Märkte am Mittag

Bayer-Debakel lässt Dax nicht ungeschoren

Die Bayer-Aktie ist dramatisch abgestürzt, was wegen ihres großen Gewichts im Index auch auf dem Dax lastet. Der Konzern muss nicht nur Milliarden-Schadenersatz leisten, sondern auch den Ausfall eines potenziellen Blockbusters hinnehmen.

Bayer-Debakel lässt Dax nicht ungeschoren

Nach drei starken Wochen hat der Dax am Montag wieder deutlich abgebremst. Einer der Gründe: das Debakel bei Bayer. Die Aktien des Agrarchemie- und Pharmakonzerns stürzten nach mehreren negativen Nachrichten um 17,5% regelrecht ab und notieren inzwischen auf den tiefsten Stand seit mehr als 17 Jahren, womit Bayer nach Siemens Energy mit einem Minus von 29% im bisherigen Jahr 2023 schwächster Wert im 40 Unternehmen umfassenden Leitindex Dax ist.

Der Dax notierte gegen Mittag 0,2% tiefer bei 15.893 Punkten. Seit seinem Oktober-Tief hat der Leitindex eine eindrucksvolle Erholung von fast 9% hingelegt, davon allein rund die Hälfte in der Vorwoche. Allerdings könnte sich für das wichtigste deutsche Börsenbarometer nun die runde Marke von 16.000 Punkten als größere Hürde darstellen. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen stieg am Montag um 0,46% auf 26.405 Zähler. Der Eurozonen-Index EuroStoxx 50 stagnierte.

Charttechnisch ist der Leitindex laut dem Experten Christoph Geyer bereits an eine Widerstandszone herangelaufen. "In dieser Woche wird sich entscheiden, ob die Kraft für einen Ausbruch nach oben ausreicht. Die Indikatoren befinden sich im überkauften Bereich und dürften eine gewisse Bremswirkung entfalten", schrieb er. Die Saisonalität spreche aber für weiter steigende Kurse, denn in den vergangenen 62 Jahren sei bis zum Jahresende 40 Mal ein Gewinn erzielt worden.

Bayer auf tiefstem Stand seit 2006

Die Bayer-Papiere brachen zwischenzeitlich sogar um mehr als 21% auf 32,60 Euro ein, den tiefsten Stand seit Juni 2006. Zuletzt notierten sie 17,4% im Minus. Damit sind sie im laufenden Jahr mit minus 29% zweitschwächster Dax-Wert. Die Anleger des Pharma- und Agrarchemiekonzerns müssen neben einer milliardenteuren juristischen Glyphosat-Niederlage in den USA auch den überraschenden Abbruch einer klinischen Studie mit dem Pharma-Hoffnungsträger Asundexian verdauen.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass Bayer in einem seiner noch offenen Glyphosat-Prozesse von einem US-Geschworenengericht zur Zahlung von mehr als 1,5 Mrd. US-Dollar verurteilt wurde. In der Nacht zum Montag teilte Bayer dann mit, dass die Phase-III-Studie mit Asundexian vorzeitig abgebrochen wurde. Dieses Mittel galt bis dato als Nachfolge-Hoffnung für das Medikament Xarelto. In der Studie wurde Asundexian im Vergleich zu Apixaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko untersucht und letztlich nun eine unterlegene Wirksamkeit festgestellt.

"Der Konzern befindet sich damit in einer äußerst misslichen Lage", konstatierte Jürgen Molnar Kapitalmarktstratege von RoboMarkets. "Einerseits brechen potenzielle Einnahmequellen weg, andererseits gibt es neue potenzielle Kosten." Deshalb rechnet Molnar damit, dass diese Kombination den Aktienkurs auch in den kommenden Wochen noch belasten dürfte.

Barclays-Expertin Emily Field strich prompt ihre Empfehlung für die Bayer-Aktien und stampfte das Kursziel von 65 auf 40 Euro ein. Nach dem Asundexian-Ausfall sieht sie zunächst immense Schwierigkeiten für das Pharmageschäft. Für Jefferies-Analyst Charlie Bentley ist der Studienabbruch ein herber Rückschlag für die Wirkstoffentwicklung der Leverkusener. Die Herausforderungen für den neuen Konzernchef Bill Anderson würden damit noch größer.

Der Börsenwert des Aspirin-Herstellers schrumpfte durch den Kursverfall um etwa 8,7 Mrd. Euro. Aus Sicht von Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, dürfte die jüngste Pechsträhne Bayer noch eine Weile beschäftigen: "Einerseits brechen potenzielle Einnahmequellen weg, andererseits gibt es neue potenzielle Kosten. Diese Kombination dürfte auch der Aktienkurs in den kommenden Wochen deutlich zu spüren bekommen."

Auch Aurubis unter Druck

Die Anteilsscheine von Aurubis büßten als MDax-Schlusslicht 3,0% ein. Zuvor hatte die Investmentbank Oddo BHF die Titel des Kupferproduzenten mangels positiven Kurstreibern von "Outperform" auf "Neutral" abgestuft. Für die Kupferhütte werde das laufende Geschäftsjahr wohl durchwachsen ausfallen, glaubt Analystin Emna Ben Bdira.

SAF-Holland legen zu

Nach einer Kaufempfehlung stiegen die Papiere von SAF-Holland bis auf 13,89 Euro und kratzten an ihrem Jahreshoch von 13,91 Euro. Zuletzt gewannen die Aktien des Lkw-Zulieferers 4,0%. Warburg-Analyst Fabio Hölscher signalisierte mit seinem auf 20 Euro erhöhten Kursziel noch erhebliches Aufwärtspotenzial für die Aktien, die 2023 mit plus 55% ohnehin schon zu den besten Nebenwerten zählen.

Blicke richten sich wieder auf die Fed

Abseits von Bayer richtete sich der Fokus der Dax-Anleger erneut auf die US-Geldpolitik. Die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen in den USA im nächsten Jahr hatte den deutschen Leitindex deutlich nach oben getrieben. Die Märkte witterten das Ende der Leitzinsanhebungen der US-Notenbank Fed und übersetzten dies mit dem Beginn eines neuen Bullenmarktes bei Aktien, sagte Jochen Stanzl von CMC Markets.

Die Fed hielt nach ihrer aggressiven Erhöhungsserie zuletzt auf zwei Sitzungen in Folge die Füße still. Noch ist aber unklar, wie schnell die Währungshüter ihren restriktiven Kurs tatsächlich beenden werden. Experten warnen daher vor überzogenem Optimismus. Stimmen wie etwa jene, die darauf hinwiesen, dass ein Monat mit vorteilhaften Inflationsdaten noch kein Ende der Zinsanhebungen garantiere, würden bislang jedoch ignoriert, konstatierte Stanzl.

Auch am Devisenmarkt setzten die Anleger immer mehr auf ein Ende des US-Zinserhöhungszyklus. Der Dollar-Index verlor bis zu 0,4% auf 103,47 Punkte und markierte damit den tiefsten Stand seit Anfang September. Der Euro kletterte mit 1,0940 Dollar dagegen auf den höchsten Stand seit Ende August. Nach Einschätzung der Commerzbank könnte sich die Euro-Stärke fortsetzen, sollte die Europäische Zentralbank (EZB) viel später und viel langsamer ihre Leitzinsen senken als der Markt derzeit erwarte. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hielt es zuletzt noch nicht einmal für ausgemacht, ob die EZB nach ihrer Serie von Zinsanhebungen bereits auf dem Zinsgipfel angelangt ist. Im Oktober hatte die EZB nach zehn Zinserhöhungen in Folge angesichts der schwächelnden Konjunktur und deutlich sinkenden Inflationszahlen eine Zinspause beschlossen.

Eskalation im Nahen Osten: Erdgaspreis steigt

Der Erdgaspreis in Europa ist am Montag aus Furcht vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten gestiegen. In der Spitze kostete der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam 48,1 Euro je Megawattstunde (MWh) und damit über 5% mehr als am Freitag. Der Preisrückgang der Handelstage zuvor wurde damit getoppt.

Getrieben wurden die Preise von der Entführung eines israelischen Frachtschiffs durch die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen am Sonntag. Der Überfall fand im Roten Meer statt, durch das etwa der Großproduzent Katar einen Teil seiner Lieferungen an Flüssiggas in Richtung Europa schickt. Zwar sind die europäischen Erdgaslager sehr gut gefüllt. Europa ist aber grundsätzlich auf einen stetigen Strom an Lieferungen angewiesen.

Der Erdgaspreis in Europa liegt gegenwärtig immer noch klar unter dem hohen Niveau, das er im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht hatte. Im vergangenen Jahr wurden zeitweise mehr als 300 Euro je Megawattstunde fällig, weil Russland seine Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt hatte. Ersatz musste erst gefunden werden, insbesondere in Lieferungen von Flüssiggas über den Seeweg.