NOTIERT IN BERLIN

Zu wenig Bankenversteher

Keine Frage, die novellierten Eigenkapitalvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht machen der Kreditwirtschaft große Sorgen. Die Branche fürchtet Nachteile gerade für deutsche Institute und für in Deutschland etablierte Formen des...

Zu wenig Bankenversteher

Keine Frage, die novellierten Eigenkapitalvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht machen der Kreditwirtschaft große Sorgen. Die Branche fürchtet Nachteile gerade für deutsche Institute und für in Deutschland etablierte Formen des Kreditgeschäfts. Sie hatte deshalb auf ein hilfreiches Signal des Bundestags in Richtung Basel gesetzt – getragen von den Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD. Statt des erhofften Entschließungsantrags billigte am Dienstag nur die Unionsfraktion ein Positionspapier: “Finanzstabilität fortentwickeln und Kreditvergabe für Real- und Wohnungswirtschaft erhalten”. Die SPD war kurz zuvor ausgestiegen.Zusätzlich ist ein sehr unfreundlicher Schlagabtausch zwischen den Koalitionspartnern ausgebrochen. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider warf der Union vor, sich die Lobbyinteressen der Banken zu eigen zu machen. Finanzexperte Alexander Radwan (CDU), der das Papier maßgeblich mit seinem SPD-Kollegen im Finanzausschuss, Manfred Zöllmer, vorbereitet hatte, schlug zurück. Er warf Schneider vor, er messe mit Blick auf die USA politisch mit zweierlei Maß und verkenne seine Aufgaben als Parlamentarier. Statt nun die vereinte Kraft von Schwarz-Rot im Bundestag hinter sich zu spüren, schadet der Streit der Kreditbranche in Sachen Basel. Was ist geschehen? Die Experten – Radwan und Zöllmer – hatten die Vorlage geschrieben. Mitte September reisten beide mit dem Finanzausschuss des Bundestags noch in die USA – nach Silicon Valley und nach Washington, D.C., um sich über Digitalisierung bei Banken zu informieren. Da sah die Welt mit Blick auf den Entschließungsantrag noch gut aus. Schneider aber zog für die SPD die Notbremse. Dahinter dürfte die Sorge stehen, dass das Papier draußen als Appell für weniger Regulierung aufgefasst werden könnte. Die SPD als Bankenversteher? Ein Jahr vor der Bundestagswahl wäre das keine gute Position. Denn in der Tat umfasst der Forderungskatalog, den die Union beschloss, Punkte, die auch die Branche fordert: keine überdurchschnittlichen Kapitalanforderungen an deutsche Institute im internationalen Vergleich, Berücksichtigung der Interessen kleiner und mittlerer Institute, Rücksicht auf die Besonderheiten der Mittelstands- und Immobilienfinanzierung. Technisch problematisch war zudem, dass sich Entschließungen des Parlaments an die Bundesregierung richten, für etwas Sorge zu tragen. Diese Entschließung wendet sich inhaltlich de facto an die Aufseher: BaFin und Bundesbank verhandeln in Basel. Bei der BaFin als Behörde, über die das Bundesfinanzministerium die Rechts- und Fachaufsicht ausübt, lässt sich noch eine Verbindung über die Bundesregierung konstruieren. Bei der unabhängigen Bundesbank ist es durchaus schwierig. Wenig hilfreich war womöglich die Sicherheit, mit der die Branche davon ausging, dass der Antrag im Bundestag “fliegt”. Schon vor Wochen – Mitte Juli – kündigte Bankenverbandsgeschäftsführer Christian Ossig in einer hauseigenen Podiumsdiskussion an, dass im Herbst ein Entschließungsantrag zu Basel IV im Bundestag kommen werde. Es kam anders.