Großbanken laden ihre Aktionäre
Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Deutschen Bank und der Commerzbank drohen in der kommenden Woche ungemütliche Hauptversammlungen. Nach Beendigung ihrer Fusionsgespräche vor Monatsbeginn müssen beide Großbanken damit rechnen, dass ihre Aktionäre sie mit der Frage nach der künftigen Strategie konfrontieren werden. Im Falle der Commerzbank begehrt Berichten zufolge bereits am Tag vor der Zusammenkunft zur Wochenmitte im Wiesbadener Rhein-Main Congress Center der Aufsichtsrat Auskunft vom Vorstand. Der solle ausführlich darlegen, warum er die Fusionsgespräche beendet habe und welche strategischen Pläne er nun verfolge, hieß es am Donnerstag im “Handelsblatt”. Bislang hatte Commerzbank-Chef Martin Zielke auf entsprechende Fragen hin auf eine für Herbst angekündigte Aktualisierung der Konzernstrategie vertröstet.Im Zentrum der Kritik dürfte dann am Donnerstag eher noch der Aufsichtsrat der Deutschen Bank als deren Vorstand stehen, dessen Vorsitz mit Christian Sewing und den beiden Vize-Chefs Karl von Rohr sowie Garth Ritchie erst vor Jahresfrist neu besetzt wurde. Auch wenn seit Sewings Amtsantritt nochmals rund 40 % des Börsenwerts verdampft sind, genießt die Vorstandsspitze das Vertrauen der Anteilseigner, offenbar auch weil diese wissen, dass es keinen raschen Ausweg aus der verfahrenen Lage des Konzerns gibt und dieser in der Vergangenheit eher zu viele als zu wenige Revirements im Führungsgremium erlebt hat. 15 Prozent AblehnungBei der Hauptversammlung im vergangenen Jahr verweigerten mehr als 15 % der votierenden Anteilseigner dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank die Entlastung, während im Fall des Vorstands nur 5 % mit Nein stimmten.Diesmal ist noch mehr Musik drin: Die einflussreichen Stimmrechtsberater International Shareholder Services (ISS) und Glass Lewis haben den Aktionären jeweils empfohlen, Aufsichtsrat und Vorstand die Entlastung zu verweigern. Im vergangenen Jahr hatte sich ISS, im Gegensatz zu Glass Lewis, noch für eine Entlastung der Gremien starkgemacht. Ivox, die sich konkreter Handlungsempfehlungen grundsätzlich enthält, meint, die Entlastung beider Runden solle “mindestens kritisch hinterfragt werden”. Ein Gegenantrag, Aufsichtsratschef Paul Achleitner abzuberufen, dürfte den Empfehlungen der Stimmrechtsberater zufolge indes wie schon 2018 keine Mehrheit finden.Die Mängelliste ist lang: ISS verweist unter anderem auf substanzielle Kosten und Reputationsschäden, die auf die Deutsche Bank wegen Schwächen in den Antigeldwäschesystemen zukommen könnten – etwa infolge einer möglichen Verstrickung des Instituts in den als “Russian Laundromat” bekannten Geldwäscheskandal. Internen Dokumenten zufolge stellt sich das Institut deshalb auf signifikante Disziplinarmaßnahmen britischer und US-amerikanischer Aufsichtsbehörden ein.Glass Lewis und Ivox stören sich derweil vor allem daran, dass der Konzern Aufsichtsrat und Vorstand en bloc entlastet sehen will, und empfehlen schon deshalb, mit Nein zu stimmen.Glass Lewis begründet seine Skepsis auch mit dem massiven Einbruch des Börsenwerts und Zweifeln an der Leistung der Gremien.Ivox hadert unterdessen mit der Verwicklung der Bank in den Geldwäscheskandal der Danske Bank als deren Korrespondenzbank, mit der Großrazzia der Staatsanwaltschaft Frankfurt und des Bundeskriminalamtes in Sachen Panama Papers sowie mit dem Scheitern der US-Tochter als einziges von insgesamt 35 Instituten im Stresstest der Federal Reserve. Allerdings würdigt Ivox auch die Kooperationsbereitschaft der Bank im Umgang mit den Behörden.