Konsolidierung

Bertelsmann lotet Verkauf von TV-Sender M6 aus

Der Medienriese Bertelsmann erwägt Insidern zufolge neben anderen Optionen auch den Verkauf seiner französischen TV-Tochter M6. Dabei könnte der zur RTL Group gehörende Fernsehsender mit rund 3 Mrd. Euro bewertet werden, wie Reuters von mehreren...

Bertelsmann lotet Verkauf von TV-Sender M6 aus

ab/Reuters Köln/Paris

Der Medienriese Bertelsmann erwägt Insidern zufolge neben anderen Optionen auch den Verkauf seiner französischen TV-Tochter M6. Dabei könnte der zur RTL Group gehörende Fernsehsender mit rund 3 Mrd. Euro bewertet werden, wie Reuters von mehreren mit der Sache vertrauten Personen erfuhr. Die Gespräche befänden sich in einem frühen Stadium. Gesprochen werde etwa mit dem Medienkonzern Vivendi, dem französischen Fernsehsender und Branchenprimus TF1 oder dem Unternehmer Patrick Drahi von Altice Europe. Zudem gebe es Kontakt zum tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky und zur italienischen Mediaset, die beide Großaktionär bei ProSiebenSat.1 sind.

Bertelsmann, M6, Vivendi, Mediaset, TF1 und Altice Europe lehnten einen Kommentar ab. RTL, die 48 % an M6 hält, bestätigte, dass Optionen ausgelotet würden, und verwies darauf, dass sich Konzernchef Thomas Rabe wiederholt für die Konsolidierung im europäischen Fernsehmarkt ausgesprochen habe.

Offen bleibt, ob sich Bertelsmann damit weitgehend aus Frankreich verabschiedet. So trennt sich die Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr (G+J) bereits von ihrem französischen Zeitschriften-Geschäft. Vivendi will die französische G+J-Tochter Prisma Media kaufen, die rund 20 Zeitschriftentitel – von „Femme Actuelle“ über „GEO“, „Capital“ und „Gala“ bis zur Programmzeitschrift „Télé-Loisirs“ herausgibt.

Die Börse war elektrisiert. Mit einem Kurssprung um 12 % legten M6 den größten Zuwachs seit knapp einem Jahr hin. Die Papiere von RTL befestigten sich um mehr als 3 %.

Konsolidierung angemahnt

Die Groupe M6 wurde 1987 gegründet und betreibt 13 Fernsehkanäle und drei Radiosender. Das Unternehmen machte 2019 rund 1,46 Mrd. Euro Umsatz und erzielte operativ einen Gewinn von 287 Mill. Euro. Im Oktober 2020 startete in Frankreich der gemeinsame Bezahl-Streaming-Dienst Salto von Groupe M6, TF1 und France Televisions. Wie Rabe hat sich auch M6-Chef Nicolas de Tavernost für eine Konsolidierung im europäischen TV-Sektor ausgesprochen. Im September 2020 sagte er dem „Journal du Dimanche“ auf die Frage nach einer Annäherung zwischen TF1 und M6 : „Es gibt heute keine Pläne in diese Richtung.“ Zugleich betonte der Manager, nationale Gruppierungen seien nötig, wenn Frankreich im internationalen Wettbewerb mithalten wolle.

Auch Rabe, zugleich Vorstandschef von Bertelsmann und RTL Group, hat wiederholt eine Lanze für mehr Kooperationen gebrochen – vor allem, um gegen die Macht der US-Giganten aus dem Silicon Valley zu bestehen. So hatte Rabe im Februar 2020 dafür plädiert, auch grö­ße­re Zu­sam­men­schlüs­se zuzulassen, „um na­tio­na­le Cham­pi­ons et­wa im Fernsehbereich zu schaf­fen; wie ge­ge­be­nen­falls mit RTL und ProSiebenSat.1“. Nach aktuellem Kartellrecht gilt dies als ausgeschlossen. Doch fordern viele Medienvertreter, dass Wettbewerbshüter wegen der Präsenz von Google, Facebook, Apple, Amazon, Netflix & Co die Märkte anders definieren müssten.

Deshalb stellen sich Branchenexperten die Frage, ob Rabe statt eines Verkaufs von M6 nicht auch auf mehr Kooperation und Allianzen – intern wie extern – setzen könnte, die er immer wieder propagiert. Bertelsmann will ihre Content Alliance im Inhaltebereich ausbauen, ebenso die Ad Alliance in der Werbevermarktung. Rabe hat auch die Service-Tochter Arvato umgekrempelt. Im Dienstleistungsgeschäft, einem wichtigen Standbein der Gütersloher, hat er ein Bündnis mit dem marokkanischen Partner Saham geschmiedet. Das Gemeinschaftsunternehmen Majorel mit rund 54 000 Beschäftigten ist fokussiert auf Callcenter und Online-Kundenbetreuung. Zur Stärkung des Buchverlagsgeschäfts hatte Bertelsmann jüngst den Kauf der US-Verlagsgruppe Simon & Schuster für rund 2,18 Mrd. Dollar annonciert. Im Bietergefecht hatte sich Bertelsmann auch gegen Vivendi durchgesetzt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.