Geldwäsche

Das Dilemma zwischen Datenschutz und Prävention trifft künftig jeden

Der Konflikt am Bankschalter, im Ladenlokal und in den Vorräumen der Notariate scheint ausgeräumt: Ja, ein nach dem Geldwäschegesetz (GwG) Verpflichteter darf personenbezogene Daten verarbeiten. Mit §11a GwG wurde Klarheit geschaffen –...

Das Dilemma zwischen Datenschutz und Prävention trifft künftig jeden

Der Konflikt am Bankschalter, im Ladenlokal und in den Vorräumen der Notariate scheint ausgeräumt: Ja, ein nach dem Geldwäschegesetz (GwG) Verpflichteter darf personenbezogene Daten verarbeiten. Mit §11a GwG wurde Klarheit geschaffen – nachträglich, wie man am „a“ sieht. Der Paragraf zeigt den Konflikt zwischen Kriminalitätsbekämpfung und Datenschutz. Nicht mehr der Staat, sondern der Bürger muss Daten sammeln und auswerten.

Prävention für alle!

Der Bürger wird als „Hilfsbeamter“ vom Staat eingespannt. Das gilt nicht nur für die „Professionals“ der Geldwäscheprävention, die Finanz- und Versicherungsfirmen, rechts- und steuerberatenden Berufe, Kapital- und Vermögensverwalter sowie Holding-Unternehmen. Nein, es betrifft in Zukunft jede Frau und jedermann.

Wieso das? Im Zuge der Anpassung des deutschen Rechts an die 6. EU-Geldwäscherichtlinie soll nun der Geldwäschetatbestand allgemein auf alle Straftaten angewendet werden und unmittelbare wie aber auch mittelbare Vorteile einer Tat umfassen. Wer in Zukunft Vermögensgegenstände erlangt und dabei wissen könnte, dass diese vielleicht eine strafrechtlich relevante Vorgeschichte haben, macht sich bald selbst strafbar, und zwar, wenn er sich diese Vermögensgegenstände im Hinblick auf die Vortat bereits verschafft, wenn er sie nur lagert und dann in Vereitelungsabsicht verwertet. Das strafrechtliche Risiko im Geschäftsverkehr steigt massiv.

Bisher wurden gewisse, qualifizierte Straftaten vorausgesetzt, ehe Geldwäsche strafbar wurde: Es mussten verfassungsfeindliche und terroristische Untaten oder Verbrechen sein. Straftaten geringeren Ausmaßes, die sogenannten Vergehen, betraf es nur hinsichtlich typischer Vermögensdelikte (zum Beispiel Diebstahl, Erpressung und Betrug), Bestechung, Schmuggel bzw. Steuerhehlerei, Zuhälterei, Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsarbeit und Ausbeutung. Trotz des umfangreichen und stets erweiterten Katalogs konnten sich Bürger eine Vorstellung bilden, mit wem man besser keine Geschäfte macht.

Mit der 6. EU-Geldwäscherichtlinie wurde die Überlegung verknüpft, diesen Katalog innerhalb der EU zu vereinheitlichen und Geldwäsche in Verbindung mit EU-Straftatbeständen – etwa im Finanz- und Außenwirtschaftsrecht – zu erfassen. Das will das SPD-geführte Bundesjustizministerium dazu nutzen, Geldwäsche als Nachtat zu allen möglichen strafbaren Handlungen auszuweiten. Die Folgen dieser „Vereinfachung“ sind massiv: In Zukunft wird jeder Wirtschaftsteilnehmer dazu verpflichtet sein, jeden Vermögenswert genau zu prüfen, ob hier ein strafbarer Hintergrund vorliegen könnte. Faktisch bedeutet das Geldwäscheprävention für alle.

Datenrecherche durch alle!

Das heißt aber auch, dass bei der Prüfung dieser Möglichkeit immer personenbezogene Daten verarbeitet werden müssen. Das Thema Datenschutz wird nun ebenfalls virulent. Die bereits genannten „Professionals“ der Geldwäscheprävention sind darin schon geübt – und ihnen steht die Erlaubnisnorm zur Datenverarbeitung in §11a GwG zur Seite. Was machen aber nun die anderen? Wer sich nicht der Geldwäsche verdächtig oder gar strafbar machen will, der muss Prävention betreiben – unabhängig davon, ob das GwG für ihn anwendbar ist oder nicht.

Geldwäscheprävention ist bereits für GwG-Verpflichtete eine Herausforderung: Einzelkaufleute, die mit E-Geld umgehen, Versicherungsvermittler, Immobilienmakler, betroffene Güter- und Kunsthändler haben mit der Geldwäscheprävention insbesondere zu kämpfen, wenn sie nicht zu den Großen ihrer Branche gehören. Jetzt kommt faktisch jeder hinzu, der wirtschaftlich tätig ist.

Der Katalog der Präventionspflichten nach dem GwG ist umfangreich: GwG-Verpflichtete müssen ihre Geschäftspartner mit Ausweisen identifizieren, wirtschaftlich Berechtigte im Hintergrund abklären und sich auch Gedanken über die Art und Weise einer Geschäftsbeziehung machen – und zwar über die gesamte Geschäftsbeziehung hinweg.

Inwieweit treffen diese Maßnahmepflichten nun aber jeden? Um sich selbst gegen den Verdacht der Geldwäsche abzusichern, sind im Grunde genommen die gleichen Maßnahmen erforderlich: Insbesondere wäre jedem Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr zu raten, gerade neue Geschäftspartner stets zu identifizieren und auch deren geschäftliche Hintergründe zu verstehen und zu prüfen. Ferner ist jede Geschäftsentwicklung kritisch zu hinterfragen. Dabei ähneln die dazu erforderlichen Maßnahmen denen des GwG sehr – bis hin zur Meldung möglicher Verdachtssituationen an die zuständigen Behörden.

Was heißt das für den Datenschutz? Um die eigene Strafbarkeit wegen Geldwäsche zu vermeiden, muss künftig jeder personenbezogene Daten seiner Geschäftspartner verarbeiten. Sofern keine eigene Präventionspflicht nach dem GwG besteht, kann §11a GwG nicht als Rechtfertigung für die Datenverarbeitung dienen. Es bleibt allein das berechtigte Interesse, sich selbst nicht strafbar zu machen. Hier setzt aber die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine umfangreiche Interessenabwägung voraus.

Heikle Abwägung

Ist ein Geldwäschevorwurf offensichtlich, dürften Gegeninteressen Betroffener kaum überwiegen. Wer hat schon ein berechtigtes Interesse an der Verdeckung möglicher Straftaten? Überwiegend wird aber der Verdacht auf eine kriminelle Herkunft des eingesetzten Vermögens nicht offensichtlich, und weitere Recherchen und damit auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten werden erforderlich sein. Hier gilt es dann eine Interessenabwägung zu treffen.

Die Nachteile auch nur eines langwierigen Strafprozesses mit persönlicher Erscheinungspflicht sowie hohen Kosten sind groß. Bei Wissen über eine kriminelle Vorgeschichte von Vermögensgegenständen droht ein Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Zwar setzt Vorsatz neben dem Wissen auch ein Wollen voraus; mit dem Anbieten kritischer Vermögensgegenstände wird dieses subjektive Moment bis hin zur Absicht aber schon indiziert. Leichtfertige Geldwäsche birgt immer noch ein Sanktionsrisiko von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Vor dem Hintergrund der Strafdrohung müssen die berechtigten Gegeninteressen der Geschäftspartner und auch wirtschaftlichen Berechtigten massiv sein. Allein das Interesse, unerkannt zu bleiben, dürfte nicht genügen.

Die Datenschutz-Aufseher werden künftig ein Dilemma lösen müssen: Entweder sind viele geschäftsrelevante Daten von den Ausweisen der unmittelbaren Geschäftskontakte bis hin zu denen eventueller wirtschaftlicher Berechtigter, persönliche Informationen zum Vermögen, seiner Herkunft und Verwaltung wie auch der Geschäftstätigkeit durch jedermann prüfbar – oder aber die Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr dürfen sich vor dem Strafrichter auf mangelndes Wissen wegen des Datenschutzes berufen. Nach der Reform des Geldwäscheparagrafen, des §261 im Strafgesetzbuch, stellt sich folgende Frage: Wenn dem Datenschutz Vorrang gegeben wird – macht sich dann der Datenschützer der Geldwäsche strafbar?

Zuletzt erschienen:

Staat und Banken im Small Talk (16. Februar)

Neue Technik revolutioniert Geldwäschebekämpfung (13. Februar)

Mit Googles Hilfe gegen Kriminalität (4. Februar)