Wirbel um Chinas einzige private Großbank
Von Norbert Hellmann, SchanghaiAbrupte Führungswechsel sind bei Chinas Großbanken eine Seltenheit. Nun lässt die Nachricht aufhorchen, dass der Chef des siebtgrößten Kreditinstituts Chinas das Haus verlassen hat: Einer Mitteilung der Minsheng Banking Corp. zufolge ist Mao Xiaofeng aus “persönlichen Gründen” ausgeschieden. Kurz zuvor hatte es Berichte in chinesischen Medien gegeben, dass der Bankchef vor die Disziplinarkommission der chinesischen Einheitspartei geladen wurde und damit in einem Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsvergehen steckt. Sein Vorgänger und jetziger Chairman der Bank, Hong Qi, wird nun wieder die operative Verantwortung übernehmen.Minsheng ist insofern ein Sonderfall, als es sich um das einzige größere Bankinstitut in China handelt, das nicht von der Zentralregierung, einer regionalen oder lokalen Gebietsverwaltung oder aber von einem staatlichen Unternehmenskonglomerat mehrheitlich kontrolliert wird. Die Bank war Mitte der neunziger Jahre einer kurzen Experimentierphase der chinesischen Regierung in Sachen Zulassung von privatem Kapital für Bankengründungen entsprungen. Mäßige KursreaktionAm Montag reagierte die Minsheng-Aktie mit einem Rückgang in Schanghai um gut 3 %. Allerdings standen am Montag chinesische Finanzwerte in einem schwachen Aktienmarkt generell unter Druck, so dass die Aktie nicht aus der Reihe gefallen ist. Analysten betonen, dass der Wechsel des Bankchefs wenig Einfluss auf das operative Geschäft des hochprofitablen Instituts haben dürfte. Gleichzeitig scheint auch eine Veränderung im Aktionärskreis des Instituts für eine Unterstützung zu sorgen.So stellt sich heraus, dass ein aufstrebender chinesischer Versicherer namens Anbang Insurance seit dem 26. Januar und damit zu dem Zeitpunkt, da Mao Xiaofeng effektiv ausgeschieden sein dürfte, eine wesentlich auf 19 % aufgestockte Beteiligung an Minsheng Bank hält.Im Dezember hatte Anbang zur Überraschung von Marktteilnehmern mitgeteilt, über eine Reihe von Untergesellschaften insgesamt mit 10 % an Minsheng beteiligt zu sein. Seitdem kursieren Gerüchte, dass Anbang sukzessive nach einer mehrheitlichen Kontrolle bei Minsheng trachtet. Anbang Insurance ist in den vergangenen Monaten durch einen bunten Strauß von Akquisitionen aufgefallen, der Analysten zufolge noch keine klare Strategie erkennen lässt. Schlagzeilen machte die Gesellschaft mit einer riesigen Immobilientransaktion, nämlich dem Erwerb des von Hilton Worldwide Holdings zum Verkauf gestellten traditionsreichen New Yorker Luxushotels Waldorf Astoria für knapp 2 Mrd. Dollar. Im chinesischen Immobilienmarkt stockte Anbang eine Beteiligung an dem Pekinger Immobilienentwickler Financial Street Holdings von 10 auf 20 % auf.Anbang zeigt aber auch Ambitionen, im europäischen Markt Fuß zu fassen, ein für chinesische Versicherer eher ungewöhnliches Vorgehen. Im Dezember kündigte Anbang an, Delta Lloyd Banking Belgium, eine Tochter des niederländischen Versicherers Delta Lloyd für knapp 220 Mill. Euro zu übernehmen. Zuvor soll Anbang den belgischen Versicherer Fidea für einen nicht genannten Betrag erworben haben.