GELD ODER BRIEF

Asiengeschäft schafft bei Telenor Fantasie

Von Gottfried Mehner, Hamburg Börsen-Zeitung, 20.9.2013 Unter den drei führenden skandinavischen Telefongesellschaften hat die norwegische Telenor derzeit klar die Nase vorn. Dies gilt nicht nur bei der Marktkapitalisierung, bei der sie es auf...

Asiengeschäft schafft bei Telenor Fantasie

Von Gottfried Mehner, HamburgUnter den drei führenden skandinavischen Telefongesellschaften hat die norwegische Telenor derzeit klar die Nase vorn. Dies gilt nicht nur bei der Marktkapitalisierung, bei der sie es auf 204,3 Mrd. nkr (26,1 Mrd. Euro) bringt. Die schwedisch-finnische TeliaSonera schafft es auf 209,6 Mrd. skr (24,3 Mrd. Euro) und die dänische TDC (Tele Danmark Corporation) “zuckelt” mit 37,6 Mrd. dkr (5,0 Mrd. Euro) deutlich hinterher. Wichtiger ist aber, dass es Telenor auch beim Total Return (Kurssteigerung plus Ausschüttungen) an die Spitze schafft, egal, ob man auf ein, drei oder fünf Jahre abstellt: Mit plus 25 %, plus 18 % bzw. plus 14 % übertrumpfte sie den breiten Index der Börse Oslo (OSEBX) jeweils deutlich. So überrascht es kaum, dass Konzernchef Jon Fredrik Baksaas beim Investorentreffen in dieser Woche ein leichtes Spiel hatte. Zweispurig unterwegsGeschätzt wird bei Telenor am Kapitalmarkt die Mischung aus einer starken Position auf den reifen nordeuropäischen Kernmärkten – wo exzeptionell hohe Margen geholt werden – gepaart mit einer dynamischen Wachstumsstrategie in Asien und einer dennoch attraktiven Bewertung. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des erwarteten Ergebnisses für 2013 liegt bei 12,9. Dies vergleicht sich mit einem Branchenwert für Telekom-Gesellschaften von 14,9.Die entscheidende Neuigkeit beim diesjährigen Investorentreffen war die neue Zielsetzung des Unternehmens, dass bis zum Jahr 2015 der operative Cash-flow auf “28 bis 30 Mrd. nkr” (3,6 bis 3,8 Mrd. Euro) gesteigert werden soll. Im vergangenen Jahr rangierte diese Größe noch bei 20,5 Mrd. nkr (2,6 Mrd. Euro). Bei Telefongesellschaften führt dies sofort zu der Frage, wie das denn bewerkstelligt werden soll, sprich, wie die Monatsumsätze – hier kommt der berühmte ARPU (Average Revenue per User) ins Spiel – gesteigert werden soll. In den europäischen Märkten entwickelt sich diese Größe seit Jahren stetig nach unten. Leerer EinkaufszettelWoher sollen die höheren Umsätze also kommen? Soll weiter zugekauft werden? Weltweit gibt es indes kaum noch weiße Flecken, und generell wird es immer teurer. Die Aussage von Finanzvorstand Richard Olav Aa zerstreute diesen Verdacht: Man werde bei Zukäufen künftig “selektiv und diszipliniert” vorgehen. Das deutet eher darauf hin, dass nach den teuren Zukäufen vor allem in Indien – dort wird immer noch rot geschrieben – und Thailand die M & A-Ambitionen aktuell eher niedrig hängen.Gestützt wird diese Einschätzung durch die Ankündigung, dass man eine “wettbewerbsfähige Ausschüttungspolitik” beibehalten wolle. Dies würde nicht zu hochlaufenden Investitionen passen. Entsprechend sollen die Verbesserungen operativ geholt werden.Dies bedeutet zwei Dinge: In den reifen skandinavischen Märkten soll Mehrumsatz aus einem verstärkten Datenverkehr aus mobilen Internetanwendungen (“Mobiles Internet für alle”) generiert werden. Im Heimatmarkt Norwegen, in Schweden und Dänemark wurden die Preismodelle konsequent auf ein datendurchsatzbezogenes Preismodell umgestellt. Die Monatsrechnungen sollen also primär nutzungsbedingt steigen. Mit Blick auf die erwartete intensivere Internetnutzung wird in Norwegen gegenwärtig ein Kommunikationsnetz der vierten Generation (4 G) mit einer höheren Bandbreite aufgebaut.In Asien setzt Telenor dagegen auf ein weiteres Abonnentenwachstum. Kürzlich hatte das Unternehmen eine Lizenz für Mobilfunk der dritten Generation (3 G) in Bangladesch ergattert. In Thailand, einem traditionellen Markt mit drei Anbietern, liegt Telenor mit der Tochter “dtac” mit einem Umsatzanteil von 32,5 % auf Rang 2. Die Penetrationsrate bei Handys liegt dort bei 65 Mill. Einwohnern bei gewaltigen 135 %. Bei Smartphones sind es immerhin 27 %. “dtac” will in Thailand zum führenden Internetanbieter werden.Aber auch in Thailand wird der Sparstift angesetzt. Und das ist gut so. Die Analysten von Danske Markets erwarten, dass dort dementsprechend die operative Marge (Ebitda) von bislang rund 34 % (Konsens) auf künftig 40 bis 45 % gebracht werden kann. Top oder FlopGroße Hoffnungen sind aktuell auf Myanmar – das frühere Birma – gerichtet. Hier schafften es die Norweger in die letzte Runde der Lizenzvergabe und hoffen auf einen Zuschlag im vierten Quartal. Dies wird absehbar kein leichter Gang: Der bisherige Monopolist, die staatliche MPT Myanmar Post and Telecommunication, führt angeblich Kooperationsgespräche mit einem “ausländischen Giganten” aus Frankreich, Singapur oder Japan über eine Kooperation. Dabei soll es sich nach Informationen der “Myanmar Times” um Orange handeln.Zusätzlich will sich auch Ooredoo (früher: Qatar Telecom) in diesem Land etablieren. Das klingt alles nicht nach einer weiterhin wettbewerbsfreien Zone. Falls es mit der Lizenzerteilung klappt, will Telenor unter Hochdruck innerhalb von acht Monaten ihren Service ausrollen. Dabei sollen “mehrere tausend” Mobilfunkmasten hochgezogen werden. Das kann kosten.Anders als in Indien und Pakistan (hier ging es um Investitionen von 2 Mrd. Dollar) will Telenor diesmal aber mit deutlich niedrigeren Investitionskosten auskommen. Myanmar hat 60 Millionen Einwohner, wobei 45 % unter 25 Jahre alt sind. Die Penetrationsrate bei Mobiltelefonen liegt erst bei ausbaufähigen 10 %.Von 21 Analysten, die Telenor begleiten, haben sich zwölf für Kaufempfehlungen ausgesprochen. Acht plädieren für Halten. Mit der einzigen Verkaufsempfehlung ist die SEB im Markt. Sie glaubt nicht daran, dass ein höherer mobiler Datendurchsatz dem ARPU hilft. Der Markt sieht das anders: Dort wird Telenor als eine der am attraktivsten gepreisten Telekomaktien mit einem enormen Wachstumsmomentum speziell in Asien gesehen. Gestern legte die Aktie um 1,1 % auf 134,90 nkr zu. Der durchschnittliche Zielpreis der Analysten liegt bei 138,83 nkr.