Verlängerung

Berlin weist Kritik an Grenzkontrollen zurück

Die Grenzkontrollen seien notwendig, heißt es aus der Bayrischen Staatskanzlei. Brüssel hingegen fürchtet eine Zersplitterung des Binnenmarktes.

Berlin weist Kritik an Grenzkontrollen zurück

BZ Frankfurt

Die Bundesregierung hält den Vorwurf der EU-Kommission, mit der Einführung von Grenzkontrollen zur Eindämmung der Pandemie gegen europäisches Recht zu verstoßen, für unbegründet. Er weise den Vorwurf zurück, sagte Europa-Staatsminister Michael Roth und reagierte damit auf einen Beschwerdebrief aus Brüssel. Die Bundesregierung verlängert die Einreisekontrollen an den Grenzen zu Tschechien und zum österreichischen Bundesland Tirol um acht Tage bis zum 3. März, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigte.

Die Bundesregierung hatte Tschechien, die Slowakei und weite Teile Tirols Mitte Februar zu sogenannten Virusvariantengebieten erklärt. Von dort dürfen aktuell nur Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gibt es unter anderem für Lastwagenfahrer und Grenzgänger mit systemrelevanten Berufen. Sie müssen einen negativen Coronatest mitführen, der nicht älter als 48 Stunden ist.

Mehrere Vorgaben seien unverhältnismäßig oder unbegründet, heißt es in einem Beschwerdebrief der EU-Kommission an den deutschen EU-Botschafter Michael Clauß in Brüssel, aus dem unter anderem die dpa zitierte. „Wir glauben, dass das nachvollziehbare Ziel Deutschlands – der Schutz der öffentlichen Gesundheit in einer Pandemie – durch weniger restriktive Maßnahmen erreicht werden könnte.“

Roth entgegnete in einer Videoschalte mit Kollegen aus anderen EU-Län­dern: „Wir haben deutlich gemacht, wie schwer uns die Entscheidung fällt.“ Er fügte hinzu: „Wir sind uns unserer Verantwortung als Transitland inmitten der Europäischen Union sehr wohl bewusst.“ So werde im Fall Frankreichs derzeit nicht an Grenzkontrollen gedacht. Es gehe vielmehr darum, auf beiden Seiten synchronisierte Maßnahmen zu verhängen, um eine Ausbreitung von Mutationen zu verhindern. Aus der bayerischen Staatskanzlei hieß es: „Die Grenzkontrollen sind nicht unverhältnismäßig, sie sind erforderlich.“

EU-Justizkommissar Didier Reynders sagte in Brüssel, er habe Deutschland, Belgien, Dänemark, Finnland, Ungarn und Schweden eine Frist von zehn Tagen gesetzt, um eine Begründung für die Grenzkontrollen zu liefern. Mit diesem Schritt seien die Mitgliedstaaten zu weit gegangen. „Es ist eine Notwendigkeit, zu einem koordinierten Ansatz zurückzukehren“, sagte Reynders mit Verweis auf den freien Personen- und Warenverkehr im EU-Binnenmarkt. Ein Sprecher der EU-Kommission ergänzte, ohne ein einheitliches Vorgehen drohe eine Fragmentierung des Binnenmarktes sowie eine Unterbrechung der Bewegungsfreiheit und der Lieferketten. Dies sei in den vergangenen Wochen bereits zu beobachten gewesen.

Kommissionsvizepräsidentin Margaritis Schinas deutete gegenüber der dpa eine Einigung an: „Wir sehen Bewegung bei der deutschen Regierung, um zu einem Konsens zu kommen.“ EU-Innenkommissarin Ylva Johansson machte klar, dass sie von Deutschland erwarte, die gemeinsamen Empfehlungen der EU-Staaten zu erfüllen und Grenzen so weit wie möglich offen zu halten.