IM INTERVIEW: JOHANNES EVERS, BERLINER SPARKASSE

"Yomo ist die Antwort auf Fintechs wie Number 26"

Sparkassen-Chef hat großen Respekt vor Finanz-Start-ups - Für passivlastige Häuser sind Niedrigzinsen größeres Problem - Berliner streben in S-Sicherungsverbund

"Yomo ist die Antwort auf Fintechs wie Number 26"

– Herr Evers, jahrelang hat die Landesbank Berlin/Berliner Sparkasse nur das absolut Notwendigste an Transparenz zugestanden: Zahlen vorgelegt, Pflichtpressekonferenz – Schluss, mehr gab’s nicht. Zeigt dieses Interview jetzt, dass sich die Lage entspannt hat?Wenn Sie das ausschließlich auf Interviews beziehen, ist das richtig. Ansonsten müsste ich Ihnen widersprechen. Ich bin jemand, der lieber erst Fakten schafft, Leistung zeigt und dann darüber redet. Und wenn ich mir angucke, wo wir heute stehen, dann ist das jetzt ein vernünftiger Zeitpunkt für ein Gespräch. Was die Stadt und die Banken hier an Veränderungen erlebt haben, ist schon atemberaubend. Wiedervereinigung, Größenwahn, Ernüchterung und jetzt gesunder Optimismus. Und als Sparkasse kommen wir jetzt wieder zurück zu unseren Wurzeln. Ich halte das für eine gesunde Entwicklung.- Wie weit sind Sie mit dem Umbau von der Landesbank zur Sparkasse?Der Umbau ist in diesem Jahr abgeschlossen. Es gibt noch ein paar Restarbeiten. Aber grundsätzlich sind wir durch, und das schneller als geplant.- Was ist noch zu tun?Es sind noch Teile des IT-Systems umzustellen. Aber die strategischen Weichenstellungen sind abgehakt: Das Kapitalmarktgeschäft und die LBB-Invest sind zur DekaBank nach Frankfurt gegangen, das gewerbliche Immobilienfinanzierungsgeschäft zwischen uns und der Berlin Hyp aufgeteilt und die wesentlichen Teile des personellen Umbaus sind auch geschafft.- Und was kommt dann?Dann sind wir eine ganz normale Sparkasse, die Sparkasse der Hauptstadt. Dann werden wir all die Veränderungen mitgehen, die sich im Bankgeschäft abzeichnen.- Warum war dieser Umbau eigentlich nötig?Es gab langfristig keine Alternative. Ich erinnere mich sehr gut an die Weltbanktagung 2009 in Istanbul. Da war ich gerade Vorstandsvorsitzender geworden. Der damalige Bundesbankpräsident Axel Weber erläuterte aufsichtsrechtliche Anforderungen, die nach der Finanzkrise und der sich abzeichnenden Staatsschuldenkrise auf die Branche zukommen. Spätestens 2010/2011 war klar, dass wir uns mit dem alten Geschäftsmodell in eine Sackgasse bewegen würden.- Die Alternative hieß sich klein machen?Das ist keine Frage von klein oder groß, sondern von falsch oder richtig. Und es war richtig, dass wir und unsere Eigentümer 2012 gesagt haben: Unser Geschäftsmodell wird das der Berliner Sparkasse sein. Und damals war die LBB Landesbank Berlin ein gesundes Institut.- Und jetzt sind Sie einfach nur noch eine ganz normale Sparkasse?Ja, das ist unser Anspruch: Wir wollen eine gute, sehr gute Sparkasse in der Hauptstadt sein.- Im Gegensatz zu den meisten anderen Sparkassen haben Sie aber eine gravierende Unwucht zwischen Passiv- und Aktivgeschäft, wie es typisch ist für Banken in industriearmen Regionen.Das hängst mit der Wirtschaftsstruktur der Stadt zusammen. Jede Sparkasse entwickelt sich so, wie sich ihre Stadt oder Region entwickelt. Berlin ist keine Industrie-, sondern eine Dienstleistungsstadt. Deswegen haben wir hier viel mehr Passiva, als wir Firmenkredite vergeben. Aber wir haben ein erfreulich wachsendes Immobilienfinanzierungsgeschäft, weil Berlin wächst und baut. Der Passivüberhang wird allerdings auf längere Sicht bleiben.- Das ist gerade in Zeiten, in denen die Europäische Zentralbank die Zinsen auf null beziehungsweise ins Negative drückt, ein echtes Problem. Banken mit einer ausgeglichenen Struktur können hier besser agieren als Häuser mit hohen Einlagen, die keine Zinsen bringen.Ja das stimmt. Für passivlastige Häuser ist das Problem größer.- Was heißt das für die Berliner Sparkasse? Wird ein erneuter Umbau fällig, so wie die EZB agiert?Ich halte die jüngste Zinssenkung der EZB für einen Akt der Verzweiflung. Damit müssen wir jetzt umgehen. Aber es ist ja nicht allein der Kurs der EZB, es geht auch um verändertes Kundenverhalten und die Digitalisierung und natürlich um Wachstum in Berlin. All diese Faktoren bestimmen unser strategisches Handeln – nicht nur die Niedrigzinsen.- Zweifelsohne. Inzwischen fordert aber selbst die EZB Veränderungen der Geschäftsmodelle, weil die alten angesichts der Nullzinsen nicht mehr tragen. Da reicht es nicht zu sagen, Berlin wächst, und wir machen da mit.Ich halte ein Geschäftsmodell, das sich auf die Region konzentriert und auf die Menschen dort, sehr wohl für stabil und langfristig tragfähig. Konzentrier dich auf das, was du kannst. Das ist unser Kern. Wir kennen die Region und wissen, welche Geschäfte hier funktionieren. Und das sage ich auch der EZB: wir haben ein stabiles, tragfähiges Geschäftsmodell. Seit immerhin fast 200 Jahren.- Gleichwohl hat der Ostdeutsche Sparkassenverband, der nur Häuser vertritt, die wie in Berlin einen hohen Passivüberhang mit sich rumschleppen, im Vorjahr gewarnt, angesichts der EZB-Politik kämen ganz schwierige Zeiten auf die Sparkassen zu mit massiven Gewinneinbrüchen, wenn nicht umgesteuert wird.Natürlich kann man nicht so lange die Luft anhalten, bis die Zinsen wieder steigen. Aber zwei Dinge: Im Vergleich zu anderen Regionen sind wir etwas im Vorteil. Berlin baut, Berlin gründet, Berlin wächst. Und zweitens: Die Bank hat schon so viele Veränderungen gemeistert und viele davon so rechtzeitig und aus eigener Kraft, dass wir als eines der wenigen Institute ohne größere Blessuren durch die Finanz- und Staatsschuldenkrise gekommen sind. Aber zurück zu den Niedrigzinsen: Natürlich werden wir nicht mehr kostenfrei akzeptieren, dass uns Firmenkunden 20, 50 oder 100 Mill. Euro vor die Tür legen. Da müssen wir die Negativzinsen weiterreichen. Für private Kunden wollen wir dies so lange wie möglich vermeiden.- Sie halten also daran fest: Ihr Geschäftsmodell trägt – trotz Niedrigzins und allen Veränderungen?Ja. Der Veränderungsbedarf kommt aus dem Kundenverhalten. Klar müssen auch wir uns verändern, wenn uns – die wir immer noch stark in der Fläche vertreten sind – inzwischen mehr als jeder zweite Kunde nur noch online kontaktiert. Aber damit unterscheiden wir uns nicht von anderen Instituten – vielleicht geht das in Berlin ein bisschen schneller. Einen Volltreffer haben wir zum Beispiel mit der mobilen Beratung gelandet.- Wenn Sie jetzt mal etwas weiter in die Zukunft blicken und – wie Sie es auch Ihren Eigentümern gegenüber tun – Ihre Mittelfristplanung erläutern, dann hat die Berliner Sparkasse im Jahr 2020 welche Bilanzsumme und wie viele Mitarbeiter?Dann haben wir noch etwa 3 500 bis 3 800 Mitarbeiter, inklusive derjenigen in unserer Tochter S-Servicepartner. Die Bilanzsumme wird sich um die 40 Mrd. Euro bewegen. Damit wären wir unter den drei größten Sparkassen in der Bundesrepublik.- Und bei der Eigenkapitalrendite? Was sagen Sie da Ihren Eigentümern?Ehrlich gesagt habe ich mich schon im März schwergetan, das Jahr 2016 zu prognostizieren. Aber das ist aus Sicht des Wirtschaftsprüfers natürlich erforderlich. Also sehen Sie mir nach, wenn ich mich über 2020 jetzt nicht weiter äußere.- Anders gefragt: Was erwarten Ihre Eigentümer, also fast alle deutschen Sparkassen, an Gewinn?Also erst einmal erwarten alle, dass in Berlin eine gute Sparkasse gut arbeitet. Und dann sollen ihre Finanzierungskosten verdient werden. Das, was an Fremdkapital noch zu bedienen ist, soll möglichst mit der Dividende von Sparkasse und Berlin Hyp abgedeckt werden. Das kann ich voll und ganz nachvollziehen. Und wir sind auch bestrebt, das zu erfüllen.- Kann denn der ganze Überschuss ausgeschüttet werden, oder muss nicht ein Teil zur Stärkung des Eigenkapitals reserviert werden?Die Kapitalsituation ist Stand heute nicht üppig. Ich würde sagen, sie ist knapp angemessen. In der Gruppe – also Sparkasse und Hyp zusammen – wird es schon ein Stückchen knapper. Und dann muss man ja auch sehen, wie sich die aufsichtsrechtlichen Anforderungen entwickeln.- Da unterliegen Sie ja besonderer Beobachtung als systemrelevantes Institut.Ja, wir werden durch die EZB beaufsichtigt und haben damit erhöhte Kapitalanforderungen. Für die Gruppe zeigen wir eine Kapitalquote von 14,3 %. In der Sparkasse hatten wir Ende vergangenen Jahres 17,3 %, in der Hyp 13,3 %.- Was ist der Grund für diese Asymmetrie?In der Sparkasse haben wir mit dem Abbau des Kapitalmarktgeschäfts in großem Umfang Kapital befreit. Da diese Entwicklung aufgrund von Fälligkeiten noch bis 2018 – wenn auch in geringerem Maße – weitergeht, haben wir mittelfristig keine Kapitalerhöhung eingeplant.- Warum ist die Berliner Sparkasse eigentlich nicht in dem Ranking des DSGV vertreten, wo der Verband fein säuberlich alle Sparkassen ihrer Größe nach sortiert?Gute Frage. Nach unserem Geschäftsmodell und nach Risikoprofil sind wir eindeutig Sparkasse. Aber rein technisch werden wir noch als Girozentrale geführt. Wir arbeiten an einem Wechsel – auch in den Sicherungsverbund der Sparkassen.- Wasan Landesbankfunktion gibt es denn eigentlich noch außer der Girostelle und der Notwendigkeit, die Bilanzen von Sparkasse und Hyp zu addieren?Keine. Die einstige Girozentrale sollte einstmals die Sparkasse aufwerten. Aber eine Girozentralfunktion gab es nie, weil es in Berlin nur ein Mitglied gibt. Die ehemaligen Landesbankgeschäfte sind abgebaut. Was uns von den anderen Sparkassen unterscheidet, ist das überregionale Kreditkartengeschäft. Das ist nicht nur erfolgreich, sondern auch wichtig für die Zukunft, weil es hier um die Digitalisierung geht – eine Kompetenz, die wir behalten wollen.- Wie viele Landesbanken braucht dieses Land eigentlich?Das ist nicht mein Thema. Wir sind keine Landesbank mehr.- Welche Funktion hat die Landesbank Berlin Holding?Zunächst ist die Holding der erste Ansprechpartner für die Aufsicht. Hier sind auch die Risikocontroller angesiedelt, die Steuereinheit, die Rechnungslegung.- Also die IFRS-Experten? Wohingegen die Sparkasse ja nach guter deutscher Sparkassen-Art nach HGB bilanziert. Die Holding bilanziert auch nach HGB. Und ich bin auch dankbar dafür, dass sich die EZB jüngst geäußert hat, dass sie ihr Wahlrecht nicht dergestalt ausüben möchte, dass alle nach IFRS bilanzieren müssen. In der Holding werden übrigens die Ergebnisse von Sparkasse und Berlin Hyp zusammengeführt. Hier liegt auch der Verlustvortrag.- Von welcher Größenordnung reden Sie hier?Wir sprechen hier von 2,5 beziehungsweise knapp 2 Mrd. Euro, je nach Gewerbesteuer oder Körperschaftsteuer.- Noch mal zurück zur Sparkassen-Rankingliste des DSGV, wo Sie so schmählich wegignoriert werden. Wie ist denn ansonsten Ihr Verhältnis zum Verband?Da kann ich nur sagen: gut. Wir sind beide aufeinander zugegangen. Wir haben zu Beginn des Umbaus – 2013, 2014 – viel, viel Unterstützung von Sparkassen bundesweit bekommen und vom Verband – schließlich steckte hier in Berlin doch ein Stück Landesbank-Denke drin. Da war es wichtig, den Sparkassengedanken hier im Haus fest zu verankern.- Nach dem teuren Kauf der Sparkasse hatte der damalige DSGV-Präsident Heinrich Haasis erklärt, Berlin solle Vorbild werden für die gesamte S-Gruppe. Wo sind Sie Vorbild und schreiten voran?Er wollte zuallererst, dass in Berlin die Sparkasse erhalten bleibt. Damals hätte das “rote S” auch in gelbe Hände geraten können. Schließlich hatte die Commerzbank gegen den DSGV geboten. Dass das verhindert wurde, ist erst einmal die allerwichtigste Tat. Ansonsten tue ich mich mit dem Thema Vorbild schwer. Dass wir im Fokus stehen, weil wir in der Hauptstadt sind, ist klar. Umso wichtiger ist es, dass wir eine gute Sparkasse sind.- Sie haben im Auftrag der Gruppeden S-Kreditpartner für Auto- und Konsumentenkredite gegründet. Wie entwickelt sich die Tochter?Den Kreditpartner haben wir gemeinsam mit der Deutschen Leasing aufgebaut. Die SKP arbeitet mit rund 300 Sparkassen zusammen, und mit dem Geschäftsverlauf sind wir zufrieden.- Das heißt in Zahlen?Wir haben inzwischen über 4 Mrd. Euro Kreditvolumen. Quasi aus dem Stand heraus, seitdem wir den Kreditpartner 2011 aus der Taufe gehoben haben. Rund 120 Institute sind Partnersparkassen in der Vollkooperation. Ende 2016 werden es 140 sein. Mit weiteren gut 200 wickeln wir das Autogeschäft ab. Was ich als besonderen Vertrauensbeweis empfinde, ist, dass der DSGV dem S-Kreditpartner die Markenrechte für den S-Kredit-per-Klick zugebilligt hat. Das ist ein Angebot für die digitale Welt, das im Vergleichsportal Check 24 inzwischen live geschaltet ist.- Daneben haben Sie die S-Servicepartner etabliert, die Back-Office-Leistungen für Sparkassen anbietet. Wie viele Sparkassen nutzen dieses Angebot?Die S-Servicepartner arbeitet mittlerweile für bundesweit mehr als 270 Sparkassen. Inzwischen sind neben der Berliner Sparkasse auch die Haspa und weitere regionale Sparkassen aus der Pfalz, Südschwaben, dem Münsterland sowie Hessen beteiligt, und wir stehen davor, noch eine weitere Sparkasse an Bord zu nehmen.- Die Zahl wächst?Ja. Die Sparkassen und ihre regionalen Verwaltungsräte fürchten sich zwar immer, dass mit der Abgabe von Aufgaben auch Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Meist übernimmt die S-Servicepartner aber gar nicht das volle Processing, sondern nur bestimmte Leistungen. Grundsätzlich stehen hier aber nächste Schritte an im Sinne einer Konsolidierung der Back-Office-Leistungen in der gesamten Republik. Da gibt viele Chancen, Produktivitätsvorteile zu erzielen – aber es ist noch einiges zu tun.- In Berlin gibt es inzwischen ja so einiges an Start-up-Unternehmen. Was für ein Verhältnis haben diese dynamischen Youngsters zur alten Tante Sparkasse?Wir reden miteinander und wir arbeiten miteinander. Wir verstehen uns gut. Um unser Geschäftsmodell mal durch die Start-ups verproben zu lassen, haben wir drei Veranstaltungen zur Zukunft des Geldes durchgeführt. Start-ups haben sich vorgestellt, und anschließend haben wir diskutiert. Das hatte Wirkung nach innen für unsere Mitarbeiter. Und nach außen, weil wir Kunden eingeladen hatten. Und damit haben wir uns besser in die Start-ups verdrahtet.- Und was ist dabei rausgekommen?Die Start-ups haben tolle Ideen für einzelne Aspekte unseres Geschäfts. Sie kommen sehr konsequent von der Kundenseite her, haben aber nicht die Plattform und den Kundenstamm, um das Ganze zu hebeln. Und viele scheuen die Regulatorik wie der Teufel das Weihwasser. Gleichwohl sind viele Start-ups auf mich zugekommen, um mit uns über gemeinsame Projekte zu reden.- Und? Machen Sie was zusammen?Ja. Zum Beispiel mit dem Fintech SumUp, damit Händler kostengünstig auch kleine Beträge per Kartenzahlung akzeptieren können. Dann haben wir die Video-Legitimation eingeführt oder den Kontowechselservice per App, ein Angebot des Berliner Finanz-Inkubators Finreach.- Na ja, ich kenne so einige Banken, die diesen Service seit einem halben, wenn nicht einem ganzen Jahr anbieten.Wir müssen auch nicht überall die Ersten sein, aber diejenigen, die die Leistung vernünftig und stabil anbieten.- Und was für Ideen resultieren sonst noch aus Ihrem neuen Fintech-Netzwerk?Zum Beispiel ein Smartphone-Girokonto. Yomo heißt die Idee – young mobile -, die sich nicht nur an junge Leute richtet, sondern an solche, die “mobile only” sind. Das ist eine Idee, die wir von einem bekannten Fintech mitgenommen haben und gemeinsam mit sieben Sparkassen sowie der Finanz Informatik und deren Tochter Star Finanz umsetzen.- Sie kupfern Number 26 ab, den expansiven Anbieter eines reinen Handykontos?Wir machen uns die Idee zu eigen – das Produkt selbst entwickeln wir neu, und es ist die Antwort der Sparkassen auf Fintechs wie Number 26 oder Mondo. Das hinter Yomo liegende Konto wird dann bei der jeweils beteiligten Sparkasse geführt, verbindet also digitalen Service mit der Stärke und Regionalität der Sparkassen.- Könnte ich bei Yomo schon ein Konto eröffnen?Noch ist es nicht so weit.- Das klingt, als ob die Zukunft der Branche bei den Start-ups liegt?Ich habe großen Respekt vor den Fintechs – wie agil diese Unternehmer ihre Aufgaben angehen und wie zielstrebig sie schauen, wie sich bestimmte Leistungen monetarisieren lassen. Da können wir als Sparkassen sicher noch eine Menge lernen. Wir haben im Haus das “Birds Nest” gegründet, das nicht nur unsere eigenen Ideen bündeln, sondern auch als Anlaufstelle für Start-ups dienen soll. Wir sind gerne im Dialog mit Start-ups und wollen Win-win-Situationen kreieren.- Wie ist denn eigentlich die Wettbewerbslage unter den Banken in Berlin?Sportlich. Hier sind doch alle vertreten mit hoher Aufmerksamkeit. Manche haben sogar den Berliner Markt zum Testmarkt ausgerufen.- Umgekehrt ziehen sich andere etwas zurück. Oder wie soll man das Einstampfen der Marke Berliner Bank und das Umflaggen der Filialen in Deutsche Bank sonst werten?Es ist bedauerlich, dass gerade die Traditionsmarke Berliner Bank aus Berlin verschwindet.- Gewinnen Sie Kunden von der untergehenden Berliner Bank?Ja. Denn es gibt Kunden, die wollen Berliner DNA. Und von den Banken sind wir die größte und leistungsstärkste.- Ihr hoher Passivüberhang lässt vermuten, dass die Sparkasse keine Finanzmarktfinanzierungen benötigt, da sie Liquidität satt hat.Wir brauchen nur noch kleine Emissionen in dreistelliger Millionenhöhe, nicht mehr im Milliardenbereich. Das sind Emissionen, Hypothekenpfandbriefe, die wir an institutionelle Investoren vergeben, um unsere Liquidität zu steuern. Passiva haben als Einlage ja üblicherweise nicht die verbindliche lange Laufzeit. Wenn man die braucht, muss man an den Kapitalmarkt gehen. Es geht hier nur um den Mix in der Passivstruktur.- Im laufenden Jahr sind Sie mit Ihrer Gewinnprognose von rund 60 Mill. Euro ja auf der sehr sicheren Seite. Da gibt es Verkaufserträge aus der Beteiligung an der Visa Europe. Zudem winkt bei der Heta, die mit 60 Mill. Euro im Buch steht, ein Sonderertrag. Auf wie viele Millionen schätzen Sie die Sondereffekte?Das weiß ich noch nicht. Aber sie werden substanziell sein.- Und wie läuft das operative Geschäft?Das läuft ordentlich.- Können Sie bitte etwas konkreter werden?Ich will jetzt keine Zahlen nennen. Die gewerbliche Immobilienfinanzierung läuft unverändert erfreulich. Aber auch in der privaten Immobilienfinanzierung hat sich im vergangenen Jahr und auch jetzt wieder ordentlich was getan. Außerdem: Berlin wächst bei den Einwohnern, und das sehen wir auch bei den Kontoeröffnungen – auch ohne die inzwischen 20 000 Konten für Flüchtlinge. Die laufen eher unter gesellschaftlicher Verantwortung. Ich hätte mir gewünscht, dass andere das auch so sehen. Tatsächlich sind wir die Einzigen.- Zurück zu Ihrem derzeitigen Geschäft. Wie läuft’s bei Firmenkunden?Das ist im besten Sinne unauffällig. Hier sehen wir, dass die Investitionen aus dem Cash-flow getätigt werden, weil die Firmen ihr Geld nicht aufs Konto legen wollen. Beim Wertpapiergeschäft beobachten wir eine gewisse Zurückhaltung.- Wie viel bei Ihrer Gewinnprognose kommt aus dem operativen Geschäft und wie viel aus den Sondererträgen?Von den 60 Mill. Euro kommt gut die Hälfte aus dem operativen Geschäft.- Und wann wirft das operative Geschäft allein 60 Mill. Euro ab?Netter Versuch. Aber lassen Sie mir doch ein Stückchen unternehmerische Vorsicht und Zurückhaltung.—-Das Interview führte Ulli Gericke.