Frankreich verzichtet auf Say-on-Climate-Verpflichtung
ESG-Vorschriften Frankreich
Frankreichs Verzicht auf Say on Climate
Verpflichtende Konsultation von Aktionären aus Gesetzentwurf gestrichen
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Gesche Wüpper, Paris
Frankreich dürfte noch diese Woche ein Gesetz für grüne Industrien erlassen, nachdem das Parlament seine endgültige Zustimmung gegeben hat. Allerdings hat es gerade auf eine wichtige Ergänzung verzichtet. Diese sollte börsennotierte Unternehmen gesetzlich verpflichten, ihre Aktionäre alle drei Jahre zu ihrer Klima-Strategie zu konsultieren. Umweltschutzorganisationen beklagen nun eine vertane Chance.
Der Abgeordnete der Regierungspartei Renaissance Alexandre Holroyd hatte den Zusatzantrag für ein verpflichtendes "Say on Climate" Ende Juli vor der Sommerpause eingebracht. Entgegen der Empfehlung der Regierung von Premierministerin Elisabeth Borne hatte die Nationalversammlung dafür gestimmt. Doch jetzt hat der paritätische Ausschuss beider Parlamentskammern entschieden, den entsprechenden Paragraphen wieder aus dem Gesetzentwurf gestrichen, bevor er den Text beiden Kammern zur endgültigen Abstimmung vorlegte.
Vorreiter bei ESG-Gesetzgebung
Sie bedauere, dass Regierung und Parlamentarier dem Druck der Lobbys nachgegeben hätten, erklärte die Nicht-Regierungsorganisation Reclaim Finance. Dank der kurz vor dem Abschluss stehenden europäischen Direktive zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen sei bereits ein gutes Stück des Weges zurückgelegt, verlautet aus dem französischen Wirtschaftsministerium. Deshalb benötige man jetzt nicht noch zusätzliche Prozeduren.
Frankreich gilt eigentlich als Vorreiter für die Gesetzgebung hinsichtlich von ESG-Themen (Environmental, Social, Governance). Bereits seit 2015 müssen Unternehmen, Investoren und Vermögensverwalter jedes Jahr offenlegen, welche Risiken sie im Zusammenhang mit dem Klimawandel eingehen und wie ihre Dekarbonisierungsziele aussehen.
Freiwillige Vorreiter
Die Vereinigung der französischen privatwirtschaftlichen Unternehmen Association française des entreprises privées (Afep) hatte sich jetzt offen gegen die fallengelassene Verpflichtung gestellt, Aktionäre zur Klimastrategie konsultieren zu müssen. Es gäbe weder bei Unternehmen noch bei Investoren einen Konsens, was den Sinn eines "Say on Climate" angehe", erklärte sie. Die Selbstregulierung funktioniere.
Nach Angaben des Forums für verantwortungsvolle Investitionen FIR und der Agentur für den ökologischen Wandel Agence Ademe haben in diesem Jahr insgesamt acht börsennotierte Unternehmen ihren Aktionären auf der Hauptversammlung vorgeschlagen, über ihre Klima-Strategie abzustimmen. Dazu gehören Klépierre, Schneider Electric und Total Energies.
Das geplante Gesetz für grüne Industrien soll die Desindustrialisierung stoppen und es Frankreich ermöglichen, sich als Vorreiter für die Dekarbonisierung zu positionieren.