Washington als Mekka der Weltfinanz
Von Mark Schrörs, FrankfurtKeine Frage: Washington steht aktuell weltweit unter besonderer Beobachtung – dank des hitzigen Wahlkampfs zwischen den Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump. In der kommenden Woche aber wird die Aufmerksamkeit für die US-Kapitale noch größer sein – allerdings aus Gründen, die mit der US-Wahl nichts zu tun haben: Denn dann wird Washington wieder zum Mekka der Weltfinanz.Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank, Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) und Jahrestagung der Bankenlobby IIF: All diese Veranstaltungen finden ab Donnerstag Schlag auf Schlag in Washington statt.Bei der IWF-Tagung dürfte es wie üblich vor allem um die aktuelle Lage der Weltwirtschaft gehen. IWF-Chefin Christine Lagarde hat die Richtung am Mittwochabend bereits in einer Rede vorgegeben: Die globale Wirtschaft sei weiter schwach und anfällig, sagte Lagarde. Während es bei den Schwellenländern Grund für vorsichtigen Optimismus gebe, seien die Aussichten für die Industrieländer mau. Lagarde erneuerte deshalb die Forderung nach einer Antwort der Politik – und zwar als Dreiklang aus Struktur-, Fiskal- und Geldpolitik. Es gebe mehr Handlungsspielraum, als viele glaubten, betonte sie.Derzeit gibt es eine Reihe Risiken, die auch die Politiker und Notenbanker in Washington umtreiben dürften. Da ist etwa die zunehmende politische Polarisierung, die vielfach zu wirtschaftlicher Abschottung führt – eine Gefahr, die viele auch für die USA sehen. “Einschränkungen beim Handel und das Herunterfahren wirtschaftlicher Offenheit wird mit Sicherheit die Wachstumsaussichten in aller Welt und vor allem bei den Schwächsten senken”, sagte Lagarde am Mittwoch. Als Risiko gilt auch ein Abrutschen der Industriestaaten in die wirtschaftliche (säkulare) Stagnation – auch wenn durchaus sehr unterschiedlich eingeschätzt wird, wie groß diese Gefahr ist.Stärker in den Fokus könnte auch China rücken. Das liegt nicht nur an der Aufnahme des Yuan in den IWF-Währungskorb zum 1. Oktober, der als Meilenstein in der Integration Chinas in das globale Finanzsystem gepriesen wird (vgl. BZ vom 29. September). Es gibt weltweit durchaus auch Bedenken, dass der begonnene Strukturwandel der chinesischen Wirtschaft in einen ungeordneten Anpassungsprozess münden könnte. Schließlich sorgen die Verantwortlichen auch Themen wie Terror und die Flüchtlingskrise, wie Lagarde am Mittwoch klargemacht hatte.Die große Frage wird dann wieder die nach der richtigen Reaktion sein. Der IWF dringt auf vorbeugende Maßnahmen, damit sich die Abwärtsrisiken gar nicht erst materialisieren. Rückendeckung dürfte es wieder aus den USA geben, die etwa eine viel größere Rolle für die Fiskalpolitik sehen. Nicht zuletzt die Deutschen dürften dagegen erneut auf die Bremse treten und darauf pochen, dass langfristig nur Strukturreformen die Wirtschaft voranbringen.Das G 20-Treffen in Washington wird dieses Mal nur in abgespeckter Version über die Bühne gehen. Es ist das letzte Treffen unter chinesischer Präsidentschaft und der Gipfel der Staats- und Regierungschef fand bereits statt. Die Finanzminister und Notenbanker treffen sich nur zu einem Abendessen am Donnerstag. 2017 hat dann Deutschland die G 20-Präsidentschaft inne und in Washington gibt es quasi die Staffelübergabe.Parallel treffen sich in Washington die Spitzenvertreter der Bankenbranche zur IIF-Tagung. Mehr noch als bei den offiziellen IWF- und G 20-Treffen dürfte es dann auch konkret um die Probleme der europäischen und speziell der deutschen Banken gehen. Bei der Deutschen Bank etwa reißen Spekulationen um mögliche Staatshilfen nicht ab. Zu den negativen Schlagzeilen um Deutschlands führendes Institut hatte indes unlängst auch der IWF beigetragen: In einem Bericht hatte der Fonds die Bank als womöglich größten Herd systemischer Risiken im globalen Bankensystem gebrandmarkt.