Rohstoffe

Auf dem Ölmarkt findet ein klammheimlicher Preisanstieg statt

Der Brent-Ölpreis hat sich zuletzt unauffällig nach oben bewegt und am Donnerstag die Marke von 83 Dollar je Barrel überschritten. Grund dafür ist zunehmende Knappheit angesichts der Konflikte im Nahen Osten und der Förderkürzungen des Kartells Opec plus.

Auf dem Ölmarkt findet ein klammheimlicher Preisanstieg statt

Klammheimlicher Preisanstieg

Knappes Ölangebot lässt Brent-Notierung unauffällig, aber stetig klettern

Der Brent-Ölpreis hat sich zuletzt unauffällig nach oben bewegt und am Donnerstag die Marke von 83 Dollar je Barrel überschritten. Grund dafür ist zunehmende Knappheit angesichts der geopolitischen Konflikte in der Region des Nahen Ostens und der Förderkürzungen des Kartells Opec plus.

ku Frankfurt

Der Preis der wichtigsten Rohölsorte Brent Crude bewegt sich derzeit unauffällig weiter nach oben. Im Dezember war er kurzzeitig unter die Marke von 74 Dollar je Barrel gefallen, seither ist er – mit zwischenzeitlichen Rückschlägen – gestiegen und hat am Donnerstag die Marke von 83 Dollar überschritten. "Die Ölbullen setzen sich mit ihrem Narrativ klammheimlich durch und der Ölpreis arbeitet sich langsam weiter nach oben vor", betont Ehsan Khoman, Leiter des Research für Rohstoffe für die Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei der japanischen Großbank Mitsubishi UFG. Ein Ausbruch aus der rund 10 Dollar breiten Handelsspanne, in der der Ölpreis im laufenden Jahr bisher gefangen gewesen sei, sei nun immanent.

Ein wichtiges Indiz ist die Tatsache, dass sich der Zustand der Backwardation, in dem sich der Ölmarkt befindet, zuletzt noch einmal deutlich verstärkt hat. Backwardation bedeutet, dass die kurzen Laufzeiten der Kontrakte am Ölmarkt teurer sind als die längerfristigen. Dies ist ein klarer Indikator dafür, dass es derzeit Knappheit am Ölmarkt gibt. Dies zeigt sich auch in den Lagerbeständen der OECD-Länder, die im Januar um immerhin 1,5 Mill. Barrel pro Tag (bpd) gesunken sind. Die Rohstoffexperten von Standard Chartered, die den fairen Wert für den Brent-Ölpreis bei 90 Dollar sehen, rechnen für das gesamte erste Quartal des laufenden Jahres mit einer Verringerung der Lagerbestände um 99 Mill. Barrel. Bezogen auf den gleichen Zeitraum des Vorjahres liefe das auf einen Swing von einem Überschuss zu einem Defizit von stolzen 250 Mill. Barrel bzw. 2,7 Mill. bpd hinaus. Auf diese fundamentalen Veränderungen des Ölmarktes hat der Ölpreis nach Ansicht vieler Analysten noch nicht adäquat reagiert.

Zu der Knappheit trägt entscheidend bei, dass das Kartell Opec plus seine Förderung knapp hält. Aktuell gibt es eine freiwillige Reduzierung der Produktion um immerhin 2,2 Mill. bpd, die allerdings auf Basis der aktuellen Absprachen am Ende des ersten Quartals auslaufen würde. Es ist allerdings davon auszugehen, dass das Kartell Opec plus seine freiwilligen Kürzungen, die für die Stabilisierung des Ölpreises von großer Bedeutung sind, höchstwahrscheinlich verlängern wird. Davon gehen gemäß einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zumindest die meisten Analysten aus. Die Mitglieder des Kartells haben auch kaum eine andere Wahl, als die Kürzungen zu verlängern, wie die Rohstoffanalysten der Commerzbank anmerken. So habe die Internationale Energieagentur IEA ihre Prognose für die Entwicklung der Ölnachfrage im laufenden Jahr zwar bei einem Anstieg um 1,2 Mill. Barrel pro Tag belassen. Gleichzeitig wurde aber die Vorhersage für den Anstieg des Angebots außerhalb der Opec nach oben revidiert, so dass sich die Dringlichkeit für eine Fortsetzung der Kürzungen verstärkt hat. Die freiwilligen Förderkürzungen belaufen sich auf 2,2 Mill. bpd bezogen auf die quasi offiziellen Förderquoten, die den Mitgliedern zugestanden werden. Davon entfallen 1 Mill. bpd auf Saudi-Arabien. Russland hatte sich zu einer Reduzierung um 300.000 bpd gegenüber dem Durchschnitt der Produktion von Mai und Juni 2023 verpflichtet, was das Land gemäß den neuesten Daten des Energieministeriums auch einhält.

Nach Einschätzung von Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank, spielen auch die Angriffe der Huthi-Miliz im Jemen auf die Handelsschifffahrt im Roten Meer eine Rolle. Sie hätten zu einem spürbaren Rückgang der Öllieferungen geführt. Nach Angaben der Broker-Firma Oil Brokerage seien inzwischen 194 Öltanker auf den langen Weg rund um das Kap der Guten Hoffnung geschickt worden. Vor einer Woche sein es nur 156 gewesen. "Die tägliche Transportmenge von Rohöl und Kondensaten in nördlicher Richtung durch das Rote Meer ist seit Beginn der Luftangriffe der USA und Großbritanniens auf die Huthi-Rebellen von 1 Mill. auf durchschnittlich 200.000 Barrel pro Tag gesunken", erläutert Fritsch.

Wegen der beeinträchtigten Transporte verknappe sich das Rohölangebot, was an bereits eingangs erwähnten Time-Spreads am Ölmarkt abzulesen sei. Diese hätten sich seit Anfang dieses Monats spürbar ausgeweitet und inzwischen das höchste Niveau seit Oktober 2023 erreicht.

Besonders stark ist mit Blick auf die Gefahren im Roten Meer übrigens Europa beeinträchtigt, und zwar hinsichtlich seiner Versorgung mit Diesel. Dabei geht es um Diesel aus Indien, das in großem Umfang nach Europa verschifft wird. Der Dieselkraftstoff wird übrigens weit überwiegend aus russischem Rohöl produziert, das quasi auf diese Weise umetikettiert wird. Unter Verweis auf den Marktbeobachter Vortexa schreibt die Commerzbank, diese Transporte von Dieselkraftstoff nach Europa seien in den ersten beiden Februarwochen gegenüber dem Jahresdurchschnitt um mehr als 90% auf nur noch 18.000 bpd gesunken. Stattdessen habe Indien nun den asiatischen Markt beliefert. "Dies dürfte mit zu einer Angebotsverknappung am europäischen Dieselmarkt beigetragen haben", so Fritsch.

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