Strafverfolgung

Gesetzgeber hat noch einiges auf der Agenda

Nicht erst seit der Fall Wirecard Defizite bei der Geldwäschebekämpfung hierzulande offengelegt hat, sind Regierung und Gesetzgeber aktiv. Der Bundestag berät einen Gesetzentwurf, um die strafrechtliche Verfolgung zu erleichtern. Das Kabinett wird bald ein europakompatibles Transparenzregister billigen.

Gesetzgeber hat noch einiges auf der Agenda

Von Angela Wefers, Berlin

Bundesregierung und Bundestag haben gleich mehrere Punkte auf der Agenda, um die dunklen Machenschaften von Geldwäschern hierzulande zu durchkreuzen. Die jüngste Anhörung im Wirecard-Untersuchungsausschuss hatte offengelegt, dass sich die Unsicherheit über die Zuständigkeit von Verdachtsfällen zwischen der Bezirksregierung von Niederbayern und der Finanzaufsicht BaFin über Monate hinzog, ohne zu einem sicheren Ergebnis zu führen. Dieses Fiasko in der föderalen Struktur ist aber nur einer der Punkte, die es immer wieder schwer machen, trotz vieler Verdachtsmeldungen hierzulande Geldwäsche auf die Spur zu kommen.

Bereits im Herbst hatten Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (beide SPD) einen Entwurf durch das Kabinett gebracht, der die strafrechtliche Verfolgung von Geldwäsche erleichtern soll. Der Bundestag berät diesen Entwurf bereits. Da CDU/CSU und SPD sich bereits zuvor über die große Linie abgestimmt hatten, spricht viel dafür, dass die Novelle in absehbarer Zeit den Bundestag passieren dürfte. Kern des Vorhabens ist es, mit einer klaren neuen Strafvorschrift den bisher komplexen Straftatbestand der Geldwäsche zu ersetzen und damit dieses Delikt effektiver zu bekämpfen. Herzstück der Reform ist der Verzicht auf einen selektiven Vortatenkatalog. Bislang müssen Delikte wie Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Untreue und Erpressung gewerbsmäßig oder durch Banden begangen werden, um als Vortat zu gelten. Dies macht die Strafverfolgung aus Sicht von Lambrecht schwierig – besonders da die organisierte Kriminalität arbeitsteilig agiert und sich verdächtige Finanztransfers nicht immer zurückverfolgen lassen. Künftig kann jede Straftat Vortat der Geldwäsche sein.

Rechtsexperten hatten in der öffentlichen Anhörung im Bundestag allerdings bezweifelt, dass der Vorstoß die Verfolgung von Geldwäsche verbessern würde. Die neue Strafrechtsnorm erstreckt sich auch auf leichtfertige Taten. Die ohnehin überforderte Justiz müsse damit auch bei Bagatellfällen tätig werden und könne sich nicht mehr auf die organisierte Kriminalität konzentrieren, warnten Rechtsexperten. Auch in der Kreditwirtschaft wird befürchtet, dass die Einbeziehung von Bagatellfällen die schon sehr hohe Zahl von Verdachtsmeldungen weiter nach oben treiben wird und die Kundenbeziehung belastet. Melden die Institute selbst kleine Verdachtsfälle nicht, laufen sie künftig Gefahr, sich selbst strafbar zu machen.

Behörden schwächeln

Der Engpass für eine effektive Geldwäschebekämpfung wird von Praktikern wie Rechtsexperten eher in der personell und finanziell schwachen Ausstattung der Behörden gesehen. Auch bei der Verzahnung von Behörden liegt einiges im Argen. Erst vor einem Jahr wurde als Teil der „Strategie gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ der Bundesregierung ein Steuerungskreis etabliert, der die Arbeit der Behörden in Bund und Ländern stärker koordinieren soll. Allein beim Bund liegt die Geldwäscheverantwortung bei mehreren Ministerien für diverse Bundesbehörden: die Finanzaufsicht BaFin, die Financial Intelligence Unit (FIU) beim Zoll, das Bundeskriminalamt, der Bundesnachrichtendienst und der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Die Bemühungen, die Behörden enger zu verzahnen, dürften auch durch die anstehende Prüfung Deutschlands durch die Financial Action Task Force (FATF) beflügelt worden sein, die diesmal nicht die Gesetzeslage, sondern die Umsetzungen der vorsorglichen Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung prüft. Der für Ende Januar in Deutschland – aber auch vier anderen Ländern – avisierte Vor-Ort-Besuch der FATF zur Länderprüfung wurde wegen der Corona-Pandemie jedoch erst einmal verschoben.

Neues EU-Recht

Ein noch nicht so weit gediehenes Projekt wie die Änderungen im Strafrecht zur besseren Verfolgung der Geldwäsche ist die Umsetzung der jüngsten EU-Richtlinie in deutsches Recht. 2019 waren in Deutschland erst die Änderungen beschlossen worden, die die novellierte 4. EU-Geldwäscherichtlinie gebracht hatte: Der Kreis der Meldepflichtigen war um Immobilienmakler, Kunsthändler, Steuerberater und Anbieter von elektronischen Geldbörsen zur Verwahrung von Kryptowerten ausgeweitet worden. Nun hat das Bundesfinanzministerium Ende Dezember 2020 den Referentenentwurf des „Transparenz-Finanzinformationsgesetzes Geldwäsche“ – offizieller Kurztitel: TraFinG Gw – vorgelegt. Umgesetzt wird damit die EU-Finanzinformationsrichtlinie in deutsches Recht, mit dem die Transparenzregister in der Union vernetzt werden sollen. Dazu werden die Angaben im Register ausgeweitet. Während das Transparenzregister bislang auf andere Register verweist – vor allem auf Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister – und die Recherchen nach Rechtseinheiten und den wirtschaftlich Berechtigten damit aufwendig sind, sollen diese Angaben künftig vollständig im Transparenzregister geführt werden. Nur so lassen sich europaweit umfassende und strukturierte Datensätze austauschen, so wie es geplant ist. Technisch gesprochen wird das Auffangregister zu einem Vollregister ausgeweitet. Verpflichtet sind die Rechtseinheiten, die Daten korrekt mitzuteilen und aktuell zu halten. Sie haften auch dafür und können andernfalls nach dem Ordnungswidrigkeitsrecht sanktioniert werden.

Ein weiterer zentraler Punkt der jüngsten EU-Richtlinie ist die Regelung der Zuständigkeit von Behörden, mit denen Informationen von Bankkonten und von der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU genutzt werden können, um schwere Straftaten zu verhindern und zu verfolgen. Hierzulande werden nun die bisher involvierten Behörden auch offiziell benannt: das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Justiz, die wie schon bisher Zugang zum Kontenabruf haben. Das Bundeskriminalamt ist die Behörde mit Zugang zum FIU-Datenaustausch, der über Europol laufen soll. Der Regierungsentwurf soll in Kürze ins Kabinett gehen. Die Zeit drängt. Die EU-Richtlinie muss eigentlich bis 10. März umgesetzt sein. Das deutsche Umsetzungsgesetz soll am 1. August in Kraft treten.

Die Wirtschaft, die nur bis Mitte Januar Zeit hatte, Stellung zum Entwurf zu nehmen, ist wenig erbaut. Zu teuer und nicht digital genug, urteilte der Verband der Geldwäschebeauftragten. Der Gesetzgeber bleibe hinter den praktischen Anforderungen im Geschäftsleben zurück. Der Industrieverband BDI und das Deutsche Aktieninstitut warnten vor neuer Bürokratie mitten in einer Wirtschaftskrise, die eine sehr kurzfristige Eintragung von rund 1,9 Millionen Unternehmen mit sich bringen werde. Der Wunsch, die Information über wirtschaftlich Berechtigte „auf Knopfdruck“ zu finden, sei nachvollziehbar. Dies dürfe aber nicht zur Umschichtung der Lasten von den Behörden auf die Wirtschaft führen, mahnen BDI und Aktieninstitut.

Zuletzt erschienen:

Im Gespräch mit Mitgründer des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten (29. Januar)