Hochwasser

Flutkatastrophe trifft Industrie

Die verheerende Hochwasserkatastrophe in Deutschland – insbesondere im Westen der Republik – hat auch in der Unternehmenslandschaft Spuren hinterlassen. Wenngleich die Betroffenheit lokal eng eingegrenzt ist, bereitet die Zerstörung der...

Flutkatastrophe trifft Industrie

ab Düsseldorf

Die verheerende Hochwasserkatastrophe in Deutschland – insbesondere im Westen der Republik – hat auch in der Unternehmenslandschaft Spuren hinterlassen. Wenngleich die Betroffenheit lokal eng eingegrenzt ist, bereitet die Zerstörung der Infrastruktur vielerorts Kopfzerbrechen. Zahlreiche Indus­trieunternehmen erklärten „Force majeure“, um von ihren Lieferverpflichtungen entbunden zu werden.

Mit Thyssenkrupp und Bilstein machen gleich zwei Unternehmen der Stahlindustrie von der Vertragsklausel Gebrauch. Zwar sind drei Werke der Bilstein-Gruppe in Hagen, die nach Überflutungen in der vorigen Woche die Produktion einstellten, „im Wesentlichen wieder funktionsfähig“, wie eine Firmensprecherin der Börsen-Zeitung sagte, doch gibt es Lieferprobleme beim Vormaterial. „Wir beziehen Vormaterial ausschließlich über die Bahn“, die Gleise sind jedoch unterspült. Die Kunden aus der Autozulieferindus­trie müssen sich demnach auf Lieferverzögerungen einstellen. Ähnlich sieht es bei Thyssenkrupp aus: Zwar habe die Naturkatastrophe bislang nur sehr geringe Auswirkungen auf die Standorte, „durch Beeinträchtigungen der Lieferketten bei einzelnen Zulieferern, Kunden und Logistikpartnern ist Thyssenkrupp jedoch indirekt betroffen“, hieß es. Es werde an alternativen Lösungen gearbeitet.

Der Kupferkonzern Aurubis hatte in der vorigen Woche Force majeure für sein Werk in Stolberg bei Aachen erklärt. Die Produktion sei gestoppt und das Werk evakuiert worden. Es sei zeitlich nicht abschätzbar, wann die Produktion wieder aufgenommen werde. Auch der Autozulieferer ZF Friedrichshafen steht in Bad Neuenahr-Ahrweiler vor einem verwüsteten Werk. An die Wiederaufnahme der Produktion ist vorerst nicht zu denken.

Mit größeren Problemen sehen sich auch Eon und RWE konfrontiert. Der Netzbetreiber Eon berichtet von erheblichen Schäden an Strom- und Gasnetzen. Bei der Tochter Westnetz seien noch immer 30 000 Menschen ohne Strom, in der Spitze waren es 200 000. Eine Abschätzung zum wirtschaftlichen Schaden gibt es nicht. Bei RWE sind der Tagebau Inden und das angeschlossene Kraftwerk Weisweiler betroffen. Das Flüsschen Inde war in der vorigen Woche zum reißenden Strom geworden und in den Tagebau eingedrungen. Bis Ende der Woche soll die Braunkohleförderung wieder anlaufen. Das Kraftwerk Weisweiler laufe derzeit mit reduzierter Leistung. Zudem seien die Laufwasserkraftwerke in der Eifel sowie an Mosel, Saar und Ruhr außer Betrieb. Nach einer ersten Bestandsaufnahme ist von einem Schaden die Rede, der sich auf einen bis zu mittleren zweistelligen Millionenbetrag summieren könnte.

Über das gesamte Ausmaß der Unwetterschäden gibt es derzeit noch keinen Überblick. Im Vordergrund stehen Aufräumarbeiten und Hilfen für die Betroffenen in den Krisengebieten. Viele Unternehmen unterstützen mit Hilfsaktionen.

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