FINANZMARKTKALENDER - NÄCHSTE WOCHE

Die Ausschüttungsquote schrumpft

Volkswagen erläutert Aktionären Technologieumbruch zwischen Diesel- und Coronakrise

Die Ausschüttungsquote schrumpft

Von Carsten Steevens, HamburgDie infolge der Coronavirus-Pandemie vom 7. Mai auf kommenden Mittwoch verschobene 60. ordentliche Hauptversammlung, die Volkswagen wie die meisten Dax-Konzerne in diesem Jahr in virtueller Form bestreiten wird, steht im Zeichen einer Zeitenwende. Mit der Markteinführung des Elektro-Kompaktwagens ID.3 machte sich das Wolfsburger Zwölfmarkenunternehmen in diesem Monat auf den Weg, die Elektromobilität aus der Nische in das Volumensegment zu führen. Der nach Auslieferungen weltgrößte Fahrzeugbauer, der in wenigen Jahren Branchenführer bei den E-Autos sein will, muss sich dabei mit den Folgen der Covid-19-Pandemie arrangieren. Wie sich die vor der Coronakrise bereits deutlich gesunkene weltweite Fahrzeugnachfrage entwickeln wird, ist in Anbetracht konjunktureller Verwerfungen und einer sich möglicherweise ausbreitenden zweiten Pandemie-Welle ungewiss. Marktschätzungen gehen davon aus, dass die Auslieferungen des Konzerns nach dem Rekordniveau von 11 Millionen Fahrzeugen im vorigen Jahr allein 2020 auf 9 bis 9,5 Millionen Fahrzeuge und damit auf das Niveau von 2012 zurückfallen könnten. Nach einem Milliardenverlust im ersten Halbjahr machte VW Ende Juli aber in Erwartung einer besseren zweiten Jahreshälfte immerhin Hoffnung darauf, das laufende Geschäftsjahr vor und nach Sondereinflüssen mit einem positiven operativen Ergebnis abzuschließen – nach einem Bestwert von fast 17 Mrd. Euro im vergangenen Jahr.Da die Sicherung der Liquidität und die Stabilität der Ratings derzeit im Vordergrund stehen, müssen Aktionäre bei der Dividende zurückstecken: Den ursprünglichen Vorschlag von Ende Februar, die Gewinnausschüttung für das Rekordjahr 2019 um rund 35% anzuheben und sich mit einer Ausschüttungsquote von 24,5 % dem mittelfristigen Ziel von mindestens 30 % zu nähern, nahm VW Ende Juli zurück. Der seitdem geltende Vorschlag einer Dividende von 4,80 Euro je Stamm- und 4,86 Euro je Vorzugsaktie läuft auf eine Ausschüttungsquote von 18,1 % hinaus, die unter dem Vorjahresniveau von 20,4 % liegt. Anstatt rund 3,3 Mrd. Euro würde Volkswagen somit etwa 900 Mill. Euro weniger an die Aktionäre zahlen.Diese dürfte in der Hauptversammlung darüber hinaus interessieren, wann Audi als Technologieentwickler und Tesla-Jäger zu altem Glanz zurückfindet, welche Zukunft Marken wie Bugatti im Konzern haben und wie es mit der Nutzfahrzeugtochter Traton nach dem Führungswechsel im Juli weitergehen soll. Nach Neubesetzungen wichtiger Managementpositionen im VW-Konzern sowie nach dem heftigen Konflikt mit Arbeitnehmervertretern im ersten Halbjahr dürfte zudem die Rolle von VW-Chef Herbert Diess stärker hinterfragt werden. Dessen Vertrag endet 2023. Spekulationen über potenzielle Nachfolger an der Konzernspitze laufen bereits.Für Diskussion wird auch der Dieselskandal sorgen, dessen Bekanntwerden sich gerade zum fünften Mal jährte. Rund 32 Mrd. Euro hat er inzwischen gekostet – ähnlich viel will VW bis 2024 in den Ausbau der E-Mobilität stecken. Dafür, dass die Wolfsburger die größte Krise ihrer Geschichte nicht abhaken können, wird auch der Strafprozess sorgen, dem sich der frühere Audi-Chef Rupert Stadler ab kommendem Mittwoch in München stellen muss.