Goldpreis

Algorithmischer Handel treibt den Goldpreis an

Die sich zuletzt beschleunigende Gold-Rally verwundert viele Experten. Die Zinsperspektiven reichen als Erklärung kaum aus. Es wird daher vermutet, dass neben der Nachfrage aus China der Sektor der Notenbanken hinter den Käufen steht, dass aber inzwischen auch algorithmischer Handel eine wichtige Rolle spielt.

Algorithmischer Handel treibt den Goldpreis an

Algorithmischer Handel treibt den Goldpreis an

Laut Experten ist aber auch die Nachfrage aus China sowie der Notenbanken als wichtiger Faktor für die Rally zu vermuten

Die sich zuletzt beschleunigende Gold-Rally verwundert viele Experten. Die Zinsperspektiven reichen als Erklärung kaum aus. Es wird daher vermutet, dass neben der Nachfrage aus China der Sektor der Notenbanken hinter den Käufen steht, dass aber inzwischen auch algorithmischer Handel eine wichtige Rolle spielt.

ku Frankfurt

Seit Anfang März kennt der Goldpreis fast nur noch eine Richtung – nach oben, und zwar steil. Im bisherigen Jahresverlauf hat er rund 10% zugelegt und an den vergangenen Handelstagen fünf Rekordhochs in Folge hingelegt. Auf Sicht von sechs Monaten ergibt sich sogar ein Anstieg von rund 23%, womit Gold die meisten anderen Assets hinter sich lässt. Dabei ist die Frage, wer und was die Rally am Goldmarkt antreibt, zumindest für die jüngste Phase der Hausse gar nicht so einfach zu beantworten.

Ein größerer Teil des Anstiegs ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass es bald mit den Zinssenkungen durch die großen Notenbanken – vor allem die amerikanische Federal Reserve – losgehen wird. Das derzeit noch relativ hohe Zinsniveau ist eigentlich eine Bremse für den Goldpreis, weil sich das Edelmetall im Gegensatz zu den ebenfalls recht sicheren Staatsanleihen nicht verzinst, was zu Opportunitätskosten der Goldhaltung führt. Mit den dann in Aussicht gestellten Zinssenkungen war ein Anstieg des Goldpreises zu erwarten – was ja dann auch eindrucksvoll geschehen ist.

Die jüngste Phase des Anstiegs wird häufig damit erklärt, dass US-Notenbankchef Powell trotz hartnäckiger Inflation keinen Hinweis gegeben habe, dass später als erwartet mit den Zinssenkungen begonnen werde – was aber als Argument für eine weitere Verteuerung von Gold nicht recht überzeugt. Für Aneeka Gupta, Direktorin im Bereich Makro-Research bei Wisdom Tree, ist auch der oft zu hörende Verweis auf geopolitische Risiken nicht recht überzeugend. „Geopolitische Risiken haben zwar auch den Ölpreis gestützt, dort allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß als bei Gold“, sagt sie dazu.

Mittelabzüge aus ETFs

Goldhändler Alexander Zumpfe vom Hanauer Edelmetallspezialisten Heraeus schließt einige prominente Käufergruppen als Urheber aus: „Die momentane Aufwärtsbewegung des Goldpreises wird nicht durch Käufe von institutionellen Investoren oder durch spekulative Aktivitäten auf dem Futures-Markt angetrieben, da beide Bereiche keine nennenswerten Zuwächse zeigen. Auch von der physischen Nachfrageseite im Westen, speziell in Deutschland, gibt es keine Hinweise auf eine verstärkte Goldnachfrage.“ Insbesondere bei den institutionellen Investoren, die über Exchange-Traded Funds (ETFs) in den Goldmarkt einsteigen, waren im bisherigen Jahresverlauf überwiegend Mittelabzüge zu beobachten. „Die bei den ETFs liegenden Goldmengen haben sich nicht in dieselbe Richtung entwickelt wie der Goldpreis“, kommentiert Gupta. Anfang 2024 hätten ETFs 85,6 Mill. Feinunzen gehalten, aktuell aber nur noch 82 Mill. Feinunzen.

Zumpfe sieht andere Aspekte der Nachfrage als preistreibend an: „Der Antrieb scheint von den Zentralbankkäufen und der Nachfrage aus China zu kommen.“ Im Reich der Mitte profitiert die Goldnachfrage von den Turbulenzen an den dortigen Märkten und in Teilen der Volkswirtschaft: „In China dient Gold als stabile Anlagealternative in Zeiten schwächelnder Aktienmärkte und Probleme im Immobiliensektor, was sich in hohen Abflüssen von der Shanghai Gold Exchange und gesteigerten Goldimporten zeigt“, erläutert Zumpfe. So hat es im Januar erstaunlich hohe 271 Tonnen an Abzügen von der Edelmetallbörse in Schanghai gegeben – die Abzüge und Zuwächse an der Börse gelten als guter Indikator für das Interesse an Gold in China.

Demgegenüber gilt die Nachfrage in Indien als dem anderen großen Land, das für das Ausmaß der Goldnachfrage durch die Bevölkerung berühmt ist, als ausgesprochen preissensitiv. Dort wird Gold derzeit mit einem deutlichen Abschlag gegenüber dem Weltmarktpreis gehandelt – ein Indikator für eine eher schwache Nachfrage.

Hinzu kommen die oftmals intransparenten Käufe durch die Zentralbanken. „Zentralbanken haben ihre Goldkäufe intensiviert, möglicherweise durch alternative Kanäle, getrieben von der unsicheren globalen Lage und dem Bestreben, die Dollar-Abhängigkeit zu minimieren“, so Zumpfe. Auch Gupta verweist insbesondere auf diese Käufergruppe. Dabei hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass insbesondere Länder wie China, Russland und die Türkei sowie andere Nationen aus den Emerging Markets kaufen, deren geopolitische Interessen nicht mit denen der Vereinigten Staaten gleichgerichtet sind. Im vergangenen Jahr machten diese Käufe mit mehr als 1.000 Tonnen 22% der gesamten weltweiten Nachfrage nach Gold aus (vgl. Grafik). Das wiederbelebte Interesse der Notenbanken an Gold ist ein relativ neues Phänomen. Noch vor ein paar Jahren hatte es sich um einen eher unbedeutenden Faktor der Goldnachfrage gehandelt.

Händler vor allem in den USA vermuten, dass es aber auch noch einen anderen Aspekt der Goldnachfrage geben könnte, der hinter der Rally steht. Es wird davon ausgegangen, dass der algorithmische Handel in Gold an Volumen zunimmt. So würden sich neuerdings auch einige größere amerikanische Fondsgesellschaften im Goldmarkt engagieren, heißt es. Algorithmischer Handel zeichnet sich häufig dadurch aus, dass schlicht dem Momentum des Marktes gefolgt wird, ohne dass es neue fundamentale Gründe für Positionierungen gäbe. Genau das ist derzeit zu beobachten. Derartige Positionierungen sind allerdings naturgemäß volatil und es könnte auch schnell dazu kommen, dass aus den Käufen Verkäufe werden. „Handelssysteme, die momentan zur Rally beitragen könnten, können ebenso rasch eine Trendumkehr bewirken. Sie sind kurzfristig orientiert. Ihre Algorithmen orientieren sich weniger an den Fundamentaldaten des Marktes, sondern überwiegend an technischen Indikatoren“, erläutert Zumpfe. Eine plötzliche ausgeprägte Umkehr des bisher nach oben gerichteten Preistrends wäre somit ein Indiz dafür, dass Algo-Trading aktuell am Goldmarkt eine größere Rolle spielt.

Schwächerer Dollar stützt

Gerade mit Blick auf das kurzfristig orientierte und nicht an den Fundamentaldaten orientierte Algo-Trading ist die Prognose des Goldpreises derzeit ausgesprochen schwierig. Gupta ist davon überzeugt, dass Gold weiter für Leitzinsänderungen und deren Wahrscheinlichkeiten Sensibilität zeigt. Der wahrscheinliche Beginn der Leitzinssenkungen im Juni im Gleichschritt mit der damit verbundenen Erwartung eines schwächeren Dollar werde den Goldpreis wahrscheinlich stützen. „Wir rechnen damit, dass sich die Rally des Goldpreises fortsetzt, dass dabei aber die Entwicklung volatil bleiben wird“, sagt Gupta voraus.