Zinsanstieg und Auflösung von Risikovorsorge treiben ING-Gewinn
Zinswende stärkt ING Deutschland
Erträge steigen deutlich – Risikovorsorge aufgelöst – Bestand an Einlagen stagniert
fir Frankfurt
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Die ING in Deutschland hat im ersten Quartal 538 Mill. Euro vor Steuern eingestrichen nach minus 63 Mill. ein Jahr zuvor. Neben einem um zwei Drittel höheren Zinsüberschuss profitierte sie davon, Risikovorsorge auflösen zu können. Im Russlandgeschäft waren 2022 noch hohe zusätzliche Puffer fällig geworden.
Die ING hat in Deutschland im ersten Quartal dank Zinswende und Auflösung von Risikovorsorge wieder einen satten Gewinn eingefahren, nachdem das Institut vor einem Jahr noch 63 Mill. Euro Verlust geschrieben hatte. Das geht aus Zahlen für Deutschland hervor, die der niederländische Konzern am Donnerstag anlässlich der Vorlage des Quartalsergebnisses vorgelegt hat. Vor Steuern verdiente sie hierzulande nun 538 Mill. Euro und nach Steuern 358 Mill. Euro, was zwei Faktoren zu verdanken war: Der Zinsüberschuss legte gegenüber dem ersten Quartal 2022 margenbedingt um ganze 69% auf 800 Mill. Euro zu und im Vergleich mit dem vorherigen Quartal um ein Viertel. Und statt hohe zusätzliche Kreditrisikovorsorge zu bilden, konnte die ING 17 Mill. Euro auflösen.
In den ersten drei Monaten 2022 war wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ein Aufschlag auf die Kreditrisikovorsorge in Höhe von 413 Mill. Euro fällig geworden, der allergrößte Teil im Unternehmenskunden-Geschäft infolge des erhöhten Risikos bei Engagements mit Russland-Bezug.
Im Retail Banking blieben die Kundeneinlagen im Startquartal stabil, obwohl die Bank das Volumen durch Werbung und Zinsangebote steigern will. So verharrten die Bestände bei knapp 139 Mrd. Euro. Allerdings waren der ING Deutschland binnen eines Jahres, seit Ende März 2022, insgesamt 8,5 Mrd. Euro an Kundengeldern zugeflossen. Die Bank hatte in Deutschland im Zuge der Zinswende durch die EZB Mitte vergangenen Jahres als eines der ersten Institute das Verwahrentgelt aufgegeben und Zinsen dann sukzessive angehoben. Privatkundenvorstand Daniel Llano Manibardo bekräftigte Anfang der Woche beim 21. Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung die Bedeutung des Zinssparens und des Wettbewerbs um neue Kundeneinlagen. Der ING beschere dies gute Möglichkeiten, neue Kunden zu gewinnen und damit das Geschäftsvolumen zu steigern.
Abstriche im Provisionsgeschäft
Derweil legten Baufinanzierungen im Startquartal um rund 800 Mill. Euro auf 86,7 Mrd. Euro zu. Andere Finanzierungen, vor allem an Firmen, stiegen um etwa 600 Mill. Euro auf insgesamt 41,6 Mrd. Euro. Deutlich schwächer schnitt ING Deutschland im Provisionsgeschäft ab. Die entsprechenden Erträge sackten im Jahresvergleich um 30% auf 103 Mill. Euro ab, was die Bank mit einer geringeren Zahl von Wertpapiertransaktionen und Baufinanzierungsvermittlungen und damit verbundenen geringeren Gebühreneinnahmen erklärt. Die sonstigen Erträge, die 2022 mit 75 Mill. Euro dank üppiger Einnahmen im Treasury-Geschäft außerordentlich hoch ausgefallen seien, rutschten diesmal mit 12 Mill. Euro in den negativen Bereich. Dass die Kosten im Vergleich zum Vorjahr um 7% stiegen, sei auf höhere Marketingaufwendungen, um neue Kunden zu gewinnen, sowie auf einen inflationsbedingten Anstieg der Personalkosten zurückzuführen, erklärte die Bank weiter.
Der gesamte ING-Konzern verdiente unterm Strich fast viermal so viel wie Anfang 2022. Statt 429 Mill. Euro verbuchte die Gruppe nun netto 1,59 Mrd. Euro. Zum einen profitierte sie von einem um ein Fünftel gewachsenen Zinsüberschuss, zum anderen betrugen die Zuführungen zur Kreditrisikovorsorge nur noch 152 Mill. Euro nach fast einer Milliarde im Jahr zuvor. Davon standen gut 830 Mill. Euro in Verbindung zum auf Unternehmenskunden konzentrierten Russland-Exposure. Dieses wird weiter abgebaut. Die ING Groep war 1993 mit der Gründung der auf das Unternehmenskundengeschäft konzentrierten ING Bank (Eurasia) in den russischen Markt eingetreten.
Milliardenschwerer Aktienrückkauf
Konzernchef Steven van Rijswijk kündigte den Beginn eines weiteren Aktienrückkaufprogramms von bis zu 1,5 Mrd. Euro an. Bei den Aktionären kam das gut an: An der Börse Amsterdam legte der Kurs um 4% zu. Die Zahl der Hausbankkunden der Gruppe bezifferte der CEO mit 14,7 Millionen. Zu dem Anstieg im Quartal um 106.000 habe vor allem Deutschland beigetragen, sagte er einer Mitteilung zufolge. Zum Jahreswechsel zählte die Bank nach eigenen Angaben hierzulande 2,41 Millionen Hausbankkunden, das sind solche, die neben dem regelmäßig genutzten Girokonto über mindestens ein weiteres Produkt der Bank verfügen. Insgesamt waren in Deutschland 9,1 Millionen Menschen Kunden der ING.