Aktionärsschützer SdK macht einen Bogen um Wirecard
sck München – In ihrem diesjährigen “Schwarzbuch Börse 2019” hat die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) erneut über die Schattenseiten des Kapitalmarktes aus ihrer Sicht berichtet. Darin prangern die Kleinaktionärsvertreter Missstände unter anderem bei einzelnen Großunternehmen wie Bayer, Daimler, Volkswagen und der Deutschen Bank an. Auffällig bei der Lektüre des Schriftstücks ist, dass der Fall Wirecard dort gar nicht auftaucht. Auf der Pressekonferenz der SdK in München anlässlich der Vorstellung des Schwarzbuchs begründete deren Vorstandsvorsitzender Daniel Bauer die Passivität der Vereins gegenüber dem Zahlungsdienstleister mit schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit. Er verwies auf einen früheren Rechtsstreit der SdK gegen das Unternehmen im Zusammenhang mit einem früheren Insiderskandal, in den das einstige SdK-Vorstandsmitglied Markus Straub verwickelt war. Die Auseinandersetzung dauerte nach Angaben der SdK-Führung vier Jahre, von 2008 bis 2012. Straub, der wegen Insiderdelikten zeitweilig ins Gefängnis musste, soll damals angeblich auch gegen Wirecard gewettet haben in Form von Leerverkäufen. Die SdK geriet seinerzeit wegen der Straub-Affäre in eine Glaubwürdigkeits- und Existenzkrise. Wirecard zog damals gegen die SdK zu Felde. Besuch aus der RockerszeneBauer bezog sich auf die “Art und Weise”, wie Wirecard diese Auseinandersetzung geführt habe. “Darauf haben wir keine Lust.” Er verwies auf die derzeitige Fehde zwischen dem Konzern und der “Financial Times” (FT), die er als “Schlammschlacht” bezeichnete. Mit wiederholten Berichten über angeblich unsaubere Bilanzierungsmethoden des Konzerns sorgte die FT seit Ende Januar für Kursturbulenzen bei Wirecard. Die Aktie ist Ziel von Shortsellern. Wirecard wehrt sich unter anderem mit Klagen gegen die Artikel der britischen Tageszeitung. Zuletzt berichteten Medien in diesem Zusammenhang über dubiose Praktiken: Privatdetektive und Ex-Geheimdienstler seien von Wirecard eingeschaltet worden, um einen Ring von möglichen Spekulanten in London auffliegen zu lassen. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt derweil in der Causa wegen des Verdachts auf Marktmanipulationen. Die Ermittlungen löste die Finanzaufsicht BaFin mit einer Anzeige aus.”So war es damals auch bei uns”, sagte Bauer in Bezug auf die Methoden von Wirecard. Es sei eine “Frage des Stils”. Er deutete an, dass seinerzeit Schlägertypen aus der Rockerszene aufgetaucht seien. “Diese Kragenweite ist uns zu hoch”, so Bauer. “Wir sind in der Sache gebrannt”, ergänzte sein Vorstandskollege Markus Kienle. Boykott der AktionärstreffenDeshalb würden SdK-Vertreter auch keine Reden mehr halten auf Hauptversammlungen von Wirecard. Diese würden vom Verein nicht mehr besucht. “Aufgrund dieser Erfahrungen wollen wir keine Stellung beziehen”, so der SdK-Chef. Auf dem zurückliegenden Aktionärstreffen des Dax-Mitglieds im Juni trat von den bedeutenden Kleinaktionärsschützern nur die DSW auf.Im September 2018 stieg Wirecard in den deutschen Leitindex auf. Das Unternehmen, welches ursprünglich vor allem mit Zahlungsdiensten für das Rotlichtmilieu und für die Glücksspielbranche Geld verdient haben soll, verdrängte die Commerzbank. Laut Kienle haben die beiden börsennotierten deutschen Großbanken die Digitalisierung als “eine der wichtigsten Entwicklungen für die Zukunft” verschlafen. An den Kursen der Commerzbank und der Deutschen Bank sei erkennbar, dass der Markt am Erfolg ihrer Restrukturierungen zweifelt. – Wertberichtigt Seite 6