Autobauer noch kein Auslaufmodell

Zukunftsträchtiges autonomes Fahren - Favorit Daimler, nur Halten für BMW und VW

Autobauer noch kein Auslaufmodell

Autonomes Fahren, neue Mobilitätsangebote, Elektromotoren – die Autoindustrie ist derzeit einem heftigen Wandel unterworfen. Für die deutschen Autobauer eröffnen sich durch die Disruption in der Branche einer Studie des Bankhauses Lampe zufolge aber durchaus viele Möglichkeiten.amb Frankfurt – Das Bankhaus Lampe sieht in den Umwälzungen in der Autoindustrie mehr Chancen als Risiken für die deutschen Autobauer. “Anstehende regulatorische Anforderungen im Emissionsbereich sowie neue technologische Möglichkeiten im Bereich Connectivity und Fahrerassistenzsysteme hinterlassen bereits ihre Spuren”, heißt es in einer Studie der Bank. Für die kommenden drei Jahre seien aber keine großen Auswirkungen auf die Ertragslage der deutschen Autokonzerne zu erwarten. Die nötigen Investitionen in die neue Technik könnten über viele Jahre gestreckt werden, erst ab 2020 sei mit einem deutlichen Anstieg von Autos mit neuer Antriebstechnik (“New Energy Vehicles”, NEV) zu rechnen. Favorit der Analysten ist Daimler, die Aktie wird weiter zum Kauf empfohlen. BMW wird hingegen auf “Halten” zurückgestuft, auch für VW lautet das Votum nur “Halten”.In der gerade beendeten Börsenwoche hatte Donald Trump die deutschen Autoaktien auf Talfahrt geschickt. In einem Interview hatte er mit Strafen droht, sollten BMW, Daimler und VW ihre für den US-Markt vorgesehenen Fahrzeuge günstig in Mexiko produzieren. Von ihren Tiefs aus dem vergangenen Sommer sind die Aktien aber weit entfernt. Für die weltweite Autobranche zeigen sich die Analysten für das neue Jahr etwas vorsichtiger: Nach einer Stagnation in den USA 2016 erwarten sie für 2017 aufgrund der steigenden Zinsen und des teureren Öls einen leichten Absatzrückgang.Für Europa und China gehen sie von einer Abschwächung der starken Wachstumsraten aus, in China wegen der voraussichtlichen Kürzung der Steuererleichterung für Fahrzeuge mit Motoren unter 1,6 Liter Hubraum. Für Brasilien und Russland rechnen die Analysten nach Jahren des Absatzrückgangs hingegen mit einer leichten Erholung. In der Summe prognostizieren sie für 2017 ein Absatzwachstum für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge von 1,7 % auf 94 Millionen Fahrzeuge.Disruptionspotenzial für die Autoindustrie ergibt sich den Analysten zufolge vor allem durch zwei Trends: das Vernetzen von Fahrzeugen mit der Umwelt mit dem Ziel vollautonomes Fahren und neue Mobilitätsangebote auf der einen sowie alternative Antriebstechnologien zur Emissionsvermeidung mit dem Schwerpunkt Elektromobilität auf der anderen Seite. “Wir gehen davon aus, dass das Vernetzen der Fahrzeuge zusammen mit dem zunehmenden Angebot an neuen Fahrerassistenzsystemen für die Industrie interessanter, weil schneller monetarisierbar ist”, erklären die Analysten. Autonomes Fahren werde sich sukzessive durchsetzen, im Wesentlichen durch den Einbau von immer mehr Assistenzsystemen. Buchung von ParkplätzenNicht ganz so überzeugt vom Erfolg sind die Analysten bezüglich neuer Mobilitätsangebote wie Moovel von Daimler, Moia von VW und DriveNow sowie ParkNow von BMW. Mit der Moovel-App wird zum Beispiel der schnellste Weg von A nach B samt entsprechenden Verkehrsmitteln ermittelt, DriveNow ist ein Carsharing-Angebot, mit ParkNow können Parkplätze verbindlich im Voraus gebucht werden. Für Lampe ist es noch unklar, wie damit Geld verdient werden soll. Sollte sich aber ein Geschäftsmodell etablieren, sehen die Analysten die deutschen Autobauer in einer guten Position.Für die durch Umweltauflagen vorgegebene Elektrifizierung des Antriebsstrangs fehle das Geschäftsmodell aber in jedem Fall. Kunden honorierten das Angebot (noch) nicht und seien schon gar nicht bereit, aus Liebe zur Umwelt mehr dafür zu bezahlen. “Hier ist ausschließlich der Druck der Regulatoren der Treiber, was es schwierig machen dürfte, damit kurzfristig Geld zu verdienen.” Einen signifikanten Marktanteil erwarten die Analysten erst ab 2025 – bei einem vielfältigeren Angebot und niedrigeren Batteriekosten. “Alternative Antriebstechnologien werden in den nächsten zehn Jahren ein Nischendasein fristen. Der Verbrennungsmotor wird noch lange die dominierende Antriebstechnologie bleiben”, glauben sie. Die deutschen Autobauer hätten daher genug Zeit für die nötigen Investitionen.Daimler wird weiter auf “Kaufen” gestuft, das Kursziel gleichzeitig von 65 auf 84 Euro (aktuell 70,64 Euro) erhöht. Die Gewinnschätzungen für 2017 und 2018 werden um 12,3 % und 8,4 % auf 8,92 Euro und 8,78 Euro je Aktie angehoben. Das Unternehmen sei am besten aufgestellt, um mit den Veränderungen in der Industrie zurechtzukommen, heißt es. Die Absatzentwicklung von Mercedes-Benz Cars sei besser als die der beiden Konkurrenten, das werde sich auch im neuen Jahr fortsetzen. Darüber hinaus hellten sich im Lkw-Bereich die Aussichten für den wichtigen US-Markt wieder auf. Zudem halten die Analysten die klare Strategie im NEV-Bereich mit zehn neuen Fahrzeugen in zehn Jahren für realistisch und machbar. Eine positive Überraschung könne der Ausblick am 2. Februar werden, dann will Daimler Zahlen für 2016 präsentieren. Trumps AttackenDie aktuellen Voten anderer Analysten bezüglich Daimler fallen gemischt aus: Während die UBS und J.P. Morgan ebenfalls zum Einstieg raten, stufen die Berenberg Bank und BNP Paribas die Aktie auf “Sell” bzw. “Underperform”, Independent Research und Barclays Capital auf “Halten”. Die Aktie ist seit dem Tief bei knapp 51 Euro im Juli deutlich gestiegen, hat zuletzt durch die verbalen Attacken Donald Trumps in Richtung deutsche Autobauer aber Federn lassen müssen. Der Münchener Autobauer BMW wird hingegen von “Kaufen” auf “Halten” zurückgestuft, allerdings wird das Kursziel von 80 Euro auf 88 Euro angehoben (aktuell 87,15 Euro). “Ein ,First Mover`-Vorteil der Submarke BMWi hat sich nicht etablieren lassen. Die Wettbewerber scheinen das stärkere Produktmomentum zu besitzen”, heißt es in der Studie. Vieles hänge kurzfristig am Erfolg des neuen 5er BMW, der im Februar in den Handel kommen soll. Die Analysten gehen aber davon aus, dass es Zeit brauchen wird, um den Abwärtstrend in den USA zu stoppen, 2017 werde ein Übergangsjahr für das Unternehmen. Die Gewinnschätzungen werden für 2017 um 1,5 % auf 9,38 Euro erhöht, für 2018 aber um 2,7 % auf 9,56 Euro gesenkt.Bei BMW empfehlen die UBS, die Berenberg Bank und J.P. Morgan eine neutrale Haltung, BNP Paribas rät zum Einstieg. Auch die BMW-Aktie hat sich von den Tiefs im Sommer bei 63 Euro deutlich erholen können, zuletzt aber wieder geschwächelt. Zu hohe ZieleFür Volkswagen-Vorzüge wird die “Halten”-Einstufung bei einem Kursziel von 142 Euro (aktuell 148,20 Euro) bestätigt. Volkswagen habe bis dato die ehrgeizigsten Ziele für den eigenen NEV-Absatz 2025 ausgegeben, die Analysten halten diese aber für zu ambitioniert. “Zudem werden die Ergebnisse in den kommenden zwei Jahren wohl noch von Kosten für Dieselgate belastet sein”, sagen sie voraus. In Summe erwarten die Analysten 26 Mrd. Euro an Aufwendungen.Die unbefriedigende Profitabilität der Kernmarke VW sei zwar erkannt und mit der Strategie “Transform 2025 +” adressiert worden. Allerdings seien die angekündigten Schritte klein und zeigten deutlich die weiterhin große Macht der Arbeitnehmer im Unternehmen. Die Ergebnisschätzungen für 2017 werden wegen der jetzt erst für dieses Jahr erwarteten Dieselgate-Kosten um 20,3 % auf 11,44 Euro reduziert, für 2018 werden die Prognosen um 2,6 % verringert auf jetzt 22,03 Euro.Für VW überwiegen in diesem Jahr ganz klar die positiven Voten: So raten UBS, Equinet, Barclays Capital, Goldman Sachs, BNP Paribas und J.P. Morgan zum Kaufen. Auf “Halten” wird die Aktie von der DZ Bank, Independent Research, Warburg Research und der Commerzbank gestuft, nur die Berenberg Bank votiert mit “Sell”. Die Aktie hat sich im Jahresvergleich am besten entwickelt und kommt auf Sicht von zwölf Monaten auf ein Plus von 41 %, das Niveau vor Ausbruch des Dieselskandals ist aber noch nicht wieder erreicht.