Sorge vor Defaults

Zinsaussichten treiben US-Bankmanager um

Die restriktive Geldpolitik der Federal Reserve beschert den US-Banken im zweiten Quartal deutlich höhere Zinseinnahmen. Im Zusammenspiel mit optimistischen Aussagen zur Kapitalmarktaktivität hellt dies die Stimmung der Investoren bedeutend auf. Doch zugleich wachsen die Sorgen vor steigenden Zahlungsausfällen.

Zinsaussichten treiben US-Bankmanager um

Zinsaussichten treiben US-Bankmanager um

Bank of America und Morgan Stanley übertreffen Erwartungen der Wall Street – Deutlich höhere Rückstellungen für faule Kredite

Die restriktive Geldpolitik der Federal Reserve beschert den US-Banken im zweiten Quartal deutlich höhere Zinseinnahmen. Im Zusammenspiel mit optimistischen Aussagen zur Kapitalmarktaktivität hellt dies die Stimmung der Investoren bedeutend auf. Doch zugleich wachsen die Sorgen vor steigenden Zahlungsausfällen.

xaw New York

Trotz höher als erwartet ausgefallener Gewinne im zweiten Quartal 2023 treibt die Aussicht auf anhaltend höhere Zinsniveaus die Manager der US-Großbanken um. Bei den fünf führenden Geldhäusern, die seit Freitag ihre Bücher geöffnet haben, sind deutlich höhere Mittel in die Risikovorsorge geflossen. Insgesamt legten sie mehr als 3 Mrd. Dollar für faule Kredite beiseite – der Löwenanteil entfiel mit mehr als 1,5 Mrd. Dollar auf J.P. Morgan, doch auch Bank of America und Morgan Stanley halten wesentlich höhere Reserven vor als noch im vergangenen Jahr.

Die beiden letztgenannten Institute setzten den Zahlenreigen am Dienstag fort. Bank of America vermeldete einen Anstieg der Erlöse um 11% auf 25,2 Mrd. Dollar, der sich maßgeblich aus gesteigerten Netto-Zinserträgen speiste. Diese kletterten infolge höherer Zinsen und einer anziehenden Kreditvergabe um 14% auf 14,2 Mrd. Dollar. Unter dem Strich blieben 7,4 Mrd. Dollar hängen und damit 19% mehr als im Vorjahr. Dies entsprach einem verwässerten Gewinn von 88 Cent pro Aktie. Vom Datendienstleister Factset befragte Analysten hatten im Konsens mit lediglich 84 Cent gerechnet.

Bei Morgan Stanley sackte der Nettoüberschuss zwar um 13% auf 2,18 Mrd. Dollar ab, der verwässerte Gewinn je Aktie lag mit 1,24 Dollar aber deutlich über dem an der Wall Street erwarteten Wert von 1,15 Dollar. Die Analysten der Schweizer Großbank UBS stuften das Ergebnis in einem schwierigen Umfeld als „überraschend solide“ ein und bekräftigten ihre Kaufempfehlung für Morgan Stanley. Die Aktie der US-Investmentbank zeigte sich im frühen New Yorker Handel am Dienstag äußerst fest, zeitweise legte sie um 6,7% zu. Bank of America gewannen zwischenzeitlich um 4,3% an Wert.

Die Effekte der restriktiven Geldpolitik schlagen sich auch in der als Zugpferd geltenden Wealth-Management-Sparte von Morgan Stanley positiv nieder: Die Zinserträge der Einheit legten um 23,4% auf 2,2 Mrd. Dollar zu. Insgesamt vermeldete das Geldhaus einen Anstieg der Wealth-Management-Einnahmen von 16% auf ein Rekordniveau von 6,66 Mrd. Dollar.

Allerdings ziehen die Aussicht auf eine weitere Liquiditätsverknappung und die konjunkturelle Unsicherheit für die US-Banken Sorgen vor zunehmenden Zahlungsausfällen nach sich. Schon im abgelaufenen Quartal mussten die US-Banken höhere Abschreibungen auf Kredite vornehmen: Bei Branchenprimus J.P. Morgan beliefen sich diese auf 1,4 Mrd. Dollar, bei der Bank of America auf 869 Mill. Dollar.

Eingetrübtes Umfeld

Zugleich haben die Zinsanstiege das Kapitalmarktumfeld nachhaltiger eingetrübt, als viele Bankmanager es noch im vergangenen Jahr erwarteten. Die globale M&A-Aktivität ist im zweiten Quartal um 36% zurückgegangen. Die Gebühreneinnahmen von Morgan Stanley aus dem Investment Banking sind im ersten Halbjahr um 15% auf 2,49 Mrd. Dollar gefallen, bei Bank of America steht ein Rückgang um 8,1% auf 2,38 Mrd. Dollar zu Buche.

Zwischen April und Juni fiel die Entwicklung aber bereits robuster aus als noch zu Jahresbeginn. Bei Morgan Stanley lagen die Investment-Banking-Erträge trotz einer geringeren Zahl an Fusionen und Übernahmen mit 1,08 Mrd. Dollar geringfügig höher als im Vorjahreszeitraum. Bank of America steigerte die Gebühreneinnahmen im zweiten Quartal gar um 7% auf 1,21 Mrd. Dollar.

In der Folge breitet sich nun die Hoffnung aus, dass die Kurserholung an den Märkten auch zu einer aufgehellten Stimmung im Dealmaking führt. Morgan-Stanley-CEO James Gorman und David Solomon, Vorstandschef von Goldman Sachs, betonten zuletzt, „grüne Triebe“ bei der Kapitalmarktaktivität zu beobachten. Diese Formulierung benutzte auch Jeremy Barnum, CFO von J.P. Morgan, bei der Zahlenvorlage in der vergangenen Woche in Bezug auf das Trading und Investment Banking des größten US-Kreditinstituts. Allerdings sei es noch zu früh, um daraus einen Trend abzuleiten.

„Das Quartal begann mit makroökonomischer Unsicherheit und gedämpfter Kundenaktivität, endete aber mit konstruktiveren Tönen“, zeigte sich Gorman, der sich innerhalb der kommenden zwölf Monate von der Morgan-Stanley-Spitze zurückziehen will, am Dienstag optimistisch. Finanzchefin Sharon Yeshaya wollte zwar noch nicht von einer Bodenbildung sprechen, sieht aber durchaus einen Rückstau bei den Kapitalmarkttransaktionen. Morgan Stanley sei damit auf dem Weg, im kommenden Jahr besser abzuschneiden.

Alastair Borthwick, CFO von Bank of America, bezeichnete den leichten Aufschwung der Kapitalmarktaktivität im zweiten Quartal in einem Medienbriefing indes bereits als hilfreich. Die Erlöse des Geldhauses aus dem Wertpapiervertrieb und -handel legten überraschend um 3% auf 4,3 Mrd. Dollar zu. Morgan Stanley wies einen Anstieg der Trading-Erlöse um 6% auf 3,8 Mrd. Dollar aus.

Die aufgehellte Stimmung könnte indes bereits am Mittwoch einen Dämpfer erhalten, wenn Goldman Sachs Zahlen vorlegt. Analysten befürchten, dass das mit Altlasten wie einem verlustreichen Ausflug ins Consumer Banking beschäftigte Geldhaus das schwächste Quartalsergebnis seit Jahren präsentieren wird.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.