LeitartikelUN-Weltklimakonferenz

Minimaler Ehrgeiz

Die Weltklimakonferenz in Dubai ist eine Enttäuschung – mal wieder. Der ersehnte Paris-Moment blieb aus. Der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Staaten einigen konnten, ist kaum der Rede wert.

Minimaler Ehrgeiz

Leitartikel

Minimaler Ehrgeiz

Von Anna Steiner

Die COP28 war eine
Enttäuschung – mal wieder. Ein Paris-Moment blieb aus. Die Hypothek der Ölstaaten war schlicht zu groß.

Die Weltklimakonferenz in Dubai ist zu Ende gegangen – nach zwölf Tagen Workshops, Diskussionen und mühsamen Verhandlungen mit Tausenden Teilnehmern. Ergebnisse? Fehlanzeige. Zumindest kaum Erwähnenswertes. Letztlich reiht sich die Klimakonferenz COP28 ein hinter zahlreiche mit großem Aufwand geplante und durchgeführte Konferenzen, die kaum Bewegung in die Bekämpfung des fortschreitenden Klimawandels bringen. Der erhoffte erneute Paris-Moment, also ein Durchbruch ähnlich dem Abschlussdokument der UN-Konferenz im Jahr 2015, als sich die Staaten auf ambitionierte Klimaziele einigten, blieb aus.

Hypothek zu groß

Zugegeben, die Erwartungen im Vorfeld der monströsen Konferenz waren wie üblich verhalten. Der Ausrichter, in diesem Jahr die Vereinigten Arabischen Emirate, mühte sich zwar wie andere Ausrichterländer vor ihm um große Worte und mahnte maximalen Ehrgeiz an. Doch der kleine Funken Hoffnung, den unter anderem auch die europäischen Staaten versucht hatten zu schüren, erlosch. Der „historische“ Moment, von dem der Ausrichter, die Vereinigten Arabischen Emirate, nach Abschluss der Verhandlungen sprach, beschränkt sich auf wenige vage Formulierungen.

Die Hypothek war am Ende doch zu groß. Zu stark war erneut die Lobby der Öl- und Kohlestaaten. Zu schwach der Protest der kleinen Länder, die schon heute unter dem Klimawandel leiden. Eingetreten ist demzufolge, was Kritiker vor der Konferenz befürchteten. Eine Klimakonferenz in einem Ölstaat wird nicht das Wunder hervorbringen, das Ende von Kohle und Öl auszurufen. Lediglich als „Anfang vom Ende der fossilen Brennstoffe“ bezeichnen auch Umweltverbände die Ergebnisse.

Kaum erwähnenswerte Ergebnisse

Dem Präsidenten der diesjährigen COP, Sultan Al-Jaber, gelang es nicht, seine Kritiker zu überraschen. Als Industrieminister seines Landes und CEO des staatlichen Ölkonzerns galt sein maximaler Ehrgeiz nicht dem Erreichen einer möglichst ambitionierten und verpflichtenden Abschlusserklärung. Vielmehr schien Al-Jaber Wohl und Reichtum seines Heimatlandes im Blick zu haben. Doch damit war er nicht allein. Mit ihm stimmten zahlreiche andere Staaten, die in der Abschlusserklärung Fortschrittlicheres verhinderten.

Das Wort „fossil“ taucht lediglich zweimal in dem Dokument auf. Ein erstes Mal – reichlich allgemein – in Bezug auf den allgemeinen Willen, in diesem Jahrzehnt die Maßnahmen zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zu beschleunigen. Und ein zweites und konkreteres Mal in dem Rat, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen, die „weder der Energiearmut noch gerechten Übergängen
dienen“.

Einfache Rechtfertigung

Kurz und reichlich frustriert zusammengefasst könnte man sagen: Wer behauptet, Öl und Kohle seien notwendig, um Energie für alle bezahlbar zu halten oder einen sozial fairen Übergang zu den Erneuerbaren zu gestalten, der rechtfertigt sowohl jedwede weitere Förderung und Verfeuerung als auch den Export fossiler Brennstoffe im Sinne der Klimakonferenz. Das ist ein Armutszeugnis.

Da ist es auch nur ein schwacher Trost, dass es den Staaten gelungen ist, sich bei der COP darauf zu einigen, dass die Klimakrise in ihrem Kerne eine Krise der fossilen Brennstoffe ist. Denn das ist in der Wissenschaft und in weiten Teilen der Allgemeinheit längst Konsens. Die bloße Feststellung einer Tatsache mit Jahren Verspätung ist weder „historisch“ noch ein Durchbruch. Die bloße Einigung auf eine gemeinsame Abschlusserklärung darf nicht mehr als Erfolg verkauft werden. Dafür ist die Klimakrise zu fortgeschritten.

Größtmöglicher Interpretationsspielraum

UN-Generalsekretär António Guterres hatte bis zuletzt von den Staaten „maximale Flexibilität und maximalen Ehrgeiz“ gefordert. Bekommen haben er – und alle, denen das Klima und der Bestand des Ökosystems wichtig sind – das Gegenteil: minimalen Ehrgeiz. Maximale Flexibilität haben die Verhandler lediglich darin bewiesen, möglichst vage Worte zu wählen, um größtmöglichen Interpretationsspielraum zu lassen.

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