FOKUSVerbriefungen

Finanzbranche hadert mit Vorschlag der EU-Kommission

Finanz- und Rechtsexperten begrüßen zwar im Grundsatz, dass sich die EU-Kommission mit einem umfassenden Gesetzespaket bemüht, den europäischen Verbriefungsmarkt zu revitalisieren. Allerdings werden die Vorschläge als zu kompliziert und nicht weitreichend genug kritisiert. Die neue Kategorie „resilienter“ Verbriefungen trifft auf wenig Gegenliebe.

Finanzbranche hadert mit Vorschlag der EU-Kommission

FOKUS: Verbriefungen

Finanzbranche hadert mit Vorschlag der EU-Kommission

Finanz- und Rechtsexperten begrüßen zwar im Grundsatz, dass sich die EU-Kommission mit einem umfassenden Gesetzespaket bemüht, den europäischen Verbriefungsmarkt zu revitalisieren. Allerdings werden die Vorschläge als zu kompliziert und nicht weitreichend genug kritisiert. Die neue Kategorie „resilienter“ Verbriefungen trifft auf wenig Gegenliebe.

Von Detlef Fechtner

Anerkennung erhält EU-Kommissarin Maria Albuquerque dafür, dass sie keinen punktuellen, sondern einen holistischen Ansatz gewählt habe, um den Verbriefungsmarkt in der Europäischen Union zu beleben. „Das ist nicht nur ein Quick Fix“, lobt Dennis Heuer, Partner der internationalen Kanzlei White & Case. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, Heiner Herkenhoff, begrüßt, dass die EU-Kommission im Gesetzesentwurf viele Elemente aufgegriffen habe, die die Kreditwirtschaft vorgeschlagen hat. Und auch für Jan-Peter Hülbert, den Geschäftsführer der True Sale International (TSI), „ist es erst einmal positiv, dass der Gesetzgebungsvorschlag der EU-Kommission alle Punkte dem Grunde nach berücksichtigt, die wir für entscheidend halten – von Kapitalanforderungen über Transparenzpflichten und Due-Diligence-Vorgaben bis hin zur Liquiditätsquote.“

Ja, aber ...

Dem Lob folgt jedoch die Kritik, dem „Ja“ folgt das „aber“. So erkennt der Geschäftsführer der True Sale International, also der von führenden Banken gegründeten Interessensvertretung zur Förderung des Verbriefungsmarkts, „einen erheblichen Nachbesserungsbedarf“. Kapitalmarktrecht-Experte Heuer merkt kritisch an: „Ich fürchte, das Ziel wird nicht erreicht.“ Und Bankenlobbyist Herkenhoff moniert: „Bei den Kapitalanforderungen schlägt die EU-Kommission einen falschen Weg ein.“

Die EU-Kommission hat Mitte Juni ihren Vorschlag für ein Gesetzespaket präsentiert, das Änderungen der Verbriefungs-Verordnung, der Kapitaladäquanz-Verordnung (CRR) und delegierte Rechtsakte unter anderem zur Anpassung der Versicherungs-Solvabilitätsregeln (Solvency II) vorsehen.

Risikosensitivere Formel

Was Erleichterungen bei der Kapitalunterlegung angeht, so sieht die EU-Kommission vor, die derzeit geltenden pauschalen Werte bei der Bestimmung der Untergrenze des Risikogewichts für vorrangige Tranchen, also für „senior positions“, durch eine „risikosensitivere“ Formel zu ersetzen, damit sie stärker dem Risiko des zugrunde liegenden Forderungspools entspricht. Dabei soll zwischen Positionen, die das Label „STS“ tragen, also standardisiert, transparent und simpel sind, und allen „Nicht-STS“ differenziert werden. Eine weitere Anpassung, die von der EU-Kommission vorgeschlagen wird, betrifft den so genannten P-Faktor. Mit diesem Faktor steigen aktuell die Kapitalanforderungen von Verbriefungen im Vergleich zu den Anforderungen, die für die jeweiligen unterliegenden Portfolien gelten – um bis zu 100%. Der P-Faktor, so empfiehlt die EU-Behörde, soll in Bezug auf bestimmte Positionen (vorrangig, STS) erheblich gesenkt werden. Zudem ist eine spezifische Kategorie für vergleichsweise robuste Verbriefungen geplant, für „resilient securitizations“, die von zusätzlichen Abschlägen bei den Kapitalpflichten profitieren können. Um dieses Prädikat zu bekommen, muss eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein.

Straffung der Due-Diligence-Vorgaben

In Bezug auf Sorgfaltspflichten (Due Diligence) schlägt der Gesetzesentwurf zur EU-Verbriefungs-Verordnung eine Straffung vor, wobei davon vor allem Emittenten profitieren können, die in der EU sitzen. Die Meldeformulare sollen vereinfacht werden, die Zahl der Datenfelder sollen um mindestens 35% sinken.. Ausdrücklich stellen die Pläne der EU-Kommission übrigens klar, dass an einigen Grundfesten der bisherigen Regulierung nicht gerüttelt werden soll. Das gilt beispielsweise für den Risikoselbstbehalt und das Verbot der Wiederverbriefung (Re-Securitisation).

Die Kritik von True Sale International zielt vor allem auf die Kapitalgewichte, etwa auf die neue Kategorie der resilienten Verbriefung. „Einer solchen zusätzlichen Kategorie bedarf es nicht“, findet TSI-Geschäftsführer Hülbert und ergänzt: „Die einfache Reduzierung der geforderten Überkapitalisierung von Verbriefungen sowohl im Segment STS sowie Nicht-STS wäre am sinnvollsten.“ TSI habe Banken, die Verbriefungsgeschäfte tätigen, um eine Einschätzung gebeten, was die neue Kategorie für sie bedeuten würde. Die Tatsache, dass sie diese Evaluierung in wenigen Tagen nicht leisten konnten, deutet aus seiner Sicht darauf hin, dass die Vorgaben ausgesprochen komplex und kompliziert seien. Zudem seien die Bedingungen, die Kategorie ‚resilient‘ zu nutzen, restriktiv, erklärt der TSI-Geschäftsführer.

„Quasi ein STS plus“

Genau daran stört sich auch der Bankenverband. Die EU-Kommission schaffe mit der “Resilienz"-Kategorie „quasi ein STS plus“, argumentiert Michaela Zattler, Leiterin Bankenaufsicht beim BdB. Deren Kriterien seien aber so eng, dass voraussichtlich nur „ein ganz kleiner Teil des Markts“ darunter falle. Anwalt Heuer schließlich gibt zu bedenken: Um die Bedingungen einer resilienten Verbriefung zu erfüllen, müsse der Puffer unter der privilegierten Seniortranche dicker werden. Das werde für den Originator teuer, denn er müsse sie, um anfänglich als auch kontinuierlich eine resiliente Tranche zu erhalten, wahrscheinlich „mit größeren Mezzanine-Tranchen unterbauen“ – und das mit einem teureren Kupon bezahlen. „Ob da im Gesamtmix eine Entlastung herauskommt, ist schwer zu sagen. Und vor allem ist das schwer zu kalkulieren, auch aufgrund von Volatilität – und das wird viele abhalten“, so die Schlussfolgerung des Rechtsexperten.