Gesundheitsbranche

Fresenius startet Selbsttest

Fresenius kämpft auch im laufenden Jahr mit den negativen Auswirkungen der Coronapandemie. Der Gesundheitskonzern verstärkt die Anstrengungen zur Kostensenkung und hinterfragt die Konzernstruktur.

Fresenius startet Selbsttest

swa Frankfurt

Das Management von Fresenius macht bei Kostensenkungen Tempo und evaluiert das Portfolio. Der Gesundheitskonzern stellt von 2023 an Einsparungen von mindestens 100 Mill. Euro pro Jahr in Aussicht, berechnet als Effekt im Reingewinn nach Anteilen Dritter. Dabei wird ein Personalabbau nicht ausgeschlossen, für Details sei es noch zu früh, sagt CEO Stephan Sturm. Er schließe aber nichts aus.

Der Konzern arbeitet zudem an der Stärkung der Bilanz über einen „disziplinierten Kapitaleinsatz“. Der Verschuldungsgrad habe Ende 2020 den Wert von 3,44 erreicht, ergänzt CFO Rachel Empey. Fresenius werde sich bei Investitionen auf das Kerngeschäft fokussieren. Größere Akquisitionen sind auch 2022 noch nicht geplant. Von 2023 an seien wieder größere Erwerbe jenseits von 1 Mrd. Euro denkbar, sagt Sturm.

Neben allen operativen Maßnahmen zur Steigerung der Rentabili­tät denkt der Vorstand angesichts der schwachen Börsenperformance grundlegend über die Konzernstruktur nach. „Nicht kurzfristig, aber ich glaube, wir müssen uns Gedanken darüber machen, ob wir vom Kapitalmarkt die Wertschätzung erfahren, die wir aus unserer Sicht verdienen“, sagt Sturm. „Deswegen sollten wir ohne jedes Dogma auch an unsere Konzernstruktur herangehen.“ Das tue Fresenius weder mit der Absicht, zwingend etwas zu verändern, noch mit der Absicht, es kurzfristig zu tun. Fresenius müsse gegebenenfalls aber bereit sein, „alternative Wege zu gehen, um unseren Eigentümern eine Wertsteigerung zu verschaffen“. Zwar erfülle Fresenius als allein im Gesundheitsmarkt diversifizierter Konzern nicht die Definition eines Konglomerats und charakterisiere sich selbst auch nicht so. Vom Kapitalmarkt sehe sich Fresenius jedoch „in zunehmendem Maße bestraft, dass wir eine gewisse Komplexität aufweisen“. Die Komplexität habe aus seiner Sicht in den vergangenen Jahren jedoch nicht zugenommen, hebt der CEO hervor.

Alternativen möglich

Die Diversität des Portfolios bietet aus Sicht von Sturm Vorteile, die zum Beispiel gerade die Fremdkapitalgeber schätzten. Gleichwohl dürfe der Konzern die Vorlieben großer institutioneller Anleger nicht ignorieren, wenn es um mehr gehe als nur um „kurzfristige Modeerscheinungen“. Der Plan sei, die Wachstumsstrategie weiter umzusetzen, Ergebnissteigerungen zu erzielen und damit zu einer höheren Profitabilität und einer höheren Bewertung zu kommen. „Wenn sich das wider Erwarten nicht bewahrheitet, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir in der aktuellen Struktur richtig aufgestellt sind.“ Auf einen Zeithorizont will sich Sturm dabei nicht festlegen lassen. Ihm „gefalle die Konzernstruktur“, doch es werde „ein Alternativplan entwickelt, wenn der eigene nicht funktioniert“.

Das Management geht davon aus, dass die negativen Coronaeffekte 2021 für das Unternehmen mindestens so groß ausfallen wie 2020. Allerdings könne der Konzern in deutlich geringerem Ausmaß staatliche Unterstützung erwarten. Im vergangenen Jahr habe Fresenius Staatshilfe von 1 Mrd. Euro erhalten, davon etwa die Hälfte in Deutschland in der Klinikkette Helios. Sturm erinnert daran, dass der Konzern für diese Gelder Leistungen erbrachte habe, zum Beispiel Kapazitäten für die Behandlung von Coronapatienten frei gehalten habe.

Nach einem Umsatzwachstum 2020 um währungsbereinigt 5% und einem Ergebnisrückgang um 3% bekräftigt der Konzern seine Mittelfristziele. Um das zu erreichen, müsse das Tempo erhöht werden, mahnt Sturm. Der Dialysekonzern Fresenius Medical Care (FMC) ist besonders heftig von der Pandemie betroffen, weil immer mehr Dialysepatienten an Covid-19 sterben. FMC schließt deshalb einen Gewinnrückgang von bis zu 25% im laufenden Jahr nicht aus – das war bereits Anfang Februar mitgeteilt worden. Fresenius erwartet trotz dieser Belastung eine „mindestens in etwa stabile“ Ergebnisentwicklung. Die Aktionäre sollen für 2020 eine von 0,84 auf 0,88 Euro je Titel erhöhte Dividende erhalten, bei FMC wird der Ausschüttungssatz von 1,20 auf 1,34 Euro je Aktie erhöht. Auch FMC bestätigt die Ziele für 2025 und will in dem Zeitraum die Kosten nachhaltig senken.

Fresenius
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Umsatz3627735409
Ebit43854631
Ebit bereinigt46124688
Ebit-Marge (%)12,713,2
Finanzergebnis– 659– 719
Nettogewinn17071883
Gewinn bereinigt*17961879
Ergebnis je Aktie (Euro)3,063,38
Operativer Cash-flow65494263
Nettoverschuldung2591327258
*) vor SondereinflüssenBörsen-Zeitung