Schweizer Franken

Abwertung vorerst gestoppt

Der Status des Schweizer Franken als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten ist und bleibt ein wesentlicher Bestimmungsfaktor der eidgenössischen Währung. Die mit der zweiten Corona-Welle im Herbst 2020 einhergehende Unsicherheit sorgte entsprechend für...

Abwertung vorerst gestoppt

Von Katja Müller*)

Der Status des Schweizer Franken als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten ist und bleibt ein wesentlicher Bestimmungsfaktor der eidgenössischen Währung. Die mit der zweiten Corona-Welle im Herbst 2020 einhergehende Unsicherheit sorgte entsprechend für einen festen Franken gegenüber dem Euro. Im vierten Quartal 2020 blieb der Wechselkurs zum Euro in einer Spanne von knapp unter 1,07 bis 1,09 sfr je Euro. Auch im neuen Jahr schien es zunächst so weiterzugehen. Doch Mitte Februar setzte eine Schwächephase des Schweizer Franken ein, die den Wechselkurs bis auf 1,1151 sfr je Euro führte, was dem höchsten Stand der Gemeinschaftswährung seit Juli 2019 entsprach. Die Abwertung erfolgte vor dem Hintergrund nachlassender Risikoaversion an den Finanzmärkten und einer damit verbundenen geringeren Nachfrage nach dem sicheren Hafen des Franken.

Gegenüber dem Dollar notierte die helvetische Währung noch zu Jahresbeginn 2021 angesichts einer allgemeinen Dollarschwäche so stark wie zuletzt 2015, als der Franken nach der Freigabe des Mindestwechselkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) schlagartig aufgewertet hatte. Aber bereits im Verlauf des Januars 2021 verlor die eidgenössische Valuta gegenüber dem Greenback wieder an Wert, so dass der Wechselkurs Anfang April das höchste Niveau seit Jahresmitte 2020 erreichte.

Die Schweizer Konjunkturentwicklung taugt wenig zur Begründung der Abwertungsbewegung im Februar und März. Im vergangenen Jahr kam die Wirtschaft des Alpenlandes vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Pandemie. Das BIP schrumpfte um 2,9%. Dies war zwar ein stärkerer Einbruch als in der Finanzkrise 2009, damals verringerte sich die Wirtschaftsleistung um 2,1%. Der BIP-Rückgang 2020 war aber deutlich geringer als in den meisten Industrieländern. Unterstützend wirkte unter anderem die besondere Branchenstruktur der Wirtschaft, insbesondere die hohe Bedeutung der Chemie- und Pharmaindustrie.

Die Schweiz war im vergangenen Herbst massiv vom Anrollen der zweiten Corona-Welle betroffen. Obwohl die Fallzahlen deutlich nach oben gingen und die Intensivstationen vollliefen, war das Gegensteuern der Politik zunächst eher zögerlich. Kurz vor Weihnachten traten zwar nationale Eindämmungsmaßnahmen wie das Schließen von Bars und Restaurants oder Freizeiteinrichtungen in Kraft. Hierbei bestand aber für die einzelnen Kantone noch immer die Möglichkeit, bei entsprechender Infektionslage Erleichterungen vorzunehmen. Erst Mitte Januar 2021 kippte der Bundesrat diese Aus­nahmen und führte strengere Lockdown-Regeln mit Ladenschließungen, Kontaktbeschränkungen so­wie einer Homeoffice-Pflicht ein. Ein Teil der negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie dürfte somit in das erste Quartal 2021 verschoben worden sein. Zudem sind die Konjunkturaussichten in den Ländern des Euroraums, die die mit Abstand wichtigsten Exportpartner Helvetiens sind, für das laufende Jahr gedämpft. Die bislang verfügbaren Indikatoren deuten bei alledem für den bisherigen Jahresverlauf auf eine solide Konjunkturentwicklung in der Schweiz hin. Wir rechnen für das Gesamtjahr 2021 mit einem BIP-Zuwachs von 3,2%.

Die Schweizerische Nationalbank bleibt bei ihrer extrem expansiven Geldpolitik mit einem Leitzins und einem Einlagesatz von –0,75%, flankiert von Devisenmarktinterventionen zur Schwächung des Franken bei Bedarf. Diese Strategie verfolgte die Notenbank auch unbeirrt durch die Corona-Wirren im vergangenen Jahr. Beim Zinsentscheid im März 2021 bestätigten die Währungshüter erneut ihren Kurs. Eine Änderung der Geldpolitik der Schweizer Notenbank erwarten wir auf absehbare Zeit nicht.

Der SNB kam die Abwertung des Franken im Februar und März durchaus gelegen. Ausweislich der wöchentlichen Sichteinlagen der Geschäftsbanken bei der SNB, die Rückschlüsse auf die Aktivität der Nationalbank am Devisenmarkt ermöglichen, haben die Währungshüter ihre Eingriffe zur Schwächung des Franken heruntergefahren. Die hohe Unsicherheit angesichts der Coronakrise und eine damit verbundene Flucht in den sicheren Hafen der helvetischen Währung hatte im vergangenen Jahr Interventionen der SNB im Gegenwert von insgesamt 110 Mrd. sfr zur Folge. Die Devisenreserven der Nationalbank erreichten im vierten Quartal 2020 den stolzen Rekordwert von knapp 130% des BIP. Die Notenbanker greifen zwar aktuell wohl nicht zur Schwächung ihrer Währung am Devisenmarkt ein. Wir gehen aber davon aus, dass die SNB nicht zögern wird, sich einer aus ihrer Sicht zu starken Aufwertung des Franken entschlossen entgegenzustellen. Hierbei behalten die Währungshüter auch die Wertentwicklung des Franken zu anderen Währungen als dem Euro im Blick. Das Hauptaugenmerk dürfte dennoch auf dem Wechselkurs gegenüber der Gemeinschaftswährung liegen.

Noch Abwertungspotenzial

Auf dem jetzigen Niveau erachten wir den Schweizer Franken gegenüber dem Euro unter anderem mit Blick auf die Kaufkraftparität weiterhin als überbewertet. Auf längere Frist gehen wir von einer neuerlichen Abwertung aus. Unsere Prognose zur Jahresmitte 2022 lautet 1,14 sfr je Euro. Nach der vergleichsweise starken Wechselkursbewegung nach oben im Februar und März rechnen wir aber auf kurze Sicht nicht mit einer Fortsetzung der Abwertung des Franken. Zudem dürfte die weiter existierende Corona-Unsicherheit das Abwertungspotenzial des Franken derzeit wieder begrenzen.

*) Katja Müller ist Senior Economist bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).