Zarte Zuversicht nach durchwachsenem Fusionsjahr

Vor allem Private-Equity-Investoren stehen als Käufer bereit - Portfoliobereinigungen europäischer Konzerne könnten sich 2020 als Treiber erweisen

Zarte Zuversicht nach durchwachsenem Fusionsjahr

Nach einem durchwachsenen Jahr für Firmenübernahmen hoffen Investmentbanker auf eine Erholung im kommenden Jahr. Zumindest auf Private-Equity-Investoren sollte dank hoher Mittelzuflüsse weiter Verlass sein. Für Megadeals mit Beteiligung strategischer Investoren braucht es jedoch ein stabiles Umfeld. Von Anna Sleegers, FrankfurtDer Trend zur Entglobalisierung und die Verunsicherung über die konjunkturellen Aussichten haben 2019 zu einem schwachen Jahr für Firmenübernahmen gemacht. Wie aus den vorläufigen Zahlen des Datendienstleisters Refinitiv hervorgeht, summierten sich die Fusionen und Übernahmen (Mergers & Akquisitions, M&A) mit deutscher Beteiligung im vergangenen Jahr auf 157,8 Mrd. Dollar (141,8 Mrd. Euro). Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Einbruch um 38 %.Auf das Arbeitspensum der Investmentbanker und Berater dürfte das nur bedingt durchgeschlagen haben. Die Zahl der Transaktionen sank jedenfalls lediglich um 5 %. Hintergrund dieser Entwicklung ist die rege M&A-Tätigkeit von Private-Equity-Investoren, die in den vergangenen Monaten hohe Mittelzuflüsse verbucht haben und einen entsprechend hohen Druck verspürten, die eingesammelten Gelder zu investieren. Tibor Kossa, M&A-Spezialist für Deutschland und Österreich bei Goldman Sachs, will daher nicht von einem Einbruch sprechen: “Der Rückgang ist insbesondere durch das Fehlen von einigen wenigen Megatransaktionen getrieben”, sagte er der Börsen-Zeitung. Goldman Sachs sei mit dem M&A-Jahr zufrieden: “Wir konnten unsere Nummer-1-Position behaupten, unsere Kunden bei vielen wichtigen und komplexen strategischen Projekten erfolgreich unterstützen und die Beziehung mit vielen Kunden ausbauen und vertiefen.”Bei der Deutschen Bank, die von Platz 2 im Vorjahresranking auf Platz 9 abrutschte, verweist man darauf, dass bei einem insgesamt rückläufigen Volumen schon ein oder zwei größere Deals einen großen Unterschied machen. “Das hat bei den Rankings, auch dem unseren, insgesamt zu einer starken Volatilität geführt”, unterstreicht Berthold Fürst, Leiter Corporate Finance für den deutschsprachigen Raum. Unter dem Strich zeigt sich auch das im Umbau befindliche Institut mit der Jahresbilanz zufrieden: “Mit Blick auf die Gebühreneinnahmen im M&A-Geschäft haben wir uns hingegen bei einem stabilen Marktanteil von Platz 6 auf Platz 4 verbessert”, unterstrich Fürst. Nach Handelsstreit und BrexitFür 2020 rechnet die Deutsche Bank nicht nur mit einer Belebung im Geschäft mit Börsengängen, sondern auch mit einem aktiven M&A-Markt. Eine Erwartung, die viele in der Branche teilen. So geht auch Goldman-Sachs-Spezialist Kossa von mindestens gleichbleibenden Volumina aus. “Wenn der Handelsstreit gelöst und der Brexit endlich geregelt ist, könnte es jedoch zu einer spürbaren Belebung kommen”, ergänzte er. Große Deals erforderten ein solides Umfeld: “Das war angesichts der konjunkturellen Abkühlung sowie der geopolitischen Unsicherheit 2019 einfach nicht gegeben.”Ein wesentlicher Treiber für die M&A-Tätigkeit sei der zunehmende Druck auf die Unternehmen, Portfoliobereinigungen durchzuführen. “Europäische Konzerne sehen sich zunehmend einem heterogeneren, aktiveren und fordernderem Aktionariat ausgesetzt, dass sich aus Indextrackern, Long-only-Investoren und immer öfter auch Aktivisten zusammensetzt”, sagt er. Insbesondere Long-only-Investoren verfolgten ein zunehmend aktives Management ihrer Beteiligungen, um sich gegen die zunehmende Konkurrenz aus dem ETF-Segment zu verteidigen. Bereiche, die mit Blick auf die Rendite- oder Wachstumserwartungen oder strategische Kriterien Defizite aufweisen, müssten von den Unternehmen früher auf den Prüfstand gestellt werden als zuvor.Kossa geht daher fest davon aus, dass sich der Trend zu Spin-offs fortsetzt. Wie bereits im vergangenen Jahr dürften jedoch angesichts der hohen Mittelzuflüsse auch 2020 häufig wieder Private-Equity-Investoren als Käufer bereitstehen, prophezeit Burc Hesse, Partner bei der internationalen Kanzlei Latham & Watkins.Eine Überhitzung des Marktes wie in der Finanzkrise von 2008 hält er jedoch nicht für wahrscheinlich, da die Branche Konsequenzen aus der Krise gezogen habe. “Die Branche hat aus der Finanzkrise gelernt und arbeitet seither mit viel geringeren Leverages. Zwar haben wir in den vergangenen Monaten auch einen Anstieg der Restrukturierungsfälle gesehen. Die Ursachen waren aber nicht zu hohe Finanzierungslasten per se, sondern konjunkturelle oder marktgetriebene Gründe.”Problematisch bleibe vor allem in Deutschland ein Mangel an attraktiven Zielunternehmen, unterstreicht Joachim Ringer, Leiter Investment Banking und Capital Markets Deutschland und Österreich sowie Vorstandsmitglied und Co-Sprecher der Credit Suisse Deutschland. Die hohen Bewertungen könnten manchen Finanzinvestoren trotz des intensiven Wettbewerbs in der Branche etwas auf den Magen schlagen.