US-Großbanken trotzen Vertrauenskrise im Finanzsektor
US-Großbanken trotzen Vertrauenskrise
J.P. Morgan, Citigroup und Wells Fargo steigern Gewinne stärker als erwartet – Jamie Dimon warnt dennoch vor anhaltenden Risiken im Finanzsektor
Die US-Großbank J.P. Morgan hat für das Auftaktquartal 2023 Rekorderträge vermeldet und den Nettogewinn stärker gesteigert als von Analysten prognostiziert. Auch Citigroup und Wells Fargo übertrafen die Erwartungen der Wall Street. Doch die Managements stellen sich auf weitere Verwerfungen im Finanzsektor ein.
xaw New York
Die US-Großbank J.P. Morgan hat der Vertrauenskrise im Finanzsektor im ersten Quartal nicht nur getrotzt, sondern sogar von dieser profitiert. Für den Zeitraum zwischen Januar und März vermeldete der Branchenprimus Rekorderträge von 38,3 Mrd. Dollar – der Nettogewinn schnellte um 52% auf 12,6 Mrd. Dollar in die Höhe. Mit 4,10 Dollar pro Aktie lag der Überschuss deutlich über dem an der Wall Street erwarteten Niveau von 3,41 Dollar.
CEO Jamie Dimon hob im Rahmen der Zahlenvorlage die Rolle von J.P. Morgan hervor, die eigene Stärke erlaube es der Großbank, ihre Rolle als Stütze für das Bankensystem in volatilen und unsicheren Zeiten auszufüllen. Die geopolitischen und konjunkturellen „Sturmwolken, die wir in den vergangenen Jahren beobachtet haben, bleiben am Horizont, und der Aufruhr im Bankensystem trägt noch zu diesen Risiken bei“, sagte der Vorstandschef am Freitag.

Die Situation unterscheide sich zwar von der Finanzkrise 2008 – doch da sich viele Kreditgeber nach den jüngsten Verwerfungen konservativer aufstellen müssten, sei mit einer weiteren Kontraktion der finanziellen Bedingungen zu rechnen. Entsprechend baute das Geldhaus seine Kreditrisikovorsorge im Auftaktquartal um 1,1 Mrd. Dollar aus – bereits zwischen Oktober und Dezember hatten die führenden US-Kreditinstitute höhere Rückstellungen für faule Kredite gebildet.
Führende Institute als Retter
Dimon betonte in jüngster Zeit wiederholt öffentlich, die Krise im Finanzsektor sei noch nicht vorbei. Der J.P.-Morgan-Vorstandschef gilt als treibende Kraft hinter den Bemühungen führender US-Finanzinstitute, die im Zuge der jüngsten Turbulenzen unter Druck geratene First Republic Bank zu stabilisieren. Das führende US-Geldhaus und zehn weitere Banken zahlten Mitte März 30 Mrd. Dollar bei dem regionalen Kreditinstitut ein, das nach dem Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank binnen weniger Tage Mittelabflüsse von über 70 Mrd. Dollar – also fast 40% der gesamten Einlagen – verkraften musste und dessen Kreditwürdigkeit die Ratingagentur Standard & Poor‘s in den Ramschbereich herabstufte. J.P. Morgan berät First Republic überdies zu weiteren strategischen Alternativen, darunter wohl auch eine Kapitalerhöhung.
Unterdessen bescheren die Bankturbulenzen dem Branchenprimus starken Zulauf von Kunden, die Mittel von kleineren Geldhäusern abgezogen haben. Die Einlagen bei J.P. Morgan legten zwischen Ende Dezember und Anfang März um über 37 Mrd. Dollar auf 2,38 Bill. Dollar zu. Trotz der resultierenden Ausweitung der Assets gegenüber dem Jahresschluss 2022 stieg die harte Kernkapitalquote (Tier 1) des Geldhauses auf 13,8% und lag damit deutlich über der hausinternen Zielmarke von 13% und den Markterwartungen von 13,5%.
Die restriktive Geldpolitik der Federal Reserve beschert J.P. Morgan unterdessen weiterhin anziehende Zinserträge. Mit 20,8 Mrd. Dollar lagen diese im ersten Quartal 49% über dem Vorjahresniveau und trugen damit entscheidend zur Steigerung des Konzernumsatzes bei. Die Zinseinnahmen fielen dabei klar höher aus als von Analysten im Konsens prognostiziert. Für das Gesamtjahr stellt das Geldhaus nun einen Wert von 81 Mrd. Dollar in Aussicht, die vorherige Prognose hatte auf 73 Mrd. Dollar gelautet. Die Anleger goutierten den angehobenen Ausblick im frühen New Yorker Handel, J.P. Morgan kletterten zeitweise um 7,3% und steuerten damit auf den größten Tagesgewinn seit mehr als zehn Monaten zu.
Dabei geriet auch die nach wie vor gedrückte Entwicklung im Investment Banking vorerst aus dem Fokus. Die Gebühreneinnahmen aus der Dealberatung fielen gegenüber dem Vorjahr um 19%. Die Erträge aus dem Aktienhandel sackten trotz der hohen Marktvolatilität um 12% ab, während die Erlöse aus dem Bond-Trading stagnierten. Zudem musste J.P. Morgan einen 868 Mill. Dollar schweren Verlust aus dem Verkauf von Wertpapieren hinnehmen, deren Kurse infolge der kontraktiven Geldpolitik eingebrochen waren.
Trader liefern
Bei Citigroup lieferten die Trader unterdessen überraschend stark ab. Die Einnahmen aus dem Fixed-Income-, Devisen- und Rohstoff-Handel stiegen im ersten Quartal unerwartet um 4% auf 4,5 Mrd. Dollar. Dies half dabei, Belastungen durch den mit 2 Mrd. Dollar stärksten Ausbau der Kreditrisikovorsorge seit 2020 aufzufangen. Nicht nur im Trading profitierte das Geldhaus indes von der restriktiven Geldpolitik: Wie J.P. Morgan steigerte es die Zinserträge kräftig – insbesondere im Firmenkundengeschäft, wo sie gegenüber dem Vorjahr um 41% zulegten. Der Konzerngewinn stieg im Auftaktquartal um 7% auf 4,6 Mrd. Dollar. Dies entsprach einem bereinigten Gewinn von 1,86 Dollar pro Aktie, die Wall Street war von 1,65 Dollar ausgegangen.
Auch Wells Fargo verschaffte sich Luft. Das in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Skandale und Auseinandersetzungen mit Regulatoren gebeutelte Geldhaus kurbelte den Überschuss um 32% auf 4,99 Mrd. Dollar an.