Abschied von der Finanztransaktionssteuer
Abschied von der Finanztransaktionssteuer
FOKUS: EU-Arbeitsprogramm
Abschied von der Finanztransaktionssteuer
Bei zwei umstrittenen Dossiers, nämlich FiDA und RIS, hat sich die EU-Kommission gegen eine Rücknahme entschlossen. Das Vorhaben einer europäischen Finanztransaktionssteuer wurde indes begraben.
Von Detlef Fechtner
Die Veröffentlichung ihres Arbeitsprogramm bietet der EU-Kommission nicht nur die Möglichkeit, anzukündigen, was sie in den nächsten Monaten an neuen Initiativen plant. Es ist auch eine Chance, einen Schlussstrich unter Dossiers zu ziehen, die seit Jahren nicht vorankommen. Schließlich hat die EU-Kommission das Recht, von ihr irgendwann initiierte legislative Vorhaben mangels Aussicht auf Abschluss zurückzunehmen – oder weil die EU-Kommission den Eindruck gewinnt, dass ihr ursprünglicher Vorschlag im Laufe der Verhandlungen in Rat und Parlament inhaltlich entkernt worden ist.
Vor diesem Hintergrund machten im Vorfeld der Präsentation des EU-Arbeitsprogramms in Brüssel Spekulationen die Runde, die EU-Behörde könnte die EU-Kleinanlegerregeln oder die Vorgaben für den Zugang zu Finanzdaten, also die Gesetzesinitiativen RIS oder FiDA, begraben. Das hat sie nicht getan. Aber die EU-Kommission hat ein anderes Dossier auf die „Withdrawal“-Liste gesetzt, das kaum mehr jemand auf dem Zettel hatte, nämlich die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.
Kaum Annäherung seit 2013
Seit 2013 diskutieren Europas Finanzminister über eine solche Steuer – ohne sichtbare Annäherung. Für viele kleine Staaten würde eine FTT keine Einnahmen bedeuten, da sie keine relevanten Finanzplätze beheimaten. Dafür würden aber auch für sie Kosten entstehen.
Wahrscheinlich noch stärker als die Aussicht auf Kosten bremst die Sorge vor einfachen Umgehungsmöglichkeiten. Je nach Design der Steuer könnten Marktteilnehmer entweder an Finanzplätze außerhalb der EU ausweichen – oder, selbst wenn sie integriert wären, auf schwer überwachbare Handelsplattformen.
Hinzu kam, dass sich früh abzeichnete, eine Einigung der 27 sei unrealistisch. Insofern wurde das Dossier im Format der „verstärkten Zusammenarbeit“ diskutiert. Aber selbst der dafür notwendige Kreis von neun Mitgliedstaaten kam zuletzt gerade noch so zusammen – was im Umkehrschluss jedem der neun die Chance gab, Forderungen nach Details zu stellen, weil die anderen auf ihn angewiesen waren.
Bedauern der Sozialdemokraten
In Brüssel fiel nun der Aufschrei, dass ein Prestige-Projekt sang- und klanglos beendet wurde, relativ verhalten aus. Zu den wenigen, die kritisch Notiz vom Aus für die FTT nahmen, zählte Matthias Ecke, steuerpolitischer Sprecher der Europa-SPD und Vizevorsitzender des Ausschusses für Steuerfragen im Europäischen Parlament:“Die Finanztransaktionssteuer wäre ein einfaches Signal gewesen: Auch große Finanzakteure leisten einen fairen Beitrag.“ Erst dieses Jahr habe sich die Bundesregierung erneut klar dazu bekannt und sie in den Koalitionsvertrag aufgenommen, erinnerte Ecke. Dass ausgerechnet dieses Projekt gestrichen werde, sei kaum vermittelbar.
