GastbeitragUnternehmenskrisen

Mit der doppelseitigen Treuhand auf Nummer sicher gehen

Die doppelseitige Treuhand ist ein in der Praxis vielfach bewährtes und präventiv einsetzbares Instrument an der Schnittstelle zwischen Krise und Insolvenz.

Mit der doppelseitigen Treuhand auf Nummer sicher gehen

Mit der doppelseitigen Treuhand auf Nummer sicher gehen

Präventiv einsetzbares Instrument an der Schnittstelle zwischen Krise und Insolvenz

Von Alexandra Josko de Marx und Roland Fendel *)

Ende April 2024 hat das Handelsgericht Wien einer Treuhandlösung für die Signa Prime Selection AG zugestimmt. Signa Prime galt als das Flaggschiff der von René Benko aufgebauten Immobilien- und Handelsgruppe, von der sich inzwischen zahlreiche Gesellschaften in der Insolvenz befinden. Durch die Treuhandlösung sollen – vorbehaltlich des Einspruchs der Republik Österreich – ein Notverkauf der Immobilien-Assets und damit massive Verluste für die Gläubiger vermieden werden.

Aber auch hierzulande lassen sich über eine doppelseitige Treuhand Sanierungskonzepte umsetzen und Insolvenzen vermeiden – etwa, wenn ein Unternehmen frisches Kapital benötigt. Mitunter kommen Unternehmer und Finanzierer trotz jahrelanger, erfolgreicher Zusammenarbeit an einen Punkt, an dem der Beziehungsstatus von „gut“ zu „Es ist kompliziert“ wechselt. Insbesondere wenn das Unternehmen in eine Schieflage gerät und frisches Kapital für eine Sanierung benötigt, kann die Stimmung schnell kippen. In einem solchen Fall lässt sich mit der Hilfe einer Treuhandlösung eine neue Vertrauensbasis schaffen.

Interessensausgleich

Eine Treuhand ergibt im Rahmen einer Sanierung immer dann Sinn, wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Interessen von Finanzierern und Unternehmen beziehungsweise deren Gesellschaftern möglichst ausgewogen zu gestalten. So kann ein Treuhänder beispielsweise Gesellschaftsanteile des zu sanierenden Unternehmens als Sicherheit für Sanierungsbeiträge der Finanzierer übernehmen und bei Eintritt bestimmter, zwischen den Parteien ausverhandelter Umstände verwerten. Die Finanzierer haben so die Sicherheit, einen Gegenwert für ihr eingesetztes Kapital zu erhalten. Die Gesellschafter wiederum können sich sicher sein, ihre Gesellschaftsanteile bei erfolgreicher Sanierung zurückzuerhalten.

Die Treuhand schafft damit den erwünschten Interessensausgleich zwischen allen Parteien: Durch den neutralen Dritten kann eine Balance hergestellt und eine etwaig schwierige Situation beruhigt werden. Der Treuhänder begleitet den Prozess und wird im Bedarfsfall eine Art Corporate Governance Struktur etwa in Form eines Lenkungsausschusses oder Beirats aufsetzen, in dem alle Beteiligten eingebunden sind, einschließlich der Berater des Unternehmens. Das schafft Vertrauen und ermöglicht gerade in verfahrenen Situationen eine sach- und interessengerechte Zusammenarbeit.

Über Drittbegünstigung beteiligt

Weitere Vorteile: Kommt es zur Treuhand, müssen die Finanzierer nicht selbst Gesellschafter des Unternehmens werden und Anteile übernehmen. Auch am Treuhandvertrag sind die Finanzierer nicht als Vertragspartei, sondern nur im Rahmen der Drittbegünstigung beteiligt. Des Weiteren können sich die Banken den Treuhänder selbst aussuchen. Schließlich werden sich die Finanzierer bei einer erfolgreichen Sanierung im Rahmen einer Treuhand im Zweifel wirtschaftlich besserstellen als bei einem öffentlichkeitswirksamen Insolvenzverfahren. Den Unternehmen/Gesellschaftern wiederum bietet die Treuhand die Chance, die Unternehmenskrise (diskret) zu überwinden, etwaig verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und die geschaffenen Werte für die Gesellschafter zu erhalten.

Der Treuhänder hält und verwaltet die Sicherheiten sowohl zugunsten der Gesellschafter als auch zugunsten der begünstigten Dritten. Diesen Begünstigten wird über den Treuhandvertrag ein direkter Anspruch gegen den Treuhänder eingeräumt – etwa auf Auskehr des Erlöses aus einer Verwertung der Sicherheiten oder auf sonstige Leistungen. Dabei kann eine Treuhand sowohl in rechtlicher als auch in zeitlicher Hinsicht flexibel der jeweiligen Situation angepasst werden. Denkbar ist etwa ein „dosierter“ Übergang von Gesellschafterbefugnissen auf den Treuhänder in Abhängigkeit von der Umsetzung eines Sanierungsplans oder der Verkauf nur einzelner Geschäftsbereiche bei Eintritt eines Bedingungsfalls anstatt des gesamten Unternehmens.

Viele Einsatzmöglichkeiten

Neben dem richtigen Zeitpunkt für die Konstituierung einer Treuhand muss der Zeitpunkt eindeutig definiert sein, ab welchem dem Treuhänder zusätzliche Rechte (etwa zur Verwertung der Sicherheiten) eingeräumt werden. Auch müssen klare Regelungen für Laufzeit- und Rückübertragungsoptionen sowie für die Reihenfolge der Verteilung der Erlöse getroffen werden. Ebenfalls eindeutig bestimmt sein müssen das auf den Treuhänder zu übertragende Treugut, die Rechte und Pflichten des Treuhänders oder dessen Einbindung in das Sanierungskonzept. Die Basis dafür bildet ein umfassend verhandelter und professionell ausgearbeiteter Treuhandvertrag.

Die Einsatzmöglichkeiten einer Treuhand sind vielfältig – etwa, wenn ein Unternehmen in eine Produkt- oder Absatzkrise gerät oder die Finanzierer bei der Vergabe von Fresh Money oder sonstigen in Betracht kommenden Sanierungsbeiträgen wie der Aussetzung von Zins und Tilgung zögern. Auch bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder sonstigen Stakeholdern, die zu einer Unternehmenskrise führen oder eine bereits bestehende Krise vertiefen (können) kann eine doppelseitige Treuhand die Option für einen sachgerechten und werteorientierten Lösungsansatz sein. Denn Fakt ist: Die doppelseitige Treuhand ist ein in der Praxis vielfach bewährtes und präventiv einsetzbares Instrument an der Schnittstelle zwischen Krise und Insolvenz.

*) Dr. Alexandra Josko de Marx und Dr. Roland Fendel sind Rechtsanwälte von Schultze & Braun. Sie sind im Geschäftsbereich Sicherheitenmanagement der Kanzlei tätig und haben zahlreiche Treuhandlösungen auf- und umgesetzt.

*) Dr. Alexandra Josko de Marx und Dr. Roland Fendel sind Rechtsanwälte von Schultze & Braun.