Angebliche Zahlungsempfängerin leugnet Kontakt nach Deutschland

Wirecard-Zahlungsflüsse bleiben Mysterium

Im Wirecard-Prozess ist am Mittwoch die Thailänderin Jongkolnee Rothab als Zeugin vernommen worden. Der Name der Verkäuferin taucht in Kontoauszügen und anderen Dokumenten als Empfängerin angeblicher Zahlungen auf.

Wirecard-Zahlungsflüsse bleiben Mysterium

Wirecard-Zahlungsflüsse bleiben Mysterium

Landgericht München vernimmt thailändische Zeugin per Videoschalte

dpa-afx München

In dem seit mehr als einem Jahr verhandelten Wirecard-Prozess bleibt die zentrale Frage rätselhaft, welche Täter wie viel Geld auf die Seite schafften oder erdichteten. Am Mittwoch vernahmen die Münchner Richter zum ersten Mal in dem seit über 13 Monaten andauernden Prozess per Videoübertragung eine Zeugin in Thailand. Die 32-jährige Jongkolnee Rothab saß in einem Konferenzraum der thailändischen Generalstaatsanwaltschaft in Bangkok, ihre Aussage wurde auf eine Leinwand in den Münchner Gerichtssaal übertragen.

„Niemals Direktorin“

Der Name der Zeugin taucht zwar in verschiedenen Wirecard-Dokumenten und auf Kontoauszügen auf. Doch die Verkäuferin erklärte, weder Wirecard zu kennen noch Ex-Wirecard-Chef Markus Braun, seine zwei Mitangeklagten, andere ehemalige Wirecard-Mitarbeiter oder überhaupt jemanden aus Deutschland. „Das ist nicht meine Unterschrift“, sagte die junge Frau laut Dolmetscher mehrfach zu den vorgehaltenen Dokumenten. Den Unterlagen zufolge war sie ehedem Direktorin eines Unternehmens, an das Wirecard-Gelder geflossen sein könnten. „Nein“, antwortete sie auch auf die Frage des Vorsitzenden Richters Markus Födisch, ob sie jemals Direktorin irgendeines Unternehmens gewesen sei.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

In dem Prozess, der sich voraussichtlich mindestens bis Ende des Jahres ziehen wird, beschuldigen sich Braun und Bellenhaus gegenseitig: Laut Bellenhaus war Braun maßgebliches Mitglied der Wirecard-Betrügerbande. Braun zufolge waren Bellenhaus, der untergetauchte Vertriebsvorstand Jan Marsalek und deren Komplizen die wahren Täter, die ohne Wissen des Vorstandschefs Unsummen an Firmengeldern veruntreuten.

Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm beschuldigte anschließend Bellenhaus, seine Aktivitäten mittels „Strohfrauen“ verdeckt zu haben: „Ich glaube, dass die Zeugin Rothab infolge einer Totalfälschung in die Unterlagen gekommen ist.“

3,1 Mrd. Euro Schaden

Braun, Bellenhaus und der ehemalige Chefbuchhalter Stephan von Erffa sind wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt. Laut Anklage sollen sie seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Mrd. Euro geschädigt haben. Kommende Woche will die Kammer erstmals einen Manager aus Südostasien in Person vernehmen.

Die strafrechtliche Aufarbeitung des Bilanzskandals um den früheren Dax-Konzern ist einer der größten Wirtschaftsstrafprozesse der Nachkriegsgeschichte. Mitte Dezember erhob die Staatsanwaltschaft München auch gegen Burkhard Ley, den früheren Finanzchef des insolventen Zahlungsdienstleisters, Anklage.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ley vor, gemeinsam mit Braun, Marsalek, Bellenhaus und von Erffa die Umsätze gezielt manipuliert zu haben, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. Zugleich hätten die frisierten Jahresabschlüsse als Grundlage gedient, um Kredite zu erhalten.

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