Anleihemärkte

Auslandsanleger zurück in Euro-Schuldtiteln

Die höheren Anleiherenditen locken ausländische Investoren wieder zurück in Schuldtitel aus Euroland. Zuflüsse beobachtet der Euro-Rettungsfonds ESM vor allem bei Staatsanleihen aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Beim Ausblick erkennen die ESM-Ökonomen indes einige Risiken.

Auslandsanleger zurück in Euro-Schuldtiteln

Auslandsanleger zurück in Euro-Schuldtiteln

Nettokäufer von Euro-Länder-Staatsanleihen – ESM erwartet spürbar teureren Schuldendienst

fed Frankfurt

Ausländische Investoren sind, angelockt von höheren Anleiherenditen, im vergangenen Jahr wieder zu Nettokäufern von Schuldtiteln im Euroraum geworden. Wie der Euro-Rettungsfonds ESM in einem Blog-Beitrag zur Auswertung von Datenmaterial der Europäischen Zentralbank erläutert, verzeichnete das Euro-Währungsgebiet den höchsten Zufluss ausländischer Investments in Schuldtitel in den vergangenen zehn Jahren. Dynamisch entwickelte sich insbesondere das Engagement in Staatsanleihen der vier großen Volkswirtschaften: Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Die Zuflüsse in diese Papiere beliefen sich den Angaben zufolge in den ersten drei Quartalen 2023 auf nahezu 200 Mrd. Euro. Spiegelbildlich dazu haben die Notenbanken als Käufer von Schuldtiteln an Bedeutung verloren. Im vergangenen Jahr habe das Eurosystem im Zuge der Straffung der Geldpolitik seine Bestände reduziert und sei zu einem Nettoverkäufer von Staatsanleihen geworden, heißt es im ESM-Blog.

Der Anstieg der Zuflüsse ausländischer Investoren habe zur Folge, dass sich die Zusammensetzung derer, die Staatsschuldtitel im Euroraum halten, sichtbar verändere. Der Anteil der von Gebietsfremden gehaltenen Staatsanleihen hat den Angaben des ESM zufolge zugenommen. Er liege aber immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie.

Privathaushalte investieren mehr

Neben den ausländischen Investoren haben die höheren Renditen auch den Blick privater Haushalte im Euroraum wieder stärker auf Schuldtitel der Eurozone gelenkt. Der Anteil der Staatsanleihen, die von privaten Haushalten gehalten wird, sei in den ersten neun Monaten 2023 spürbar gestiegen.

Weniger eindeutig sei das Bild bei anderen europäischen Investoren. Vermögensverwalter und Investmentfonds haben ihren Anteil an Staatsanleihen im Euroraum erhöht. Der Anteil der von Versicherungen und Pensionsfonds gehaltenen Staatspapiere sei derweil gesunken. Der ESM verweist auf Bewertungseffekte und eine höhere Risikoaversion.

Beim Blick nach vorn rechnen Ermal Hitaj, Gergely Hudecz und Alexandre Lauwers aus dem Chief Economist Department des ESM mit einem anhaltend hohen Finanzierungsbedarf der Staaten, dem aber Ungewissheiten auf der Nachfrageseite gegenüberstünden. Die Ökonomen gehen davon aus, dass die Kosten für den Schuldendienst im Euroraum in den nächsten zehn Jahren im Schnitt um einen Prozentpunkt des Bruttoinlandsprodukts steigen werden, in Ländern mit hoher Verschuldung sogar um mehr als 2 Punkte.

Künftige Finanzierung mit Risiken

„Diese Zahlen dürften mit einigen Anpassungen zu bewältigen sein, wenn sich das Wachstum entsprechend den derzeitigen Erwartungen entwickelt“, argumentieren die ESM-Volkswirte. Sollte sich das Wachstum indes unerwartet deutlich verlangsamen, könnte die Risikobereitschaft der Anleger nachlassen und das Risiko einer „Fragmentierung“ wieder auftauchen – ein Begriff, der in der Staatsschuldenkrise Hochkonjunktur hatte. Gerade vor diesem Hintergrund und angesichts des weiterhin großen Finanzierungsbedarfs sei es umso wichtiger, die Erwartungen der Investoren durch eine glaubwürdige Haushaltsplanung und die Bereitschaft zu Reformen zu verankern.

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