Alternative Assets im BlickWachstum erhofft sich Clemenz vor allem in der Verwahrung von alternativen Anlageklassen – so habe man große Erfahrung im Immobilienbereich. Clemenz verweist etwa auf Private Equity, Infrastruktur, Luftfahrt und erneuerbare Energien. Zu Krypto-Assets äußert sich Caceis nicht. Das Unternehmen ist aber die Verwahrstelle für einen vom französischen Assetmanager Tobam aufgelegten Kryptofonds.Neue Technologien sind für Caceis grundsätzlich ein Thema. So testet das Unternehmen in Frankreich eine Blockchain-Lösung, die sich auf die Finanzierung von klein- und mittelgroßen Unternehmen (KMU) ausrichtet. “Das Projekt ist in der Pilotphase und hat Zukunft, weil der Zugang für KMU zu Kapital in Europa schwierig ist”, sagt Clemenz. Doch sei nicht geplant, diese Dienstleistung auch im deutschen Markt – der von vielen Mittelständlern geprägt ist – anzubieten.Caceis habe hierzulande kein Emissionsgeschäft, sagt Clemenz, der zugleich betont, Deutschland sei in Hochtechnologie oft kein “First Mover, sondern ein Follower”. Generell ist er Blockchain-Lösungen gegenüber zurückhaltend eingestellt. “Die Sicherheit dezentraler Datenbanktechnologien ist noch zu wenig bewiesen. Es gibt Beispiele, dass sich auch die Blockchain manipulieren lässt.” Aber der umständliche Matching- und Clearing-Prozess falle weg.Clemenz kann sich den Anwendungsfall “Transfer-Agent” gut vorstellen, also etwa im Übertrag von Fondsanteilen. “Vermutlich kann sich die Blockchain im Markt durchsetzen, wenn ein großer Marktteilnehmer, etwa eine Börse, damit beginnt, mit ihren Handelspartnern darüber zu handeln.” Die Initiativen der Deutschen Börse in diesem Bereich könnten “durchaus so ein Katalysator sein”. Aber die alten IT-Systeme der Banken lebten weiter – Blockchain werde als eine Art “Fly-over” benutzt. T2S noch ohne KostenvorteilEine Effizienzsteigerung – und damit verbunden niedrigere Kosten – wären im Interesse des Marktes. Dies gelte gerade auch für die Kundenseite, sagt Clemenz: Wertpapierabwicklung sei ein teurer und komplexer Prozess. Die Nachfrage nach einer Verschlankung der Settlementprozesse habe stark zugenommen, insbesondere auch auf der Investmentbankseite. Perspektivisch seien auch Vereinfachungen im Management von Collateral (hinterlegte Sicherheiten) und bei Corporate Actions (Kapitalmaßnahmen) ein großes Thema, beides für die Banken sehr personalaufwendige Bereiche.Clemenz vermag aber noch keine greifbaren Kostenersparnisse durch die europäische Wertpapierabwicklungsplattform T2S für seine Kunden auszumachen. Caceis hat die Settlement-Prozesse komplett auf T2S umgestellt. Der deutsche Markt ist über den Zentralverwahrer Clearstream seit 2017 angebunden.Die Vorlaufkosten im Markt für die T2S-Anbindung wurden auf 1,5 Mrd. Euro geschätzt. Anfang dieses Jahres sind zudem die T2S-Settlement-Gebühren erhöht worden. “Die Kostenvorteile aus T2S kommen bestimmt noch”, so Clemenz. “Wir sehen eigentlich noch keine Kostensenkungen.” Durch ein neues Angebot von Clearstream – die One-Clearstream-Lösung – brauche es keine direkte Anbindung mehr an die einzelnen Märkte. Es reiche der Zugang etwa über Clearstream Banking Frankfurt. Unter One-Clearstream wurden die Abwicklungssysteme des internationalen Zentralverwahrers, Cascade und Creation, zusammengelegt.Der Nutzen liege im Zugang zu T2S, zu Eurobonds und den globalen Märkten, heißt es. Dies führe zu einer Vereinfachung der Abwicklungsprozesse: “Eine Marktanbindung weniger ist für uns und die Kunden nicht zu unterschätzen”, betont Clemenz. Allerdings habe er noch keine volle Transparenz darüber, wie sich dies kostenmäßig auswirken werde und wie effizient die Settlementprozesse dann wirklich sind. Mehr Transparenz gefragtAls neues, aufwendiges Thema kommt für den Markt die Verordnung über Transparenz in Wertpapierfinanzierungsgeschäften (SFTR) hinzu. Clemenz meint: “Der akademische Zweck dieser Verordnung ist zu begrüßen, denn es ist momentan schwer nachvollziehbar, wo sich in der Weiterreichung von Collateral Klumpenrisiken bilden.” Je mehr sich Märkte vernetzten, desto mehr gebe es Beziehungen zwischen Banken und den von den Regulatoren nicht erfassten Schattenbanken.Die SFTR diene der Identifizierung der großen Marktteilnehmer, wer den Markt bewege und wo die Klumpenrisiken liegen, so Clemenz. “Wir rechnen damit, dass im Juli Klarheit besteht, wie die technische Umsetzung ablaufen soll.” Die Datenmengen, die gemeldet werden müssten, seien dabei “ausgesprochen umfangreich” und müssten pünktlich zur Verfügung gestellt werden. Clemenz geht davon aus, dass dies hauptsächlich über externe Dienstleister wie Caceis laufen wird: “Wir wollen unseren Kunden diesen Schmerz gerne nehmen.” Die Umsetzungskosten von SFTR vermag der Abwicklungsexperte nicht zu beziffern, sie dürften aber “beträchtlich” sein.Im Rahmen der SFTR verbessere sich auch das Umfeld für Collateral Management, was für die größeren Marktteilnehmer im Markt ein Thema sei. Clemenz denkt laut darüber nach, den Prozess im Collateral Management zu vereinfachen, weil der tägliche Datenaustausch und die Beobachtung der Positionen – etwa die tägliche Marging-Berechnung – für alle Seiten aufwendig sei. “Wenn wir hier Blockchain-Lösungen finden würden, würde ich die gerne einsetzen”.Vorerst treibt den Markt und auch Caceis aber noch ein weiteres Thema um. Die Zentralverwahrer-Verordnung CSDR sieht die Einführung von Strafgebühren bei fehlgeschlagenen Abwicklungen vor. Bei sogenannten “Failed Settlements” müsse die Partei, welche die Stücke nicht liefere, eine Strafgebühr zahlen, die über den Verwahrer abgerechnet wird. Ziel ist es, die Abwicklungsdisziplin zu verstärken. “Jedes nicht gesettelte Geschäft verschlingt nach einiger Zeit erheblich Kapital und erheblichen Monitoringaufwand, dieses Geschäft zu schließen.” Auf glühenden KohlenDie genauen Implementierungsanforderungen seien aber noch nicht vollständig bekannt. “Das Go-live des Buy-in-Regimes sowie der Verrechnung von Strafgebühren ist im September 2020, was nach viel Zeit klingt. Wenn man sich aber anschaut, wie umfangreich die Anpassungen sind, bleibt nicht viel übrig. Daher sitzen wir etwas auf glühenden Kohlen, um zu verstehen, wie die Regulierung technisch umgesetzt wird.” Die Lösung müsse durchgehend marktgängig sein, es brauche gemeinsame Datenformate und Standards, um die Informationen interpretieren und auswerten zu können: “Wir rechnen hier mit einem nicht unerheblichen Umsetzungsaufwand.” Bei den Kunden, insbesondere im Maklerbereich, aber auch bei Börsen, sei er erheblich.