Green Finance

Dynamik bei Green und Sustainable Finance nimmt ab

Die Dynamik bei Green und Sustainable Finance hat 2023 abgenommen, wenngleich der Markt noch zulegen kann. Der Januar zeigt hier schon wieder positive Signale. Es besteht laut Experten durchaus Expansionsspielraum für 2024.

Dynamik bei Green und Sustainable Finance nimmt ab

Dynamik bei Green und Sustainable Finance nimmt ab

Volumina legen aber noch zu – Januar 2024 zeigt schon wieder positive Signale – Spielraum für Expansion vorhanden

Green und Sustainable Finance ist weiter an den Kapitalmärkten gefragt, auch wenn die Dynamik des Segmentes im Jahr 2023 etwas abgenommen hat. Der Januar 2024 läuft schon wieder gut an. China ist nach wie vor das größte Emissionsland. Die USA folgen.

kjo Frankfurt

Die Dynamik im Bereich von Green und Sustainable Finance hat seit dem Jahr 2022 deutlich abgenommen. Erstens gibt es kaum noch einen Zuwachs beim jährlichen Arrangement neuer nachhaltiger Finanzierungen. Zweitens ist der Anteil von Unternehmen, die erstmals Mittel zur nachhaltigen Verwendung aufnehmen, rückläufig. Drittens geht die Bedeutung der Realwirtschaft am Green Financing – gerade derjenigen Emittentengruppe, die besonders zu nachhaltigerem Wirtschaften beitragen könnte – zurück. Das halten die Kapitalmarktexperten von Capmarcon in ihrer neuesten Analyse fest, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Capmarcon ist eine auf Nachhaltigkeitsmanagement und Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft. Sie entwickelt Nachhaltigkeitsstrategien, erstellt Rahmenwerke und unterstützt bei ESG-Ratings und berät bei der nachhaltigen Kapitalbeschaffung besonders in den Bereichen Green, Blue, Social, Sustainable oder ESG-linked Financing.

Diesen Entwicklungen stehe entgegen, dass die Begebung umweltbezogener Finanzierungen – Green im engeren Sinne – wieder signifikant ansteige. Gleichzeitig würden Sustainability-linked-Finanzierungen mit eher mäßiger nachhaltiger Wirkung anscheinend an Bedeutung verlieren. Dies sei ein positives Signal hinsichtlich der Auswirkungen auf Energienutzung und Materialwirtschaft. Ebenfalls erfreulich sei, dass in der ersten Januarhälfte 2024 Green-Financing-Transaktionen im Volumen von 70 Mrd. Euro weltweit an den Markt gekommen seien.

"Entscheidend für die Entwicklung im Jahr 2024 ist, in welchem Umfang Unternehmen nachhaltige Finanzierungsmöglichkeiten überhaupt identifizieren können. Dies hängt nicht zuletzt auch von der Konjunktur ab", so die Experten von Capmarcon. Der Blick gilt hier vor allem wichtigen Sektoren wie Industrie, Energiewirtschaft und Verkehr/Logistik, die bei einem eingetrübten Sentiment für die Wirtschaftsentwicklung kaum zu verstärkten Investitionen in Nachhaltigkeit motiviert sein dürften, so die Einschätzung der Experten.

Zwei Strömungen

Im Jahresverlauf 2023 wurde laut Capmarcon weltweit ein Volumen an nachhaltigen Finanzierungen in Höhe von 1,05 Bill. Euro platziert. "Das war nur geringfügig mehr als im Vorjahr. Diese Entwicklung wurde im Wesentlichen von zwei Strömungen getragen: Die Begebungen staatlicher Gebietskörperschaften und der Weltbankgruppe nahmen um 58,5 Mrd. Euro zu, während der private Finanzsektor (minus 27,5 Mrd. Euro) und die Realwirtschaft (minus 15 Mrd. Euro) signifikant weniger arrangierten. Gleichzeitig sei das Interesse an dezidiert grünen Anleihen (Volumen +4,2%) und an umweltbezogenen grünen Krediten (+115%) gestiegen.

"Überraschend abgenommen hat das Interesse von Emittenten an Sustainability-linked-Finanzierungen. Das Transaktionsvolumen ging um 18% zurück. Emittenten verpflichten sich hier, bestimmte Zielwerte zu erreichen. Eine häufige Kombination von Zielwerten im Jahr 2023 waren CO2-Emissionen, die Zahl der Arbeitsunfälle und Frauenquoten in Unternehmen.

Rückläufig sei auch das Finanzierungsvolumen für soziale Zwecke wie zum Beispiel Wohnungsbau für Geringverdiener, Krankenhäuser und soziale Einrichtungen oder Studenten- und Mikrofinanzkredite gewesen. Weiteren Verwendungszwecken sei keine wesentliche Rolle zu gekommen. Der Anteil von Debüt-Emittenten am Neugeschäft – also Unternehmen und Institutionen, die Green Financing erstmals in der Finanzierung einsetzen – sei weiter zurückgegangen. Dieser Anteil sei ein Maß für die Dynamik in der Inanspruchnahme nachhaltiger Finanzierungen. "Denn der weit überwiegende Teil des externen Finanzbedarfs wird unverändert mit konventionellen Instrumenten arrangiert. Hier besteht erheblicher Expansionsspielraum für das Green Financing", heißt es in der Studie weiter. Der Anteil der Debüt-Emittenten am neuen nachhaltigen Transaktionsvolumen sei von 28% im Jahr 2022 auf 23% im Jahr 2023 gefallen.

Mehr Transaktionen

Die Zahl der weltweit arrangierten Transaktionen stieg laut Capmarcon im Jahr 2023 auf 3.525 gegenüber 3.092 im Vorjahr. Allerdings seien die Einzelbeträge im Primärmarktgeschäft signifikant zurückgegangen. Aus diesem Grund habe das Gesamtvolumen lediglich um 2% auf 1,05 Bill. Euro zugenommen. Im Jahr 2022 kamen den Experten zufolge 280 Jumbo-Emissionen (über 1 Mrd. Euro) an den Markt, im Jahr 2023 dagegen nur noch 260. Auch die Durchschnittsvolumina kleinerer Emissionen seien auffällig geringer ausgefallen. "Dabei gab es signifikante regionale Unterschiede. In Europa, dem größten Emissionsgebiet für nachhaltige Finanzierungen, ging das arrangierte Volumen um 12% auf 496 Mrd. Euro zurück. Nur ge-ringfügig unter Vorjahr blieb der Umfang in Asien, Australien und Afrika", heißt es. Deutliche Zuwächse seien hingegen in Nordamerika (+11%), in Südamerika (+51%) und vor allem im Nahen/Mittleren Osten einschließlich Türkei (+169%) zu verzeichnen gewesen.

Südkorea legt zu

Das größte Emissionsland sei 2023 China gewesen mit einem arrangierten Volumen in Höhe von 121 Mrd. Euro (minus 27 % gegenüber Vorjahr), gefolgt von den USA mit 107 Mrd. Euro (+11%), Deutschland mit 95 Mrd. Euro (minus 15%), Frankreich mit 72 Mrd. Euro (minus 29%) und Italien 56 Mrd. Euro (+15%). "Der höchste Anstieg von Green Financing war wegen hoher staatlicher Begebungen in Südkorea zu regi-strieren, und zwar mit einem Plus von 217% auf 47 Mrd. Euro.

Der Großteil der nachhaltigen Finanzierung lautete den Experten zufolge auch 2023 entweder auf Euro mit fallender Tendenz fallend – oder auf US-Dollar. Die Vorrangstellung des Euros liege einerseits in der Dominanz europäischer Adressen beim Green Financing begründet, anderseits in der starken europäischen Investorenbasis im Green Financing. "Der Dollar profitiert von seiner Rolle als Weltreservewährung. Wegen hoher Emissionen in China erreichte der Renminbi einen Währungsanteil am Green Financing von 9%", halten die Experten fest. Weitere wichtige Devisen seien britisches Pfund (4%) und koreanischer Won (4%) wegen Green Financing staatlicher Organisationen.

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