FINANZMARKTKALENDER - NÄCHSTE WOCHE

EZB-Rat berät über Corona und Euro

Zinssitzung findet doch wieder virtuell statt - Sorge um Wirtschaftserholung - Euro-Aufwertung im Visier

EZB-Rat berät über Corona und Euro

Von Mark Schrörs, FrankfurtEigentlich hatten sich die Euro-Währungshüter bei ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause wieder persönlich im EZB-Doppelturm im Frankfurter Ostend treffen wollen – nachdem sie in den vergangenen Monaten wegen der Corona-Pandemie immer nur virtuell zusammengekommen waren. Jetzt aber findet die Sitzung am Donnerstag, 10. September, doch wieder virtuell statt – als Reaktion auf das zuletzt wieder etwas verstärkte Infektionsgeschehen in Europa, wie es aus der Europäischen Zentralbank (EZB) heißt.Die Corona-Pandemie treibt die Notenbanker aber nicht nur mit Blick auf ihre eigenen Reise- und Sitzungspläne um. Im Gegenteil: Viel wichtiger noch ist die Frage, wie sich die Pandemie auf das Wachstum und die Inflation im Euroraum auswirkt. Darüber werden EZB-Präsidentin Christine Lagarde und die Mitglieder des EZB-Rats intensiv diskutieren – zumal die Volkswirte der EZB neue Projektionen für das Wirtschaftswachstum und die Inflationsentwicklung vorlegen werden.Bei der bislang letzten Zinssitzung Mitte Juli hatte es bei aller Unsicherheit auch eine gewisse Zuversicht gegeben: Das Infektionsgeschehen schien vielerorts unter Kontrolle, die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus wurden zunehmend gelockert und einige Konjunkturdaten hatten positiv überrascht. Jetzt, acht Wochen später, sieht die Lage schon wieder etwas anders aus: Die Infektionszahlen steigen und die wirtschaftliche Erholung verliert schon wieder an Schwung. Zu allem Überfluss ist auch noch die Inflationsrate im August überraschend unter die Marke von 0 % auf -0,2 % abgesackt – zum ersten Mal seit Mai 2016.Im Juli hatten die Notenbanker zwar einerseits ihre Bereitschaft untermauert, ihre ohnehin bereits ultraexpansive Geldpolitik falls nötig weiter zu lockern. Zugleich hatte es im EZB-Rat aber andererseits auch eine Diskussion gegeben, das im März aufgelegte Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) in Höhe von 1,35 Bill. Euro bis Mitte 2021 womöglich gar nicht ausschöpfen zu müssen. Das dürfte angesichts der jüngsten Entwicklung vorerst kein Thema mehr sein. “Im Moment sieht der Rahmen beim PEPP angemessen aus”, sagte nun Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel kurz vor der Sitzung. Auch sie hatte vor dem Juli-Treffen öffentlich darüber gesprochen, dass es bei PEPP vielleicht auch weniger tue.Tatsächlich scheint es jetzt eher die Frage zu sein, ob die EZB nicht doch noch einmal nachlegen muss. Viele Beobachter sehen sie jedenfalls unter Druck und spekulieren insbesondere darauf, dass PEPP erneut aufgestockt und verlängert wird – wenn auch noch nicht jetzt, dann spätestens Ende 2020 oder Anfang 2021. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte zuletzt betont, dass die Notenbank bei Bedarf willens und vor allem auch in der Lage sei, mehr zu tun.Wie wahrscheinlich ein solcher Schritt ist, dafür sollten die neuen Projektionen der EZB-Volkswirte erste Signale geben. Von besonderem Interesse ist wieder die längerfristige Inflationsprognose. Im Juni hatten die Eurosystem-Volkswirte für 2022 eine Teuerung von 1,3 % projiziert – was spürbar unter dem EZB-Ziel von unter, aber nahe 2 % liegt.Für Diskussionsstoff dürfte auch die Euro-Aufwertung der vergangenen Monate sorgen. Am Dienstag hatte da EZB-Chefvolkswirt Lane mit Aussagen aufhorchen lassen, die viele als erste verbale Intervention gegen die Euro-Stärke interpretierten (vgl. BZ vom 3. September). Einige Notenbanker sehen die Aufwertung als Risiko für das Wachstum. Andere sind indes noch entspannter.Die Euro-Hüter dürften sich zudem mit dem jüngsten historischen Strategieschwenk der US-Notenbank hin zu einem durchschnittlichen Inflationsziel beschäftigen, mit dem die Fed de facto auf Jahre eine ultralockere Geldpolitik festgezurrt hat. Dadurch ist auch der Druck auf die EZB gestiegen, ihre Strategie zu überdenken und sich zu überlegen, wie die Geldpolitik womöglich noch länger locker bleiben kann.