Nachhaltigkeit

Erste Ordnung im Taxonomie-Chaos

Das EU-Klassifizierungssystem einer nachhaltigen Wirtschaft stellt die Regulierungsbehörden EBA, ESMA und EIOPA vor eine harte Probe: Sie müssen klären, wie die Finanzbranche die Daten nach und nach in brauchbare Kennziffern überführt. Der Mangel an Informationen und Zielkonflikte erschweren die Arbeit.

Erste Ordnung im Taxonomie-Chaos

jsc Frankfurt

Die Vorgaben für die Finanzbranche, wie sie klimabezogene Angaben der EU-Taxonomie mit den übrigen Finanzpositionen in Beziehung setzen soll, nehmen langsam Gestalt an. Am Montag haben die europäischen Regulierungsbehörden EBA, ESMA und EIOPA­ in ihren Berichten an die EU-Kommission dargelegt, wie verschiedene Kennzahlen künftig berechnet werden sollen. Banken, Fondsadressen und Versicherer müssen sich somit auf neue Kennziffern für ihre Geschäfte einstellen.

Die Taxonomie, das Klassifizierungssystem für nachhaltige Geschäftstätigkeiten, soll nach den Plänen der EU künftig eine Auskunft darüber ermöglichen, wie die Mittel der Finanzbranche verwendet werden. Betroffen sind davon unter anderem die Bilanzen der Banken, die Vermögenspositionen der Fondsbranche und der Versicherer sowie die Versicherungsbeiträge jenseits der Lebensparte, wie aus den Berichten der drei Behörden hervorgeht.

Auskunft geben soll die Finanzbranche zunächst einmal zum Klimaschutz: Denn in einem ersten Schritt hat eine EU-Expertengruppe bereits konkrete Vorgaben für zwei Ziele auf den Weg gebracht: die Abschwächung von Treibhausgasemissionen und die Anpassung an Klimaveränderungen. In der Taxonomie sind genaue Vorgaben enthalten, welche Geschäftsfelder etwa in der Indus­trie, in der Energie- und Wasserwirtschaft, in der Landwirtschaft oder in der Transport- und Bauwirtschaft als nachhaltig einzustufen sind. Die Themen Wasserschutz, Umweltemissionen, Müllvermeidung und Ökosysteme sind bereits skizziert, folgen aber erst in einem späteren Schritt. Danach könnten auch soziale Ziele sowie Aspekte der Unternehmensführung berücksichtigt werden.

Über die Kennziffern, die sich für Finanzfirmen ableiten, wird schon länger diskutiert, doch mangels Vorgaben waren sie bisher nicht verbreitet. So hat eine Umfrage der Börsen-Zeitung unter deutschen Finanzinstituten vor einem Jahr ergeben, dass die bereits damals im Raum stehende „Green Asset Ratio“ (GAR) von keiner Bank bereits konkret berechnet wird (vgl. BZ vom 11.3.2020). Die Regulierungsbehörden wollen die Lücke nun mit ihren Empfehlungen ein Stück weit schließen.

Ungleiche Empfehlungen

Die Positionen der Regulierer sind dabei aber nicht immer einheitlich. So stellt die EBA für Banken klar, dass die Summe der Positionen, die mit der Taxonomie zusammenhängen, nur ins Verhältnis zu Gesamtpositionen gesetzt werden sollen, für die Angaben zur Taxonomie tatsächlich relevant sind. Geschäftsfelder, auf welche die Taxonomie nicht anwendbar ist, fallen dabei also aus der Betrachtung und somit aus dem Nenner verschiedener Kennziffern heraus, wie die EBA vorschlägt.

Mit Blick auf Fondsgesellschaften geht die ESMA wiederum einen anderen Weg: Sie empfiehlt, die Taxonomiequote auf Grundlage aller verwalteten Vermögen zu berechnen. Die ESMA führt dies beispielhaft für Unternehmens- und für Staatsanleihen auf: Auf Wertpapiere von Unternehmen wäre die Taxonomie anwendbar, auf Staatsanleihen, sofern sie nicht an konkrete Tätigkeiten gebunden sind, jedoch nicht. Weist eine Fondsgesellschaft den Taxonomieanteil aus, muss sie im Nenner der Berechnung somit auch das Volumen der Staatsanleihen berechnen, wie die ESMA beispielhaft ausführt. Andernfalls, so argumentieren die Regulierer, weisen Fonds womöglich hohe Taxonomiequoten auf, obwohl der tatsächliche Anteil nur sehr gering ist. Der Anteil der Positionen, die nicht mit der Taxonomie in Beziehung gesetzt werden können, soll dabei aber auch ausgewiesen werden.

Ein Problem taucht in allen Berichten auf: Bisher mangelt es an Daten. Denn erst müssen Unternehmen offenlegen, wie sich ihr Geschäft auf die Bereiche der Taxonomie aufteilt, ehe Banken, Fondshäuser und Versicherer die Daten für die Berechnung der Quoten heranziehen können. So sind große Unternehmen erst 2022 verpflichtet, für das Jahr 2021 zu berichten, kleine Unternehmen folgen vermutlich erst später, und ausländische Träger fehlen ganz. Daher diskutieren die Regulierer eine spätere Berücksichtigung bestimmter Positionen sowie den Einsatz von Schätzwerten.